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Investigative Recherche Nach Vorwurf der Tierquälerei: Reit-Olympiasieger Beerbaum will sich wehren

Ein RTL-Journalistenteam um Günter Wallraff erhebt schwere Vorwürfe gegen den mehrfachen Olympiasieger im Springreiten Ludger Beerbaum. Auf dem Hof des Pferde-Unternehmers würde gegen den Tierschutz verstoßen. Der Beschuldigte wehrt sich gegen die Anschuldigungen.

Aktualisiert: 12.01.2022, 15:45
Der TV-Sender RTL erhebt schwere Vorwürfe gegen Ludger Beerbaum. 
Der TV-Sender RTL erhebt schwere Vorwürfe gegen Ludger Beerbaum.  Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Magdeburg/DUR/dpa – Ein Journalistenteam des Senders RTL um Günter Wallraff wirft dem mehrfachen Springreit-Olympiasieger Ludger Beerbaum massive Verstöße gegen den Tierschutz vor. Videoaufnahmen, die der Sender am Dienstagabend ausstrahlte, würden zeigen, dass auf Beerbaums Hof Pferde mit der verbotenen Praxis des „Barrens“ trainiert würden.

Beim „Barren“ wird dem Pferd beim Sprung über ein Hindernis eine Stange an die Beine geschlagen. Das Pferd, das dabei starke Schmerzen erleidet, soll damit „lernen“, künftig höher zu springen und die Beine enger an den Körper zu ziehen. Die Praxis ist verboten. Erlaubt ist lediglich, das Pferd durch das Halten einer weiteren Stange zum Höherspringen zu animieren. Eine Schlagbewegung ist illegal. Mehrere Experten beurteilen die Bilder von Beerbaums Hof gegenüber RTL klar als Barren.

Beim Reiter auf diesem Bild soll es sich um Beerbaum selbst handeln. Ein Mitarbeiter hält die Stange, die die vorderen Beine des Pferdes trifft.
Beim Reiter auf diesem Bild soll es sich um Beerbaum selbst handeln. Ein Mitarbeiter hält die Stange, die die vorderen Beine des Pferdes trifft.
Foto: RTL

Trainiert Ludger Beerbaum Pferde mit der Qual-Methode des "Barrens"?

Eine RTL-Reporterin, die verdeckt auf Beerbaums Hof recherchierte, habe das Barren selbst beobachtet, teilte RTL mit. Sie habe auf dem Hof zudem „mehrkantigen Holzstangen“ und „weitere verbotene Stangen mit verdächtigen Spitzen, die sie so nicht zuordnen kann“ entdeckt, so der Sender.

„Die Schmerzen, die dem Tier durch das Barren zugefügt werden, sind unerträglich. Die Akteure des Springsports verdienen teilweise Millionen mit diesen Pferden. Auch knapp 30 Jahre nach dem Barr-Skandal der 90er wurde es augenscheinlich nicht geschafft, das Schlagen der Tiere aus diesem Sport zu verbannen. Ich hoffe, dass unsere Recherchen den Druck auf die Verantwortlichen erhöhen und die Tiere zukünftig besser geschützt werden", sagt RTL-Extra-Reporterin Sina Meyer, die als Praktikantin verdeckt vor Ort recherchierte.

Berbaum hingegen wehrt sich vehement gegen den Vorwurf der angeblichen Tierquälerei. "Der Beitrag von 'RTL extra' ist in vielen Punkten nachweislich falsch, verleumderisch und ehrverletzend", schrieb der 58 Jahre alte Springreiter am Mittwoch in einer Stellungnahme. Er kündigte juristische Schritte an. "Es ist nicht hinzunehmen, dass heimlich auf meinem privaten Grund und Boden gefilmt wurde."

Beerbaum wehrt sich gegen Vorwurf: Bilder zeigen kein "Barren"

"Die im Beitrag gezeigten Szenen auf dem Reitplatz haben mit Barren nichts zu tun. Es handelt sich dabei um erlaubtes Touchieren, das von einem erfahrenen, routinierten Pferdefachmann durchgeführt wurde", meinte Beerbaum. Der im Video zu sehende Gegenstand habe die Vorgaben der Deutschen Reiterlichen Vereinigung für ein zulässiges Touchieren erfüllt.

Diese Vorgaben sehen vor, dass die Stange ein glattes Rundholz - nicht mehr als drei Meter lang und nicht schwerer als zwei Kilo - sein muss. Das Touchieren darf nur durch erfahrene Pferdefachleute angewendet werden. Beerbaum betonte, "dass diese erlaubte Trainingsmethode bei uns nur sehr selten angewendet wird und nicht Bestandteil der täglichen Arbeit ist".

Er führe seinen Stall als einen offenen Stall, bei dem täglich Besuchergruppen zu Gast seien. "Hier wird auf offen einsehbaren Plätzen geritten und das tägliche Training absolviert. Es wird nichts Verstecktes, Unerlaubtes gemacht." Nur ein Pferd, das artgerecht behandelt, professionell versorgt und gefüttert, trainiert und gemanagt werde, könne sportliche Leistungen erbringen. "Die Pferde sind unser Kapital, um das wir uns tagein, tagaus kümmern", sagte Beerbaum.

Zum Fund von mehrkantigen Stangen und Stangen mit Noppen, die die RTL-Reporterin vor Ort gesehen hatte, sagte Beerbaum: "Dazu kann ich nur sagen, dass diese Elemente dort seit Jahren liegen." Sie würden aus einem gekauften Bestand von Hindernissen stammen und seien aussortiert worden. "Sie werden auch nicht beim Training mit Pferden eingesetzt." Ein Stange lag allerdings neben einem Reit-Platz. Er wolle nachforschen, wie diese dahin gekommen sei, meinte Beerbaum.

Ludger Beerbaum - vier Mal Olympiasieger - und disqualifiziert wegen Pferde-Dopings

Ludger Beerbaum gewann zwischen 1988 und 2000 vier Mal olympisches Gold im Springreiten. 2004 wurde ihm eine weitere Goldmedaille aberkannt, da er sein Pferd mit illegalen Medikamenten behandelt hatte. 2009 wurde er nach weiteren Doping-Aussagen zeitweise suspendiert. Inzwischen betreibt Beerbaum einen Pferdehof, in dem Pferde ausgebildet und gehandelt werden. Bei Championaten oder Olympische Spiele reitet er nicht mehr.