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Schwimm-WM Kein Krampf kann ihn aufhalten: Wie Florian Wellbrock vom SCM zur fünften Medaille kraulte

Florian Wellbrock vom SC Magdeburg hat seine fünfte Medaille bei der WM in Budapest gewonnen und hat nun mit Michael Groß gleichgezogen. Derweil hat sich für Clubgefährtin Sharon van Rouwendaal ein Traum erfüllt.

Von Daniel Hübner 29.06.2022, 19:29
Sein letzter Fight in Budapest war der schwierigste: Florian Wellbrock kämpfte sich mit letzter Kraft zur Bronzemedaille.
Sein letzter Fight in Budapest war der schwierigste: Florian Wellbrock kämpfte sich mit letzter Kraft zur Bronzemedaille. Foto: imago images

Budapest/Magdeburg - Wir gehen dann mal auf die Suche nach einem Lebewesen in der Tierwelt, das einem Florian Wellbrock gerecht werden könnte. Reaktionsschnelle Fußballtorhüter werden ja gerne „Katze“ genannt oder leichtfüßige Langstreckenläufer eine „Gazelle“. Bekannt ist zudem der tierische Spitzname eines Michael Groß, den sie ob seiner großen Spannweite den „Albatros“ nennen. Mit diesem Michael Groß hat Florian Wellbrock nun in der Liste der medaillenreichsten Teilnehmer an einer Weltmeisterschaft gleichgezogen. Groß, heute 58 Jahre, hat bei der WM 1982 in Guayaquil (Ecuador) fünf Edelplaketten gewonnen: zweimal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze. Das hat ihm Wellbrock nun in Budapest gleichgetan.

Und trotzdem mochte sich der 24-Jährige vom SC Magdeburg nicht allzu sehr über das Edelmetall in seinem letzten Rennen dieser Titelkämpfe freuen. „Mein Gefühl ist gerade recht zwiegespalten“, sagte er nach seinem Bronzegewinn im Freiwasser über die olympischen zehn Kilometer. „Es ist der zweite Titel, den ich nicht verteidigen konnte, aber dennoch bin ich mit der Bronzemedaille happy.“ Zumal er am Vortag schon gemerkt hatte, dass es nach der bisherigen Dauerbelastung, in der er Silber über 800 und Bronze über 1500 Meter Freistil im Becken sowie Gold in der Staffel und über die fünf Kilometer im Freiwasser gewonnen hatte, immer schwieriger wird, den Körper auf dem hohen Leistungsniveau zu halten. Aber letztlich durfte er erfreut dieses Gesamtfazit ziehen: „Wenn man auf fünf Strecken fünfmal auf dem Podest gestanden hat, dann ist das schon etwas Besonderes.“

Dass es auf seiner Paradedistanz, den zehn Kilometern, nicht für das Goldpodium reichte, dafür gab es nun mehrere Gründe. Einer davon war in der Taktik zu finden: „Florian sollte sich zurückhalten“, berichtete sein Trainer Bernd Berkhahn. „Das hat er aber nicht gut durchgehalten.“ Stattdessen leistete sein Schützling wie gewohnt ganz viel Führungsarbeit. „Am Ende der letzten zwei Runden hat er Krämpfe bekommen“, berichtete der Coach. Zudem waren die Temperaturen schwieriger einzuschätzen als bei seinem Olympiasieg im vergangenen Jahr und in der Hitze von Tokio. 28 Grad betrug nun die Wassertemperatur im Lupa-See, 37 Grad in der Luft. Die Sonne drückte. Deshalb „hätten wir pro Runde zweimal verpflegen sollen“, so Berkhahn. In der vorletzten der sechs Runden hat Wellbrock gar keine Verpflegung zu sich genommen.

Van Rouwendaal vom SCM gewinnt ersten WM-Titel

Was wiederum auch an Gregorio Paltrinieri lag. Der Italiener hatte Wellbrock geblockt. „Trotzdem hätte Florian auch dieses Problem lösen können.“ Das Problem der Tempoverschärfung circa 1,2 Kilometer vor dem Ziel konnte er allerdings nicht mehr lösen. Er fiel zurück, er konterte zumindest ein letztes Mal gegen Marc-Antoine Olivier und schlug letztlich nach 1:51:11,50 Stunden und mit 0,3 Sekunden vor dem Franzosen an. Sein Rückstand auf Paltrinieri betrug 14,4 Sekunden. Zweiter wurde dessen Landsmann Domenico Acerena (1:50:58,20). „Die Jungs waren hintenraus bärenstark“, resümierte Wellbrock. Wobei gerade Acerena nur für die Freiwasser-Wettbewerbe nach Budapest gereist war und Paltrinieri (27) wohl die größere Routine in der Regeneration besitzt. Der Magdeburger erklärte also: „Von daher kann ich erhobenen Hauptes zur Siegerehrung gehen.“

Das konnte auch Sharon van Rouwendaal. Mehr als das. Die Niederländerin vom SCM hat ihren Frieden mit Weltmeisterschaften geschlossen. Was hat die 28-Jährige nicht alles gewonnen in ihrer Karriere. Siebenmal ist sie Europameisterin geworden, in Rio 2016 ist sie zum Olympiasieg geschwommen. Aber einen WM-Titel, den hatte sie bis Budapest noch nie geholt. Das hat sich über die zehn Kilometer geändert. Und das hatte sich bereits am Vortag angedeutet: „Nach den enttäuschenden fünf Kilometern (Platz zehn/d. Red.) hatte sie am Dienstag ein sehr gutes Training absolviert“, berichtete Coach Berkhahn, „und sie hat gemerkt, dass sie auch sehr gut in Form ist.“

Das ist eine Riesenehre, keine Frage.

Florian Wellbrock, der mit Michael Groß in der Medaillenbilanz bei einer WM gleichgezogen hat

Van Rouwendaal sollte es dennoch ruhiger angehen, „sich dann Stück für Stück nach vorne arbeiten und am Ende mit ihrer Erfahrung und ihrer Endgeschwindigkeit glänzen“, beschrieb der Trainer die Vorgabe, die sein Schützling letztlich „perfekt umgesetzt“ hat. Nach 2:02:29,20 Stunden erreichte sie das Ziel, und damit eine halbe Sekunde vor Leonie Beck aus Würzburg. „Ein riesiger Erfolg für sie“, meinte Berkhahn mit Blick auf das erste WM-Gold der Sharon van Rouwendaal.

Auch sie hätte sich einen schönen Spitzennamen aus der Tierwelt verdient, aber den muss man nun ebenso suchen wie jenen für Florian Wellbrock, der zur Tatsache, mit dem „Albatros“ gleichgezogen zu haben, erklärte: „Das ist eine Riesenehre, keine Frage.“ Allerdings hat sich Wellbrock nach seinen vielen Triumphen längst einen ganz eigenen Namen gemacht.