Frauenfußball Schinner SV Eintracht holt zwei Titel
Im Frauenfußball war der Schinner SV Eintracht eine der besten Mannschaften im Kreis.
Schinne l Wer heute an Schinne denkt, dem fällt sofort der Karneval, der Neubau einer Sporthalle und natürlich Fußball ein. Dieser wird dort mit Unterbrechung schon seit 1910 gespielt. In den 1990er Jahren sorgten dabei mehr die Frauen als Männer für Erfolge.
Entstanden ist der Frauenfußball in Schinne im Jahr 1989 aus einem Gag der Karnevalisten heraus. Der Schinner Carnevals Club (SCC) war vom 23. bis 25. Juni für die Ausrichtung des Dorffestes verantwortlich. Wilfried Rogge, seinerzeit Vorsitzender des Sportvereins sowie des SCC, kann sich noch gut daran erinnern: „Wir wollten einen Höhepunkt auf die Beine stellen.“
Da Schinne schon immer etwas anders war, musste es auch hier etwas Besonderes sein. So kamen die Verantwortlichen darauf, dass die SCC-Frauen Fußballspielen sollten. Für Samstagnachmittag, 15 Uhr, stand das als „Knüller“ in der Ankündigung der Volksstimme.
Rogge und Co organisierten ein Spiel gegen Frauen aus Garlipp. Da Frauenfußball zu dieser Zeit faktisch nicht bekannt in der Region war, folgten über 600 Neugierige der Einladung aus Schinne. Die Pappelarena war bei sommerlichen Temperaturen gut gefüllt. „Das war außergewöhnlich und sehr interessant“, verrät Rogge. Die Partie endete mit 2:2-Unentscheiden nach Elfmeterschießen.
Nicht nur bei den Zuschauern fand der Frauenfußball fortan Zuspruch, sondern vor allem bei den Spielerinnen selbst. Unter anderem Elke Lenz und Sylvia Düwert (ehem. Holz) blieben dem Spiel mit dem runden Leder treu und suchten jemanden, der sich fortan um die Mannschaft kümmerte. Dazu wurde Arnold Bauermeister aus Belkau gefunden, der zu dieser Zeit selbst noch bei der Reserve sowie den Alten Herren in Möringen kickte.
„Ich musste mir dann was einfallen lassen“, erinnert sich der heute 74-Jährige 30 Jahre zurück. Zunächst wurde ein Rückspiel in Garlipp organisiert, welches im August stattfand und von den Schinnerinnen gewonnen wurde. Fortan war das wie ein Selbstläufer. „Die Mädchen kamen einfach zu uns, um Spielerinnen mussten wir uns nicht kümmern“, so Bauermeister. Schnell wurden weitere Spiele gegen eine Mannschaft von Aktivist Stendal sowie 1990 in Meßdorf organisiert.
„Die Spielerinnen kamen seinerzeit vermehrt aus der Leichtathletik, waren also gut trainiert. Wir hatten aber auch einige Ausnahme-Spielerinnen mit echtem Talent dabei“, erinnert sich der frühere Trainer weiter. „Das hat richtig Spaß gemacht – auch weil wir Erfolg hatten.“
Anfang der 90er hat sich dann auch im Kreis etwas bewegt, weitere Mannschaften organisierten sich, so dass 1992 erstmals in Turnier-Form ein Altmarkmeister im Frauenfußball ausgespielt wurde. Klar – dieser Titel ging vor 450 Zuschauern nach Schinne. „Danach wollten einige dann schon nicht mehr gegen uns spielen, weil wir so gut waren“, so Bauermeister weiter. Dennoch war der Schinner SV „Eintracht“, wie der Verein seit der Wende heißt, ab 1993 Teil der Altmark-Liga und wurde 1994 – noch vor Lok Stendal – als „Mannschaft des Jahres“ im Kreis Stendal ausgezeichnet.
Im Jahr 1996 feierte die Bauermeister-Elf dann den ersten überregionalen Erfolg. Als Staffelsieger des Landesliga Nord reisten die Schinnerinnen am 9. Juni nach Wernigerode zum Hinspiel um die Landesmeisterschaft, welches mit 6:1 deutlich gewonnen wurde. Zwei Wochen später fand dann das Rückspiel in der heimischen Pappelarena statt. Insgesamt acht Treffer schenkte die Eintracht den Gästen ein und feierte unangefochten den ersten Landesmeister-Titel. Daran kann der frühere Übungsleiter sich noch sehr gut erinnern, er hat aber auch noch alle Aufzeichnungen von der ersten Stunde an. Zu jedem Spiel hat er Notizen gemacht.
Nur ein Jahr später schickten sich die Schinner Frauen an, den Titel verteidigen zu wollen. Erneut gelang der Staffelsieg in der Landesliga und damit der Einzug in die Endspiele. Der Gegner kam dieses Mal aus Seehausen (Börde). Das Hinspiel fand damals in Schinne statt und wurde 5:1 gewonnen. Mit breiter Brust fuhren die Altmärkerinnen so nach Seehausen, um sich nach einem 4:1-Sieg die Trophäe abzuholen.
Im Jahr 1998 hätten die Eintracht-Frauen dann beinahe des Triple perfekt gemacht, mussten sich im Finale um die Landesmeisterschaft allerdings den Frauen aus Halle geschlagen geben. Bei diesen spielte zu dieser Zeit eine gewisse Conny Pohlers, die in ihrer weiteren Laufbahn mehrfache Deutsche Meisterin, Pokalsiegerin sowie Gewinnerin der UEFA-Champions League der Frauen sowie Welt- und Europameisterin wurde. „Damals haben wir das Hinspiel in Schinne schon deutlich verloren. Für das Rückspiel hatte ich dann kaum Spielerinnen und habe Verstärkung aus Tangerhütte mitgenommen“, erinnert sich Bauermeister. Obwohl er vor der Partie mit dem Hallenser Trainer den Einsatz dieser Spielerinnen vereinbarte und bestätigte, dass Schinne im Falle eines Sieges nicht Landesmeister würde – die Partie wurde auch verloren – musste sich Bauermeister später vor dem Sportgericht erklären. „Mit unserem Vorsitzenden Wilbert Matthias musste ich dafür nach Magdeburg“, so der Übungsleiter.
Trotz der zahlreichen Erfolge wurden die Zeiten für den Schinner Frauenfußball fortan schwieriger. „Familie und Kinder spielten bei den Mädchen dann auch eine Rolle, so dass wir immer weniger Spielerinnen hatten“, so der 74-Jährige. Daher kam im Jahr 2001 der Entschluss, mit der Mannschaft zu Lok Stendal zu wechseln. „Wir hatten die Idee, zentral in Stendal mehr Spielerinnen auch aus den Schulen begeistern zu können“, so Bauermeister zum Ende der zwölfjährigen Geschichte des Frauenfußballs in Schinne.
Lange gehalten hat die Ehe mit den Stendalern für Bauermeister und die Mannschaft aber nicht. Im Oktober 2001 beendete der Trainer sein Engagement und übergab den Staffelstab an Ronald Weinstrauch, der schon etliche Zeit unterstützte. „Mir wurde der Aufwand zu groß und Ronald wollte es machen.“ Am Ende der Spielzeit 2001/2002 zogen einige Spielerinnen dann weiter zum TuS „Siegfried 09“ Wahrburg, wo an alte Erfolge aber auch nicht mehr angeknüpft werden konnte.