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Behörde fahndet nach Demo-Teilnehmern

09.12.2013, 13:01

Eisleben/Magdeburg - Die Fahndung nach Teilnehmern einer Demonstration sorgt in der Lutherstadt Eisleben für Empörung. Nach der Kundgebung im Oktober habe ihn der Landkreis aufgefordert, die Namen weiterer Teilnehmer zu nennen, sagte der CDU-Stadtrat Rainer Gerlach am Montag der Nachrichtenagentur dpa. Er werde jedoch keine Namen angeben. "Ich hätte das zu DDR-Zeiten nicht gemacht und werde dies auch heute nicht tun - alle Konsequenzen in Kauf nehmend", schrieb Gerlach in einer Stellungnahme. "Man fühlt sich beobachtet und bespitzelt."

Ein Sprecher des Landkreises Mansfeld-Südharz verteidigte das Vorgehen des Ordnungsamtes. Die Demonstration - unter anderem gegen Kürzungen am Theater Eisleben - sei nicht angemeldet gewesen. Das könne mit bis zu 1500 Euro bestraft werden. Es sei auch keine spontane Kundgebung gewesen, die immer zulässig ist. "Aus unserer Sicht war es keine Spontandemonstration", sagte Landkreis-Sprecher Uwe Gajowski. Schließlich hätten die Teilnehmer Spruchbänder und Transparente mitgebracht. "Die Gesetze schreiben vor, dass gleiches Recht für alle gilt."

Im Internet führte das Vorgehen der Behörde zu einer Welle der Empörung. "Merkwürdig, ich dachte immer, die Aufforderung zur Denunziation sei eines der Merkmale einer Diktatur", schrieb ein Leser auf der Seite der "Mitteldeutsche Zeitung" (Montag), die als erstes über das Vorgehen des Ordnungsamtes berichtet hatte. Der für seine harte Kritik an Kulturkürzungen bekannte Generalintendant des Anhaltischen Theaters Dessau, André Bücker, schrieb bei Twitter: "Die nächste Stufe ist wahrscheinlich, dass Menschen nachts abgeholt werden oder einfach verschwinden."

In dem der dpa vorliegenden "Zeuge-Fragebogen" heißt es unter anderem: "Teilen Sie bitte mit, woher Ihnen bekannt war, dass die Versammlung stattfindet und wo und wann diese durchgeführt werden soll!" Zudem heißt es: "Wer hat zu dieser Versammlung aufgerufen (bitte mit Namen und evtl. Anschrift angeben)." Die letzte Frage lautet dann "Können Sie weitere Teilnehmer der Versammlung benennen? (Name?)."

Der Sprecher des Landkreises erklärte, insgesamt seien fünf Personen mit diesem Brief angeschrieben worden. Vier von ihnen hätten bereits geantwortet. Das Ordnungsamt habe zur Untersuchung der Vorwürfe ähnliche Rechte wie die Staatsanwaltschaft. Nach dem Bericht der "Mitteldeutschen Zeitung" hat sich inzwischen allerdings auch der Datenschutzbeauftragte eingeschaltet. Er fordere Auskunft, wie und wozu Namen von Demonstrationsteilnehmern ermittelt wurden.

Das für die Kommunalaufsicht zuständige Innenministerium wollte das Vorgehen des Ordnungsamtes nicht bewerten. Der Vorgang sei eine Sache des Landkreises, sagte eine Sprecherin.