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Thomas Labusiak erklärt, warum nicht nur Halberstadt einen Domschatz hat Heiße Diskussion um Quedlinburgs Domschatz

Von Jörg Endries 20.03.2013, 02:16

Heiß diskutiert wird in Halberstadt der Fakt, dass der Kirchenschatz in der Stiftskirche Quedlinburg als Domschatz vermarktet wird. Kritiker beklagen, das sei "Geschichtsfälschung". Einen Domschatz habe nur die Domstadt Halberstadt zu bieten. Kustos Thomas Labusiak weiß, die Geschichte wird nicht gefälscht.

Halberstadt l "Alles nur geklaut", wettern geschichtsinteressierte Lokalpatrioten aus Halberstadt, wenn die Nachbarn aus Quedlinburg beziehungsweise die Domschatzverwaltung in Halberstadt den Kirchenschatz in St. Servatii ebenfalls als Domschatz vermarkten.

"Die Quedlinburger haben keinen Dom, sondern eine Stiftskirche. Insofern ist in Quedlinburg auch kein Domschatz zu sehen. Der wird in Halberstadt präsentiert", so Ilse Jung und Helga Scholz aus Halberstadt, die zu den Kritikern gehören, die sich am Lesertelefon der Volksstimme gemeldet haben. "Wie viel Geschichtsfälschung darf man betreiben?" Mit dieser Frage wandte sich Gisela Staat an die Volksstimme. Sie finde es "unverschämt, wie Halberstadt untergebuttert wird". Die Leserin: "Quedlinburg hat einen sehr schönen Kirchenschatz. Mehr nicht! Quedlinburg hatte nie einen Dom und war nie Bistum." Und: "Das ist eine Herabwürdigung der großen Geschichte, die Halberstadt hat." Dies lasse sie "wütend und empört sein", so die Halberstädterin.

"Ein Körnchen Wahrheit steckt hinter dieser Kritik", gesteht Domkustos Thomas Labusiak auf Nachfrage der Volksstimme. Ein Dom ist ein Ort mit Bischofssitz. Halberstadt war dies nachweislich seit Mitte des 9. Jahrhunderts bis 1648. St. Servatii in Quedlinburg ist seit dem 10. Jahrhundert hingegen eine Stiftskirche, klärt der Kustos auf. Aber eine sehr bedeutende als Grablege des ersten deutschen Königs Heinrich I. Außerdem seien die Äbtissinnen der Stiftskirche bis weit ins hohe Mittelalter immer mit den deutschen Königshäusern verwandt gewesen.

"Die Tochter Otto I., Äbtissin Mathilde, war eine Zeit lang sogar Stellvertreterin des Herrschers, als dieser in Italien weilte. Sie wird als Metropolitin bezeichnet. Ein Titel, der mit einem Erzbischof gleichzusetzen ist", erklärt Thomas Labusiak zum geschichtlichen Hintergrund. Damit wäre der Bezug gegeben, den Kirchenschatz auch zum Domschatz zu küren.

Im benachbarten Niedersachsen gebe es weitere Beispiele von historisch bedeutenden Kirchen, die als Dom bezeichnet werden, aber nie Bischofssitz waren: zum Beispiel der Kaiserdom in Königslutter und die Stiftskirche in Bad Gandersheim, so Thomas Labusiak.

Der Domkustos hält überhaupt nichts von einer Diskussion, welcher Schatz kostbarer sei, der in Quedlinburg oder der in Halberstadt. "Klar ist der Halberstädter mit mehr als 650 Stücken einer der umfangreichsten Kirchenschätze, sonst hätten wir nicht den Antrag gestellt, ihn ins Unesco-Welterbe aufzunehmen." Der Schatz der Stiftskirche in Quedlinburg sei aber ebenfalls ein hervorragendes Ensemble mittelalterlicher Schatzkunst. Beide Schätze würden sich hervorragend ergänzen. "So etwas gibt es im gesamten heute bekannten Universum nicht", schwärmt Thomas Labusiak. Aus diesem Grund werden beide auch als Domschätze gemeinsam vermarktet.

März 2013