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Tischtennis-Jubiläum WM-Gold für Roßkopf/Fetzner - Gäb klaut den Ball

Der 8. April 1989 ist für den Deutschen Tischtennis-Bund ein historischer Tag: Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner gewinnen in Dortmund Gold im Herrendoppel.

Von Dietmar Fuchs, dpa 08.04.2019, 02:00

Dortmund (dpa) - Hans Wilhelm Gäb ist der 8. April 1989 noch immer in allerbester Erinnerung. "Ich denke an diesen Tag nach wie vor mit großer Freude", sagt der Ehrenpräsident des Deutschen Tischtennis-Bundes über ein Ereignis, das allen Beteiligten unvergessen bleiben wird.

Um 21.24 Uhr vollendeten Jörg "Rossi" Roßkopf und Steffen "Speedy" Fetzner seinerzeit eine Sensation: Mit dem 18:21, 21:17 und 21:19 gegen die polnisch-jugoslawische Paarung Leszek Kucharski/Zoran Kalinic wurden die jungen Deutschen in der Dortmunder Westfalenhalle Weltmeister.

"Es ist kein Tag wie jeder andere. Es ist ein toller Tag, ein tolles Gefühl, damals etwas für den Tischtennissport erreicht zu haben", sagte der heutige Bundestrainer Roßkopf zur Bedeutung des 8. April. Fetzner ergänzte: "Es ist gefühlt der zweite Geburtstag im Jahr. Weltmeister wird man ja vielleicht nur einmal im Leben."

Der heute 83 Jahre alte Gäb, damals Präsident des DTTB, weiß noch genau, wie er auf den Matchball reagierte. Er saß neben IOC-Chef Juan Antonio Samaranch auf der VIP-Tribüne. "Dann bin ich runter gelaufen in die Box und habe mich in den Jubel eingereiht." Und der war riesig: Nahezu alle stürzten sich auf die Weltmeister, die, zunächst auf dem roten Boden liegend, ihr Glück kaum fassen konnten.

Viele unter den mehr als 10.000 Besuchern lagen sich in den Armen, obwohl sie sich nicht unbedingt kannten. Gäb reagierte inmitten der Traube aus Spielern, Trainern, Funktionären und Betreuern trotz aller Euphorie ganz cool: "Ich hab' den Finalball geklaut." Das Spielutensil ließ Gäb später in eine Glasstele einbauen, die er dann dem heutigen Bundestrainer Roßkopf zum Abschied von dessen sportlicher Laufbahn schenkte.

Was nach dem Matchball folgte, war gleichfalls weltmeisterlich. In der Nacht zum 9. April floss an der Bar eines Dortmunder Hotels jede Menge Bier, nüchtern blieb kaum einer, der dabei sein durfte. Dem damals 19-jährigen Fetzner entfuhr bei dem einen oder anderen Glas Pils immer wieder der Satz: "Ich kann es noch gar nicht fassen." Rückblickend sagt er: "Es ist immer noch Gänsehaut pur, wenn ich die Bilder vom Matchball sehe. Freude und Emotionen pur."

Aber es war Realität nach dem Erfolg im Achtelfinale gegen die Schweden Ulf Bengtsson/Ulf Carlsson und dem anschließenden Sieg gegen den Polen Andrzej Grubba und den Franzosen Jean-Philippe Gatien. Denn im Halbfinale, als die Medaille schon sicher war, triumphierte das Duo von Borussia Düsseldorf auch gegen Chinas zuvor lange unbesiegte Titelverteidiger Chen Longcan/Wei Quingguang mit 11:21, 21:12 und 21:17.

War im Endspiel noch eine Steigerung möglich? Ja, denn das Wort "unmöglich" schien an jenem Tag für "Rossi" und "Speedy" nicht zu existieren. Nicht einmal der verlorene erste Satz gegen Kucharski und Kalinic machte den Deutschen etwas aus. Den zweiten gewannen sie trotz eines zwischenzeitlichen 9:12-Rückstands mit 21:17 und hatten dann beim 20:16 vier Matchbälle, von denen Linkshänder Roßkopf mit vollem Risiko den vierten zu Gold machte. "Weltmeister!" - so schrie Fetzner seine Freude raus. Es war der erste WM-Titel für den DTTB im Herrenbereich und ist es bis heute.

Einen Boom für das Tischtennis in Deutschland gab es im Anschluss an jenen 8. April 1989 wohl. "Ich denke schon, dass wir durch unseren Sieg einen Tischtennis-Boom ausgelöst haben, ohne den viele Dinge im Tischtennissport wie die Professionalisierung nicht umsetzbar gewesen wären", sagte Fetzner. Zumindest medial hält der Boom aber nicht bis heute an. "Der Fußball hat uns längst wieder überrollt", sagte Hans Wilhelm Gäb der Deutschen Presse-Agentur.

Hintergründe auf der Website des Deutschen Tischtennis-Bundes