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Leichtathletik Barthel vom SCM sprintet nicht mehr

Der Sprinter Thomas Barthel vom SC Magdeburg hat mit 21 Jahren seine Karriere beendet.

Von Daniel Hübner 07.11.2019, 00:01

Magdeburg l Thomas Barthel kennt das Beispiel eines Langstreckenläufers, der nicht mehr laufen wollte, der offenbar derart abrupt jeglichen Gedanken an die eigene Fitness von sich wies, weshalb er letztlich das Wichtigste nach einer Leistungssport-Karriere vergaß: das Abtrainieren. Diesem Langstreckenläufer, berichtet Barthel, „wurde mit 23 Jahren ein Herzschrittmacher eingesetzt“. Das ist Mahnung genug für Barthel, nicht denselben Fehler zu machen.

Thomas Barthel ist sein Leben gerne gesprintet, schnell und mit hehren Zielen, die er zumindest auf dem Sprung in die Elite nicht erreicht hat. Womöglich auch deshalb hat er sich entschieden, die Spikes an den berühmten Nagel zu hängen. Und seine Karriere zu beenden. Es war diesmal keine Entscheidung des Familienrates, „wo wir sonst immer alle Entscheidungen besprechen“, berichtet der 21-Jährige vom SC Magdeburg. Es war allein die Entscheidung des Thomas Barthel. Und fragt man ihn nach Gründen, sagt er, es war eine Entscheidung aus dem Bauch heraus und in jedem Fall „keine personenabhängige“.

Das könnte man nämlich durchaus vermuten, nachdem sein langjähriger Coach Eik Ruddat die Aufgabe aufgrund seiner neuen Position als Schuldirektor aufgegeben hatte im Sommer, nachdem Barthel dann von Marco Kleinsteuber übernommen wurde. „Marco Kleinsteuber hat als Erster von meiner Entscheidung erfahren“, berichtet er. Was er indes nicht von sich weisen kann, ist die vergangene Saison als ein ausschlaggebender Punkt, dem Sprint ade zu sagen.

Barthel kann auf eine sehr erfolgreiche Jugendzeit zurückblicken. In der U 20 gewann er Staffelgold bei der Europameisterschaft 2017 und Bronze ein Jahr zuvor bei der Weltmeisterschaft. Aber damals war der Stendaler, der 2013 zum SCM gekommen war, eben Schüler am Sportgymnasium, der sich ganz auf die 100 und 200 Meter konzentrieren konnte. Seit September 2018 stand er nicht nur auf der Tartanbahn, seither steht er auch voll im Berufsleben. Er lernt Bürokaufmann. Barthel sagt: „Der Sport ist endlich. Meine Ausbildung hat sich in den Vordergrund geschoben.“

Die vergangene Saison ist deshalb durchwachsen gelaufen. Acht Stunden täglich im Büro, danach Training: Die Qualität der Einheiten wollten Barthel und Ruddat verbessern, um fehlende Umfänge zu kompensieren. Doch das ist nicht aufgegangen. Trotz der Anzeichen dafür, dass der Athlet sein Niveau halten könnte.

Er konnte sich am Start steigern, lief zweimal 10,41 Sekunden. Seine Bestzeit steht bei 10,32 Sekunden. „Das war gar nicht schlecht, deshalb will ich die Saison auch gar nicht als Rückschlag bezeichnen“, betont er. „Darauf hätte man aufbauen können.“

Der Erfolg blieb trotzdem aus. Beispiel: Bei den deutschen U-23-Meisterschaften schied er schon im Vorlauf aus. Damit verpasste er auch das EM-Ticket für Gävle (Schweden). Barthel erklärt: „Die Freude am Sport kommt über den Erfolg, aber man weiß auch, was man dafür machen muss.“

Und das möchte er nicht mehr. Normalerweise würde er nun für die Hallensaison trainieren, „aber es ist eben auch immer das Gleiche“, sagt Barthel. Er hat zudem eine Aufwand-Nutzen-Rechnung aufgestellt – und diese dann infrage gestellt. Und: „Natürlich fehlt mir auch der Antrieb.“

Barthel hat sich gefragt, ob es reicht, sich in lokalen Wettkämpfen weiter zu messen. „Aber ich will den Leistungsgedanken abstreifen“, sagt er. Er muss sich nicht mehr gegen eine Konkurrenz durchsetzen, er muss sich keinem Druck mehr aussetzen. Und er will auch nicht mehr enttäuscht sein, wenn sein Plan vom sportlichen Glück nicht aufgeht. Denn dann, meint Barthel lächelnd, „ist der Sport wie die böse Schwiegermutter“. Von der er nun Abschied genommen hat. Wehmut ist deshalb bei ihm noch nicht aufgekommen: „Es geht mir gut“, erklärt Barthel, „immer noch.“

Sport spielt für ihn künftig keine Rolle mehr. „Ich will den totalen Schnitt machen“, erklärt Barthel zur Freizeitgestaltung, nach deren Inhalt er allerdings noch suchen muss. Ganz sicher wird dazu eines gehören: das Abtrainieren. „Es ist in den vergangenen Jahren schon einiges an Substanz zusammengekommen“, sagt Barthel. Deshalb lässt er den Subs-tanzabbau auch medizinisch begleiten. Denn: „Nichts wäre für mich schlimmer, als mit 21 Jahren einen Herzschrittmacher zu haben.“