Teure Stars, schlechte Stimmung: Bei Zenit kracht es
Moskau - Kaum hat der neue Superstar Hulk seinen Dienst beim russischen Fußball-Meister Zenit St. Petersburg angetreten, kracht es beim Titelverteidiger gewaltig.
Angesichts des teuren Neuzugangs - Zenit überwies angeblich 60 Millionen Euro an den FC Porto - sind in der Mannschaft große Gräben aufgesprungen. Vor allem Kapitän Igor Denissow fordert lautstark Respekt für die russischen Spieler ein. Im Gegenzug stellt Zenit den Mittelfeldmotor als Raffke dar und schiebt ihn wie auch Torjäger Alexander Kerschakow ins Nachwuchsteam ab.
Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt: In der Champions League setzte es eine 0:3-Klatsche beim FC Malaga, in der Liga rutschte der Topfavorit auf Rang Fünf ab. "In der Mannschaft herrscht Unruhe", räumt auch der italienische Trainer Luciano Spalletti ein. Dabei wollte der vom Staatskonzern Gazprom mit Millionen unterstützte Club doch mit Hulk und dem Belgier Axel Witsel (für 30 Millionen Euro von Benfica Lissabon) endlich zum Angriff auf Europas Fußballthron blasen. Doch der "Fall Denissow" droht, den Höhenflug jäh zu bremsen.
Offen zutage traten die Differenzen, als Denissow sich am vergangenen Wochenende weigerte, im Ligaspiel bei Krylja Sowjetow Samara (2:2) aufzulaufen. Der Spieler habe "ultimativ" einen kräftigen Gehaltsaufschlag verlangt, teilte Zenit mit. Der Verein lehnte ab. "Denissow hat einen der besten Verträge in Russland", sagte Generaldirektor Maxim Mitrofanow der Zeitung "Sport Express". Angeblich verdient der 28-Jährige jährlich drei Millionen Euro.
Es gehe nicht um ihn, sagt Denissow. Er versteht sich als Advokat der russischen Spieler, "auf die Zenit immer angewiesen ist". Deren Gehälter müssten an das Niveau der ausländischen Stars angepasst werden. "Sind die Neuen soviel besser als die aktuellen Führungsspieler, dass sie dreimal mehr verdienen sollen?", fragt er.
Dieses "Ungleichgewicht", das Denissow beklagt, hat auch der frühere Bundesligaprofi Dietmar Beiersdorfer zu verantworten. Der neue Sportdirektor war erst vor kurzem für seinen teuren Doppelschlag auf dem Transfermarkt gefeiert worden. Nun kritisieren Medien, der Vereinsführung gehe es offenbar nur um kurzfristigen sportlichen Erfolg. Ohnehin stehen die Zenit-Verantwortlichen im Ruf, impulsive Entscheidungen zu treffen. Trotz der jüngsten Erfolge wackelt nun auch Trainer Spalletti vor dem Spitzenspiel bei Lokomotive Moskau.
Eine schnelle Lösung des Konflikts ist nicht zu erwarten. Während der Verein eine Entschuldigung fordert, erhält Denissow Rückendeckung vom neuen Nationaltrainer Fabio Capello. Spallettis Landsmann kündigte demonstrativ an, den Aussortierten weiter zu berufen, den er unlängst zum Kapitän der Sbornaja ernannt hatte.
Nun stehen die Zeichen auf Trennung: Angeblich bemüht sich der FC Liverpool schon um Denissow. Zenit habe als Ersatz den Niederländer Kevin Strootman von der PSV Eindhoven im Visier, berichtete die Zeitung "Iswestija". Der teure Neuzugang Hulk aber sitzt zwischen allen Stühlen. Eine Bitte des Stürmers zu einem Gespräch hätten die alteingesessenen Spieler rundweg abgelehnt, schrieb das Blatt.