Rudern Achter-Steuermann Martin Sauer schlägt Alarm
Max Appel vom SC Magdeburg hat die EM aus der Ferne verfolgt. Aber selbst in Portugal dürfte die laute Kritik von Achter-Steuermann Martin Sauer am Verband angekommen sein.
Magdeburg. Max Appel durfte sich am Wochenende zurücklehnen und das Treiben in Varese am Bildschirm verfolgen. Der Magdeburger sah nicht allzu viel Gutes von seinen nationalen Mitstreitern, er sah dagegen sehr starke Auftritte der internationalen Konkurrenz. Vor allem der eigenen Konkurrenz im Doppelvierer des Deutschen Ruderverbandes (DRV), mit dem Appel derzeit fleißig in Lago Azul (Portugal) trainiert, während andere Skuller und auch Riemer bei der Europameisterschaft in Italien eine erste Standortbestimmung erfahren haben. Mit der wiederum nicht alle glücklich waren.
Oder völlig unglücklich wie Martin Sauer, Steuermann des Deutschland-Achters, der den ernüchternden vierten Platz belegte: „Die gesamte Vorbereitung auf dieses Ereignis war eine ziemlich amateurhafte Veranstaltung“, schlug der 38-Jährige, der 2012 in London mit der damaligen Crew olympisches Gold gewann, im Interview mit der ARD großen Alarm. Und ergänzte: „Dann kriegst du halt den Arsch voll.“
Das Knie hält, das Training läuft gut
Max Appel
Wer weiß schon, wie es Max Appel in Varese ergangen wäre. Gemeinsam mit Tim Ole Naske, Karl Schulze und Hans Gruhne jagt der 25-Jährige vom SCM den Italienern, Niederländern, den Esten, den Polen, auch den Briten hinterher. Derzeit noch im Fernduell. Zum ersten Aufeinandertreffen auf einem Wasser kommt es voraussichtlich beim ersten Weltcup vom 30. April bis 2. Mai in Zagreb (Kroatien). „Wir waren eigentlich fit, wir hätten die EM auch fahren können“, ist sich Appel sicher. Doch die Entscheidung gegen einen Start war bereits im Januar gefallen, nach dem sich der Magdeburger am Knie hatte operieren lassen müssen. „Das Knie hält und das Training läuft ganz gut.“ Das muss es auch. Denn die Konkurrenten „haben eine krasse Pace“, hat Appel beobachtet. „Wir müssen deshalb weiter an unserer Rennfrequenz arbeiten.“
Max Appel ist in der glücklichen Situation, das Olympia-Ticket bereits gelöst zu haben. Andere Boote des DRV haben den Kampf um ihren Start bei den Sommerspielen in Tokio (23. Juli bis 8. August) noch vor sich. Wie der Vierer ohne Steuermann mit dem Bernburger Max Planer, der Mitte Mai den internationalen Olympia-Ausscheid auf dem Rotsee in Luzern fahren muss.
Da darf sich der Gesamtverband mal an die eigene Nase greifen.
Martin Sauer
Bei der EM ist das Quartett über den Hoffnungslauf nicht hinausgekommen. Dort hatten allerdings allenfalls der Einer mit Oliver Zeidler, der Leichtgewichtszweier der Männer sowie der Doppelvierer der Frauen mit Gold, Silber und Bronze überzeugt. Von 14 olympischen Bootsklassen sind gerade mal sechs für Tokio qualifiziert. Und selbst wenn Bundestrainer Ralf Holtmeyer das Ergebnis in Varese „vorerst nicht überbewerten will“, sagte er, halten sich seine Hoffnungen auf weitere viele Tickets für die Sommerspielen doch sehr in Grenzen. Der 65-Jährige erklärte: „Ich hoffe, dass noch circa zwei bis drei dazukommen.“
Das wäre nun keine sonderlich große Leistung, trotzdem, könnte der DRV aus dieser versöhnlich herausgehen – mit olympischem Edelmetall. Doch die Ausbeute in Varese ist auch ein Zeugnis der bisherigen Arbeit für die Sommerspiele. Oder wie Martin Sauer es verdeutlicht: „Da darf sich der Gesamtverband mal an die eigene Nase greifen, dass wir ein bisschen Träumereien unterliegen, was die anderen können.“ Sein Fazit zur Konkurrenz nach den ersten Titelkämpfen, bei denen der Achter seinen neuntes EM-Gold in Folge verpasste: „Die können halt auch richtig was.“
Und zum jetzigen Zeitpunkt weitaus mehr als die Deutschen. „Uns hat am Ende das Stehvermögen gefehlt. Man hat gesehen, dass die anderen Nationen nicht geschlafen haben“, sagte Richard Schmidt dem Internetportal „deutschland-achter.de“. Und ergänzte: „Wir gewinnen als Team und verlieren auch als Team. Da müssen wir auch wieder zusammen rauskommen und zusehen, dass wir in Tokio topfit sind.“ Holtmeyer bleibt dafür optimistisch: „Bis zu den Spielen sind es jetzt noch knapp drei Monate, die wir nutzen können, um uns vorzubereiten.“ Vor allem sind es nur drei Monate, um die größte Ernüchterung zu verhindern.