DDR-Tennis-Legende kämpfte beim TC Stadtwald Hilden zu Beginn mit Vorurteilen / Tschechien kein Thema mehr "Schmuggler" Emmrich hat neue Heimat gefunden
Magdeburg/Hilden. Eine Doppelseite in der "Sport Bild" verhalf ihm zu einem neuen, eher fragwürdigen, aber natürlich scherzhaft gemeinten Spitznamen: "Schmuggler". Auch sonst hatte DDR-Tennis-Legende Thomas Emmrich (57) bei seinem neuen Arbeitgeber TC Stadtwald Hilden bei Solingen am Nieder-rhein zunächst mit Vorurteilen zu kämpfen.
Der Reihe nach: Weihnachten 2007 hatte Emmrich Deutschland endgültig den Rücken gekehrt und war nach Tschechien "ausgewandert", wo er sich 150 km südlich von Prag mit seiner neuen Lebensgefährtin um eine kleine Pension kümmerte. "Das war am Anfang auch interessant, und wir haben viele Reisen unternommen. Doch mit der Zeit wurde es mir zu langweilig, fiel mir die Decke auf den Kopf. Hinzu kamen die sprachlichen Barrieren, denn Tschechisch ist schwer, und mit Russisch kommt man nicht weit, weil die Einheimischen das nicht hören wollen", räumt Emmrich in seiner sympathischen, mitunter entwaffnend ehrlichen Art ein und ergänzt: "Die Trennung von meiner Partnerin ist quasi beschlossene Sache. Ich fahre nur noch einmal hin und hole meine Sachen."
Seine neue Heimat ist der 700 Mitglieder starke TC Stadtwald Hilden, wo er im September die Funktion als Headcoach übernommen und eine eigene Tennis-Akademie gegründet hat (Volksstimme berichtete). "Das Ganze war eher ein Riesenzufall. Mein Ziel war eigentlich, etwas im Sport- oder Verwaltungsmanagement zu machen und nicht mehr täglich auf dem Platz zu stehen. Doch dann hat der vorherige Trainer überraschend kurzfristig gekündigt. Da war klar: Wenn ich nicht zuschlage, übernimmt den Job ein anderer."
Gesagt – getan. Nun ist Emmrich der Chef beim drittgrößten Verein im Verband Nieder-rhein.
Aber aller Anfang ist schwer. "Zunächst war die Skepsis schon recht groß. Da kommt der alte Sack aus dem Osten und hat auch noch einen krummen Schläger dabei (ein ergonomisch geformter Schläger der Berliner Firma Neoxxline, auf den Emmrich seit Jahren nichts kommen lässt/d. Red.), hieß es. Außerdem wussten manche Eltern der von mir betreuten Jugendlichen alles besser. Ich bin fast vom Glauben abgefallen, doch mittlerweile läuft es", blickt der Magdeburger auf eine schwierige Zeit zurück.
Hinzu kam, dass nur Tennis-Insider mit seinem Namen etwas anfangen konnten. Das änderte sich, als kürzlich die "Sport Bild" im Rahmen der Serie "20 Jahre Deutsche Einheit" dem 47-fachen DDR-Meister und Wimbledonsieger Michael Stich aus Elmshorn eine Doppelseite widmete. In dem Interview verriet Emmrich auch ein kleines Geheimnis: "Weil Preisgelder aus dem sozialistischen Ausland nicht in die DDR eingeführt werden durften, habe ich geschmuggelt. Ich ließ mir das Preisgeld auszahlen und kaufte dafür Waren ein. In Bulgarien, Ungarn und Russland vor allem Pelzmäntel. Die schmuggelte ich in die DDR, inserierte in der Zeitung und verkaufte sie so." Sein Fazit: "Die Wende kam für mich als Tennisspieler halt 20 Jahre zu spät."
Nach dieser Story hatte Emmrich jedenfalls seinen Spitznamen in Hilden weg: Der Schmuggler ist wieder da ...
Mittlerweile hat er im nur wenige Kilometer entfernten Hahn eine Zwei-Zimmer-Wohnung bezogen und freut sich auf die neue Herausforderung.
Dennoch schwebt er nicht auf Wolke sieben. Grund sind seine permanenten Rückenbeschwerden. Vor sieben Jahren hatte er einen Bandscheibenvorfall, erlitt im April 2009 einen Rückfall. So musste er bei Meisterschaften zwangsläufig deutlich kürzertreten, trat eigentlich nur zur "Schadensbegrenzung" an, um nicht zu viele Ranglistenpunkte zu verlieren. Seine Erkenntnis: "Das Training zu leiten, ist für mich überhaupt kein Problem. Außerdem haben wir hier noch zwei andere Trainer. Aber vom Leistungstennis werde ich mich wohl verabschieden müssen. Irgendwann geht es halt nicht mehr."