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Porträt der Woche: Die Burgerin Maxi Auerbach gehört zu den besten Kanutinnen Sachsen-Anhalts Mit "Dickkopf" und Biss zur Spitze

Von Oliver Kramer 14.08.2010, 05:42

Die Wassersportfreunde Burg haben schon viele erfolgreiche Kanuten hervorgebracht, die über die "SCM-Schule" den Weg an die Spitze fanden. Auch Maxi Auerbauch will diesen Weg gehen. Die 15-jährige Burgerin gehört derzeit zu den größten Kanutalenten Sachsen-Anhalts, wenn nicht sogar Deutschlands. "Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann ziehe ich das auch durch", sagt die ehrgeizige, selbstbewusste junge Frau. Ende September bestreitet sie ihre erste Weltmeisterschaft.

Burg. "Rocky" tut sich mit der Medaillenvergabe noch etwas schwer. Der Altdeutsche Schäferhund bekommt eine Goldplakette um den Hals gehangen und muss für ein Pressefoto herhalten. "Wann immer es geht, nehme ich ihn zu Wettkämpfen mit", sagt Maxi Auerbach und umarmt ihren Liebsten. In den wenigen Stunden, die die Leistungssportlerin daheim bei Mutter Kerstin und ihrem Vierbeiner verbringt, genießt sie sichtlich ihren Freiraum, kann abschalten vom Trubel am Internat in Magdeburg.

Der Alltag am Sportgymnasium und beim SC Magdeburg sieht anders aus: Um sieben Uhr ist Schulbeginn, am Vormittag eine Trainingseinheit, danach wieder Unterricht, ehe der Nachmittag erneut dem Training gehört. "Gegen 19 Uhr ist dann Feierabend. Da sind dann aber noch keine Hausaufgaben gemacht", sagt Maxi gelassen.

Ihr ist der Tagesablauf an der Sportschule in Fleisch und Blut übergegangen. Anfangs, als sie 2007 in die Landeshauptstadt zog, sei der Druck groß gewesen. "Als Neuling hat man es schwer. Man ist weit weg von zu Hause und muss sich erst an die Abläufe gewöhnen", sagt die 15-Jährige. Hinzu kam damals eine langwierige Handgelenksverletzung, die sie zurückwarf. "Damals hatte ich Angst, aufhören zu müssen", sagt Maxi.

Sie hat sich durchgebissen, bis heute mit diesem "Knochensport", wie ihre Mutter Kerstin sagt. Die frühere Kanutin und heutige Trainerin der Wassersportfreunde Burg kennt die Anforderungen, die an einen Rennkanuten gestellt werden. "Kraft und Konditionen braucht man. Es wird jede Muskelgruppe beansprucht." Tochter Maxi brachte diese Voraussetzungen mit, da sie zunächst beim Burger Schwimmverein aktiv war. "Das einsame Bahnenziehen wurde mir aber irgendwann zu langweilig. Ich kannte auch meine Gegner nicht. Ich brauche immer Leute, mit denen ich in Kontakt treten kann", sagt Maxi.

Bei den Burger Kanuten fühlte sie sich besser aufgehoben, wengleich ihr erster Wettkampf 2003 "zwischen Schilf und Schlingpflanzen am Niegripper See" alles andere als optimal verlief. Und auch in den Folgejahren entpuppte sich die Burgerin nicht unbedingt als Ausnahmetalent. "Ich bin drei Jahre lang immer Zweite geworden. Da dachte ich schon ans Aufhören", sagt die Sportlerin. Diese Gedanken waren 2007 verflogen. In diesem Jahr platzte bei Maxi der Knoten. Sie bezwang nicht nur erstmals ihre Dauerrivalin, sondern qualifizierte sich über Landes- und Ostdeutsche Meisterschaften erstmals für die nationalen Titelkämpfe. Bei den Schülern A belegte sie Rang sechs, empfahl sich für die Mannschaftsboote und gewann im Vierer ihren ersten großen Titel. Im gleichen Jahr wechselte sie an die Sportschule – ihr Weg war vorgezeichnet.

Seitdem ist Maxi in der Trainingsgruppe von Wolfgang Duvigneau angekommen. Der SCM-Trainer führte schon Sportgrößen wie Björn Bach, Adreas Ihle und Conny Waßmuth zu WM-Titeln und Olympiasiegen. "Wir sind vier bis acht Leute. Ich trainiere aber auch oft allein, da das mit der Schulzeit zeitlich nicht übereinstimmt", sagt die Kanutin, die keine Problem hat, sich allein zu quälen. Pro Tag legt sie auf der Zollelbe mehr als 15 Kilometer zurück. Hinzu kommen Sprint- und Krafteinheiten, Laufen, Schwimmen, Ski- und Athletiklager und, und, und...

Maxi will es allen beweisen, legt sich selbst viel Druck auf. "Sie macht sich oft viel zu sehr verrückt", sagt Kerstin Auerbach. Die schulischen Leistungen ihrer Tochter haben darunter noch nicht gelitten. "Im Gegenteil, seit ich vom Burger Roland-Gymnasium weg bin, hat sich mein Notendurchschnitt verbessert", erzählt die Athletin, die wie ihre Mutter einmal Lehrerin werden will.

Und auch sportlich ging es in den vergangenen zwei Jahren steil bergauf. Bei den Deutschen Jugendmeisterschaften startete Maxi meist in höheren Altersklassen und hatte im Einer, Zweier und Vierer die Nase vorn. Es folgten weitere Erfolge bei den Olympic Hope Games, einem internationalen Kanu-Vergleich für Jugendliche, bei denen sie auf ihren Paradestrecken, den 500 m und 1000 m, Rang zwei und drei belegte. Vorläufiger Höhepunkt ihrer Laufbahn war 2010 der Titel beim Junioren-Weltcup im Kanu-Marathon. Durch den überraschenden Sieg auf der ungewohnten Langstrecke qualifizierte sie sich für die Marathon-Weltmeisterschaften. "Das ist mein bislang größer Erfolg", sagt die Burgerin. Ehe sie Ende September nach Spanien reist, startet Maxi noch bei den Deutschen Meisterschaften und, bei entsprechenden Leistungen, bei den Hope Games.

Trotz dieser Erfolge ist der Jugendlichen bewusst, dass sie noch weit von der deutschen Spitze entfernt ist. "Der Sprung von den Junioren zur Leistungsklasse ist groß." Zum permanenten Leistungsdruck kommt der finanzielle Aufwand. "Der SCM übernimmt nur einen Teil der Kosten für Reisen und Ausstattung. Vielleicht meldet sich ja mal ein Sponsor bei uns", so die Hoffnung von Mutter Kerstin. Sie wird mit ihrer Tochter eventuell noch eine Woche Urlaub zwischen die Wettkämpfe schieben. Dann findet auch Maxi wieder etwas Zeit, mit ihrem liebsten "Rocky" etwas abzuschalten.