1. Startseite
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Ankara empört über Völkermord-Aussage

Massaker an Armeniern Ankara empört über Völkermord-Aussage

25.04.2021, 20:26

Trotz Warnungen der Türkei hat US-Präsident Joe Biden die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkrieges als Völkermord anerkannt und damit für Empörung in Ankara gesorgt.

„Das amerikanische Volk ehrt all jene Armenier, die in dem Völkermord, der heute vor 106 Jahren begann, umgekommen sind“, hieß es in einer vom Weißen Haus verbreiteten Mitteilung Bidens zum Gedenktag an die Massaker am Wochenende.

Die Reaktion aus Ankara folgte umgehend: Das türkische Außenministerium wies Bidens Erklärung „in schärfster Form“ zurück und forderte den US-Präsidenten auf, den „schwerwiegenden Fehler“ zurückzunehmen. Die Aussage verzerre historische Fakten und reiße eine tiefe Wunde in die Beziehungen beider Länder, hieß es. US-Botschafter David Satterfield wurde nach der Äußerung Bidens ins türkische Außenministerium einbestellt.

Der Deutsche Bundestag hatte die Massaker 2016 als Völkermord bezeichnet. Das Verhältnis zwischen Berlin und Ankara war dadurch zeitweise schwer belastet worden. Die Anerkennung des Völkermords durch Biden, der diesen Schritt schon im Wahlkampf versprochen hatte, dürfte die amerikanisch-türkischen Beziehungen weiter belasten. Diese sind ohnehin strapaziert, unter anderem weil der Nato-Partner Türkei das Raketenabwehrsystem S-400 von Russland erworben hatte.

Wir tun dies, um sicherzustellen, dass sich das niemals wiederholt.“

US-Präsident Joe Biden

Während des Ersten Weltkriegs waren Armenier systematisch verfolgt und auf Todesmärsche in die syrische Wüste geschickt worden. Historiker sprechen von Hunderttausenden bis zu 1,5 Millionen Opfern. Die Türkei als Nachfolgerin des Osmanischen Reiches gesteht den Tod von 300.000 bis 500.000 Armeniern ein und bedauert die Massaker. Eine Einstufung als Völkermord weist sie jedoch strikt zurück.

Die USA fühlten sich verpflichtet, zu verhindern, dass sich ähnliche Gräueltaten jemals wieder ereigneten, erklärte Biden. Mit „Stärke und Widerstandskraft“ habe das armenische Volk überlebt, habe aber niemals die tragische Geschichte vergessen. „Wir ehren ihre Geschichte. Wir sehen diesen Schmerz. Wir bestätigen die Geschichte. Wir tun dies nicht, um Schuld zuzuweisen, sondern um sicherzustellen, dass sich das, was geschehen ist, niemals wiederholt.“

Erdogan selbst äußerte sich zunächst nicht. Vor Bidens Mitteilung hatte Erdogan am Sonnabend an den armenischen Patriarchen in der Türkei, Sahag Maschalian, geschrieben, er gedenke mit Respekt der Armenier im Osmanischen Reich, die unter „schweren Bedingungen“ im Ersten Weltkrieg ihr Leben verloren hätten. Die Politisierung von Debatten durch Dritte bringe nichts. Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan sagte, das armenische Volk und alle Armenier der Welt hätten Bidens Botschaft mit „großer Begeisterung erhalten“.