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Kommen Kommunen für Nachzahlungen bei Betriebskosten auf? Heizkosten müssen angemessen sein

Von Gudrun Oelze 09.07.2012, 03:31

Wohnungsunternehmen würden zunehmend auf offenen Forderungen für Betriebskostennachzahlungen von Hartz-IV-Empfängern sitzen bleiben, meldete die Volksstimme am 12. Juni 2012. Denn immer häufiger übernehmen die Kommunen diese Kosten nicht mehr, so die Begründung der Vermieter, weil sie nicht den Angemessenheitskriterien entsprächen.

Möglicherweise sind die Angemessenheitskriterien ja "weltfremd niedrig" angesetzt, reagierte unser Leser Rüdiger Oppermann aus Gerwisch. Bei den Heizkosten mit pauschalierten Werten zu arbeiten, sei rechtswidrig, verwies er auf ein Urteil des Bundessozialgerichtes, laut dem die Leistungen für Heizung grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen sind - wenn der Kunde nicht gequast hatte.

Wird dieser Auffassung der obersten deutschen Sozialrichter (Az: B 14 AS 36/08 R vom 2. Juli 2009) in Sachsen-Anhalts SGB-II-Behörden entsprochen? Einer Umfrage im Norden des Landes zufolge dürfte eigentlich keine an ALG-II-Bezieher gerichtete Heizkostennachforderung unbezahlt bleiben - es sei denn, die Mieter heizen verschwenderisch.

Denn dass Heizkosten grundsätzlich in voller Höhe übernommen werden müssen, sei weder dem BSG-Urteil noch dem SGB II zu entnehmen, so die Auskunft aus dem Landkreis Stendal. Entscheidend sei, dass sie angemessen sind. Und das ist laut KdU-Richtlinie dieses Landkreises "in der Regel ein monatlicher Betrag bis zu 1,20 Euro je m² für Heizkosten einschließlich Warmwasser".

Dabei handele es sich jedoch um keine Pauschale, wird aus dem Büro des Landrates versichert. Die Richtlinie (nachzulesen auf der Internetseite des Landkreises) enthalte nämlich auch Aussagen, unter welchen Umständen im Einzelfall von diesen Richtwerten abgewichen werden kann. Wichtig für den Leistungsberechtigten sei, dass er über die angemessenen Heizkosten und über Konsequenzen von unwirtschaftlichem Verhalten ausreichend informiert wird.

Eine Familie aus Seehausen zum Beispiel informierte man, dass das Jobcenter höchstens mit einem Darlehen helfen könne, als der Versorger trotz Einsparung beim Gasverbrauch eine Nachforderung schickte. Bei einem Zwei-Personen-Haushalt wie hier seien maximal 60 m² Wohnfläche angemessen, daher bestehe "grundsätzlich ein Anspruch für die Berücksichtigung von Heizkosten" von höchstens 72 Euro im Monat, teilte man der Zeitung damals mit.

Grundlage ist bundesweiter Heizspiegel

Da laut KdU-Richtlinie des Landkreises Stendal "immer auf die Besonderheit des Einzelfalls abzustellen" sei und "die Angemessenheitsprüfung für die Heizkosten grundsätzlich getrennt von der Prüfung der Unterkunftskosten zu erfolgen habe", wurde der Fall dieser Familie anhand der vorgelegten Abrechnung des Energieanbieters geprüft. Eine Entscheidung werde zeitnah ergehen, hieß es Anfang Mai.

"Zeitnah" dauerte es jedoch fast zwei Monate, bis das Jobcenter jetzt mitteilte, dass die gesamte Heizkostennachzahlung dieser Bedarfsgemeinschaft übernommen wird.

Wie im östlichen Altmarkkreis wird auch im Jobcenter des Salzlandkreises eine Übernahme von Nachzahlungen für Heizkosten immer entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geprüft. Dafür wird dort der "Bundesweite Heizspiegel" genutzt. Die darin genannten Vergleichswerte sind gestaffelt nach öl-, erdgas- und fernwärmebeheizter Wohnung und der zu beheizenden Wohnfläche und unterschieden zwischen "optimal", "durchschnittlich", "erhöht" und "extrem hoch".

Entsprechend BSG-Urteil prüfen die Mitarbeiter des Jobcenters Salzlandkreis zunächst, welche Wohnfläche für einen Leistungsberechtigten abstrakt angemessen ist und multiplizieren diese mit dem für das Heizmedium (Öl, Gas oder Fernwärme) maßgeblichen Wert der Spalte "extrem hoch" des Heizspiegels. Wird dieser Wert nicht überschritten, "werden die Heizkosten in tatsächlicher Höhe übernommen", versichert Betriebsleiterin Edith Völksch.

Verschwendung muss ausgeschlossen werden

Liegt hingegen "eklatant kostspieliges oder unwirtschaftliches Heizverhalten vor, kann eine Übernahme der Nachforderung im Regelfall nur bis zum Grenzwert nach dem Heizspiegel erfolgen."

Auch im Landkreis Börde nutzt man den Bundesheizkostenspiegel, um die "Angemessenheit" von Heizkosten zu ermitteln. Grundsätzlich habe der kommunale Träger auszulegen und festzuschreiben, was bei den Kosten der Unterkunft und Heizung angemessen ist, teilte Pressesprecher Uwe Baumgart mit. Die entsprechende Richtlinie sei im Internet auf der Seite des Landkreises Börde veröffentlicht.

Derzeit lasse der Landkreis entsprechend BSG-Rechtsprechung die ortsüblichen Wohnungsmarktmieten durch ein Forschungsinstitut erheben, um eine repräsentative Übersicht über das aktuelle Mietpreisniveau im Kreis zu erhalten. Die Erhebung wird voraussichtlich im September 2012 abgeschlossen sein.

Bei der KoBa Jobcenter Landkreis Harz beschreiben Pauschalen für Heizkosten lediglich die Nichtprüfungsgrenze, bis zu der diese prinzipiell gänzlich übernommen werden.

"Auch wenn die Kosten höher ausfallen, werden sie grundsätzlich in voller Höhe übernommen - es sei denn, dem Leistungsempfänger kann ein individuell verschwenderisches Verhalten nachgewiesen werden. Analog wird mit Nachforderungen bei den Jahresabrechnungen für Heizkosten verfahren", versichert Pressesprecherin Mandy Bantle.