Wintersport In Friedrichsbrunn soll eine Bob- und Rodelbahn für sechs Millionen Euro gebaut werden Rodeln nur mit Stahlknecht möglich
Friedrichsbrunn. In Thale werden die Stadtverordneten am Donnerstagabend die Grundsatzentscheidung darüber treffen, ob eine Bob- und Rodelbahn in Friedrichsbrunn errichtet werden soll. Auch bei Sachsen-Anhalts Sportminister Holger Stahlknecht (CDU) werben die Initiatoren um Unterstützung des Projektes, das mit einem weiteren Vorhaben im Harz konkurriert - dem Ausbau der Bahn in Schierke.
Thomas Schwab braucht eigentlich keine fünfte Bahn im Land. Der Geschäftsführer des Bob- und Schlittenverbandes Deutschland (BSD) sagt zumindest: "Wir fordern sie nicht." Es gibt eine Bahn in Altenberg, in Oberhof, in Winterberg und in Königssee. Alle weltcuptauglich. Alles Kunsteisbahnen, die bewirtschaftet werden müssen. "Damit sind wir gut versorgt", erklärt Schwab. Dennoch würde der BSD regionale Neubau-Projekte unterstützen, nicht finanziell, aber mit der Vergabe von Wettbewerben, wenn der Eiskanal den Ansprüchen des Leistungssport-Nachwuchses genügt. Schwab weiß: "Nach unserem Kenntnisstand gibt es zwei Projekte im Harz." Die würden jenen Anforderungen entsprechen: das ewige Projekt in Schierke, das jüngste Projekt in Friedrichsbrunn.
850 Meter lange Bahn
Holger Stahlknecht (CDU) muss sich am Donnerstagmorgen rechtzeitig aufmachen, um Informationsmaterial zu sammeln. Das Ziel des Sportministers Sachsen-Anhalt: Friedrichsbrunn, Ortsteil von Thale, auf 587 Metern über dem Meeresspiegel gelegen. 80 bis 120 Kältetage werden dort gezählt. Bürgermeister Jürgen Zehnpfund sagt: "Hier ist es schneesicher."
Für Zehnpfund, 67 Jahre, ist es ein großes Projekt, das der Ortschef, seit 2009 im Amt, dort in Angriff nimmt. Und gemeinsam mit dem Quedlinburger Bernhard Eckert, der das Projekt angeschoben hat, will er bei Stahlknecht für den Neubau der geplanten 850 Meter langen Winter- und Sommerbahn aus Kunststoff, nur für Nachwuchssportler und Touristen gedacht, werben. Die Veranstaltung ist wichtig für Friedrichsbrunn. "Wir können nur mit dem Land", betont der 62-jährige Eckert, Dachdeckermeister und deutscher Rodel-Meister seiner Altersklasse vor acht Jahren in Oberhof, unumwunden.
Mit Stahlknechts Entscheidung lebt oder stirbt das Projekt in Friedrichsbrunn. Aber Stahlknecht, eingeladen vom SPD-Landtagsabgeordneten Andreas Stepphuhn aus Quedlinburg, wird sich vor Ort nur eine Meinung bilden, eine Entscheidung wird es nicht geben.
Die trifft derweil die Stadtverordnetenversammlung Thale am Abend des Tages. Und Zehnpfund schaut dem Votum hoffnungsvoll entgegen.
"Die Stadt darf es nichts kosten"
Jürgen Zehnpfund
Bislang haben die Unterausschüsse grünes Licht für den Bau gegeben, das erwartet der Rentner nun auch von den Stadtvertretern per Grundsatzbeschluss. Er weiß: "Danach beginnt erst die Arbeit." Geld muss eingeholt werden, von Investoren, die erste Zusagen gegeben haben, von weiteren Spendern, aus Fördertöpfen. Das hochverschuldete Thale selbst schickt seinen Haushalt gerade durch die Konsolidierungsphase. "Die Stadt darf die Bahn nichts kosten", sagt Zehnpfund deshalb.
Die Bahn kostet aber - fünf bis sechs Millionen Euro. Wenn "alles gutgeht", sagt Zehnpfund, "dann können wir 2015 mit dem Bau beginnen". Zwei Jahre vielleicht, ergänzt Eckert, würden die Arbeiten dauern. Dann würde Friedrichsbrunn seine eigene "über 100-jährige Wintersporttradition" pflegen, sagt Zehnpfund, die Bob- und Rodeltradition des Harzes, den Schulsport einbeziehen, Nachwuchszentrum für den Sport werden, den Touristen im Harz eine weitere Attraktion bieten, Arbeitsplätze im Hotel- und Gastronomiegewerbe schaffen. Das ist jedenfalls der Plan.
Das ist er seit vielleicht 20 Jahren auch in Schierke, auf zirka 900 Metern über dem Meeresspiegel gelegen, zwischen Dezember und April werden im Schnitt 30 Zentimenter Schnee gemessen. Schneesicherheit ist auch dort ein Argument für den Weiterbau eines neuen Eiskanals. Er ist immer im Gespräch, er ist sogar ein Teil des Ortsentwicklungskonzeptes. Christiane Hoppstock, die Bürgermeisterin des Wernigeröder Ortsteils, schaut derzeit stolz auf die jüngsten Entwicklungen: Straßen werden saniert, Brücken gebaut, ein Parkhaus soll bis 2015 entstehen. Und eigentlich wartet Frau Hoppstock nur auf den Tag, da die bereits vorhandene Bob- und Rodelbahn aus Beton (derzeitige Länge: 300 Meter) irgendwann auf 1000 Meter ausgebaut werden kann - Kosten: vier bis fünf Millionen Euro. Der Plan besteht bereits so lange, dass Zehnpfund und Eckert vermuten, Schierke hätte bereits kapituliert. Aber Hoppstock entgegnet: "Das Projekt wird nicht sterben, wir haben die Unterstützung aus Wernigerode, aus Blankenburg und aus Ilsenburg." Was fehlt, ist ein Investor.
Auch Eggerts Stimme wichtig
Ilsenburg ist die Heimat von Jens Eggert, Chef des Rodel- und Bobsportverbandes Sachsen-Anhalt. Auch seine Stimme zählt, vor allem für BDS-Geschäftsführer Thomas Schwab. "Wir können nicht die Wünsche von irgendjemandem erfüllen, sondern benötigen ausschließlich die klare Stellungnahme des Landesverbandsvorsitzenden, wo die Bahn gebaut wird. So lange können wir uns zu Einzelheiten auch gar nicht äußern." Jens Eggert wollte sich am Mittwoch nicht äußern. Er fährt am Donnerstagmorgen ebenfalls nach Friedrichsbrunn auf Informationssuche. Denn dem Verband, sagt der 49-Jährige, wurde das Projekt Friedrichsbrunn bislang noch nicht vorgestellt.
Und Eggert kann dem BDS nichts mitteilen, solange Minister Stahlknecht nichts entschieden hat. Nur seine Stimme zählt.