1. Startseite
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. Technisch überlegen, aber nicht umwerfend

Boxen: Jungunternehmer Sturm landet einen ungefährdeten Punktsieg gegen Lorenzo Technisch überlegen, aber nicht umwerfend

06.09.2010, 04:20

Köln (dpa). Jungunternehmer Felix Sturm zahlt sich jetzt nicht nur seine Börsen selbst aus, nach 14-monatiger Zwangspause hat er auch das Boxen nicht verlernt. Mit einem einstimmigen Punktsieg (117:111, 117:111, 118:111) gegen Giovanni Lorenzo aus der Dominikanischen Republik meldete sich der Weltmeister im Mittelgewicht Samstagnacht zurück. Sturm ist wie er zuletzt war: Technisch überlegen, aber keineswegs umwerfend.

Beim ersten Auftritt nach der Trennung vom Hamburger Universum-Stall war mehr drin gegen einen Herausforderer, der nicht die gepriesene Klasse hatte. "Ich bin jetzt bei 70 bis 75 Prozent", meinte der 31 Jahre alte WBA-Champion. Mithin war es ein Aufbaukampf für einen, der "immer nur die Besten" vor die Fäuste kriegen will. Sturm selbstkritisch: "Ich kann mich noch steigern."

In die Kölner Lanxess-Arena, in der nach Angabe des Veranstalters 18 200, nach Einschätzungen von Insidern eher 13 500 Zuschauer Zeuge waren, hatte es auch die halbe Fußball-Nationalmannschaft mit Sami Khedira, Miroslav Klose oder Mario Gomez vor ihrem Dienstag-Einsatz gegen Aserbaidschan verschlagen. "Mein Spezialgast war mein Freund Lukas Podolski", berichtete Sturm stolz. Der Kicker fiel dem Boxer nach dessen Sieg um den Hals.

Sturm präsentierte sich rundum glücklich nach seiner Rückkehr in den Ring. "Die größte Motivation war, in Eigenregie zu boxen. Ich möchte meiner Familie und meinem Sohn was bieten", sagte der Mann, der sich mit Promoter Klaus-Peter Kohl über Monate hinweg vor Gericht gestritten hatte und schließlich nach der Zahlung eines Schmerzensgeldes von rund 900 000 Euro sein eigener Herr sein darf.

"Mehr Geld ist keine Motivation. Das ist mir nicht wichtig", behauptete der Boxer, der vor nicht allzu langer Zeit jammerte, dass ihn Kohl um große Teile seines Gewinns prelle. Die Vermutung liegt nahe, dass trotz Selbstvermarktung unterm Strich weniger rausgekommen ist als früher bei Kohl. Dabei war nicht zu übersehen, dass Sturm auf die Strippenzieher-Künste des umstrittenen Box-Promoters Ahmet Öner zurückgreift, der an jener Stelle im Ring stand, an der einst Kohl in die Kamera lächelte. Eigenregie hin, Selbstvermarktung her.

"Das war nicht nur sportliche Leidenschaft; er hat auch als Jungunternehmer alles gegeben", versicherte Sat.1-Sportchef Sven Frohberg, der von "Euphorie, Begeisterung und Zufriedenheit" sprach. Die Münchner Fernseh-Gruppe kann mit dem Zuschauerschnitt von 5,27 Millionen (Quote 28,2 Prozent) bei ihrer Sturm-Premiere zufrieden sein, selbst wenn tatsächlich acht Millionen als Kampfziel ausgegeben worden sein sollten. Allerdings war das Konkurrenzprogramm so zahm wie selten. Sturm, der nicht der spektakuläre Boxer mit Hau-um-Effekt ist, hat es mit seinem technisch geprägten Stil ohnehin schwerer. Bereits im Dezember will er erneut in den Ring steigen. Der Rubel muss rollen.