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Schlafstörungen Mit Video: Alpträume, Schnarchen und Atemaussetzer - Hilfe im Schlaflabor in Halle 

Viele Menschen in Sachsen-Anhalt leiden nachts unter Atemaussetzern und wachen erschöpft auf. Wie Experten im Krankenhaus Martha-Maria in Halle bei Schlafapnoe die richtige Therapie finden - und was generell gut für den Schlaf ist.

Von Olga Kühn Aktualisiert: 22.02.2024, 08:32
Probeweise verkabelt: Schlafmediziner Steffen Schädlich befestigt zu Demonstrationszwecken Elektroden und Messgerät an unserer Autorin Olga Kühn.
Probeweise verkabelt: Schlafmediziner Steffen Schädlich befestigt zu Demonstrationszwecken Elektroden und Messgerät an unserer Autorin Olga Kühn. Foto: Anna Lena Giesert

Halle/MZ. - Ein nüchternes Krankenhausbett, eine Kamera an der Decke, auf der Stirn und hinter den Ohren kleben Elektroden, am Oberkörper verlaufen Kabel: So sieht es aus, wenn man Patient im Schlaflabor im Martha-Maria-Krankenhaus in Halle-Dölau ist. Und so ausgestattet soll geschlafen werden, wenn man ohnehin schon schlecht schlafen kann?

„Es war sehr ungewohnt, weil überall etwas klebt“, erzählt Gerda Meier. Sie hat gerade drei Nächte im Schlaflabor verbracht. Seit 17 Jahren ist sie Busfahrerin. Deshalb muss sie immer hellwach sein bei der Arbeit – und daher gut ausgeschlafen. Um das zu gewährleisten, ist sie jetzt hier. Denn zuletzt fühlte sie sich nach dem Aufstehen mitunter erschöpft. Die Ursache dafür war zunächst unbekannt.

 
Besuch im Schlaflabor vom Krankenhaus Martha-Maria in Halle-Dölau. (Video: Anna Lena Giesert)

Dann fiel einer Ärztin während einer Kur auf, dass die 57-Jährige, die in Wirklichkeit einen anderen Namen trägt, im Schlaf unter Atemaussetzern leidet. Im Schlaflabor des Martha-Maria-Krankenhauses versucht man nun, ihr zu helfen.

Eine Maske zum Atmen gegen Schlafapnoe

Gerda Meier ist kein Einzelfall. Laut einer Studie der Krankenkasse Barmer leiden rund sieben Prozent der Menschen in Sachsen-Anhalt unter Schlafstörungen. Im Jahr 2022 wurden demnach im Land 146.000 Fälle registriert. Das sind 51 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren.

Das Schlaflabor im Martha-Maria-Krankenhaus, eines von rund einem Dutzend in Sachsen-Anhalt, ist daher gut ausgelastet. „Wenn man ab und zu nicht schlafen kann, ist das noch keine Erkrankung“, erklärt Dr. Steffen Schädlich, der die Einrichtung leitet. „Aber wenn das immer wieder auftritt, dann sollte man nach der Ursache forschen“, betont der Schlafmediziner.

90 Prozent der Fälle in seinem Labor sind Patienten mit Atmungsstörungen, auch Schlafapnoe genannt. Die Betroffenen fühlten sich chronisch müde und tagsüber unkonzentriert, erläutert Schädlich. Außerdem werde dadurch die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt.

Dr. Steffen Schädlich leitet das Schlaflabor im Martha-Maria-Krankenhaus in Halle-Dölau.
Dr. Steffen Schädlich leitet das Schlaflabor im Martha-Maria-Krankenhaus in Halle-Dölau.
(Foto: Olga Kühn)

„Wenn man ab und zu nicht schlafen kann, ist das noch keine Erkrankung.

Dr. Steffen Schädlich

Im schlimmsten Fall könne es zu einer Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff kommen. Die Folgen könnten Herzinfarkte und Schlaganfälle sein. Daher geht man im Schlaflabor der Sache nach: „Wir gucken uns objektiv an, wie ein Patient wirklich schläft. Man selbst kann nicht einschätzen, wie gut oder schlecht man schläft“, erläutert Steffen Schädlich.

Das sei wichtig, um am Ende die richtige Behandlung zu wählen. Dafür müssen Patienten zunächst wie Gerda Meier drei Nächte stationär im Schlaf beobachtet werden. Eine Nacht, um die Diagnose zu stellen, und zwei weitere Nächte, um eine Therapie individuell auf den Patienten abzustimmen.

Dazu brauchen die Schlafexperten Daten: Gemessen werden mit Elektroden Werte wie Sauerstoffgehalt im Blut, Hirnströme, Muskel- und Augenbewegungen sowie die Herzfrequenz. Ein Schlauch an der Nase misst die Atemfrequenz, in einem kleinen weißen Gerät, befestigt mit zwei Gurten auf der Brust, läuft die Messtechnik zusammen. Es sendet die Schlafdaten per Bluetooth direkt in den Computer des Labors.

Auch, wenn die Situation für Patienten zunächst gewöhnungsbedürftig ist, schläft man heutzutage im Labor schon viel bequemer als früher. Dann während zuvor alle Messgeräte an einem festen Platz verankert waren, ermöglicht nun die moderne Datenübertragung den Patienten mehr Bewegungsfreiheit im Schlaf. „Man versucht, die beste Position zu finden“, erzählt Gerda Meier über ihre erste verkabelte Nacht.

Gewichtsabnahme kann den Schlaf verbessern

Doch was folgt nach den Übernachtungen dort, wie kann Patienten dauerhaft geholfen werden? Eine gängige Behandlung für nächtliche Atemaussetzer ist die Nasen- oder Atemmaske. Dieses Gerät erzeugt einen Überdruck, der das Einatmen erleichtert und das Schnarchen sowie die Atemaussetzer verringert – oder sogar ganz beseitigt. Das Gehirn des Patienten kann so mit ausreichend Sauerstoff versorgt, werden.

Die Maske wird nach der Diagnose im Schlaflabor passend für jeden Patienten eingestellt. Dann nehmen die Betroffenen sie mit nach Hause und schlafen dort jede Nacht mit ihr auf dem Gesicht. Viele müssen die Maske ihr Leben lang tragen, um Atemaussetzer zu verhindern. Steffen Schädlich vergleicht sie zur Veranschaulichung daher mit einer Brille: Sobald man sie absetzt, verliert sie ihre Wirkung.

Wie die Behandlung daheim anschlägt, wird bei Folgeterminen ausgewertet, in der Regel beim Facharzt. Die Maske verfügt über einen elektronischen Speicher für wichtige Daten. Es wird aufgezeichnet, wie oft sie benutzt wird, welcher Luftdruck bei der Atmung erzeugt wird und wie oft es in der Nacht zu Aussetzern kommt.

Das Gerät zeigt dem Benutzer auch mit Symbolen an, wie gut oder schlecht der Schlaf tatsächlich war. Über eine App können alle Daten auf das Smartphone übertragen werden, die Entwicklung der Werte kann man so verfolgen.

Den Behandlungsprozess können Patienten zudem durch eigenes Verhalten unterstützen. So ist etwa Übergewicht ein Faktor dafür, dass es zu Schlafapnoe kommen kann. Eine Gewichtsreduktion kann hilfreich sein, um den Schlaf zu verbessern. Steffen Schädlich berichtet von Fällen, in denen Betroffene dadurch sogar auf die Maske als Hilfsmittel verzichten konnten.

Lange Wartezeit im Schlaflabor

Wichtig ist aber zunächst einmal, dass überhaupt die richtige Diagnose gestellt wird. Bei Gerda Meier war es ein Zufallsfund während einer Kur. Bei anderen Betroffenen bemerken beispielsweise die Lebenspartner starkes Schnarchen oder Atemaussetzer.

Wenn der Verdacht auf Schlafapnoe besteht, gilt grundsätzlich: Bevor man sich im Schlaflabor anmeldet, sollte man mit dem Hausarzt und niedergelassenen Fachärzten absprechen, ob das Labor der richtige Ort für die Diagnostik ist.

„Es sollte so viel wie möglich im ambulanten Bereich abgeklärt werden“, sagt Schädlich. Vielen Betroffenen kann dort schon geholfen werden. Ein Platz im Schlaflabor ist nämlich begehrt: Die Wartezeit kann bis zu 18 Monate betragen. Für Härtefälle gebe es in der Regel aber innerhalb von vier Wochen einen Termin.

Gerda Meier hat die ersten Schritte ihrer Behandlung nun hinter sich und verlässt das Labor. „Den ersten Tag hier, ohne Maske, war ich noch richtig groggy morgens“, sagt sie.

Doch mit der Diagnose und dem individuell angepassten Gerät hat sich ihr Schlaf bereits jetzt geändert. „Es geht mir schon etwas besser, ich habe nachts nicht mehr so viele Aussetzer.“ Bei der Nachuntersuchung beim Facharzt wird sich in einigen Wochen zeigen, ob sie endlich wieder dauerhaft gut schläft.

Tipps für guten Schlaf: Das raten Experten

Schlaf ist nicht gleich Schlaf, erklärt Mediziner Steffen Schädlich. Demnach gibt es den Tiefschlaf, den stabilen Leichtschlaf und den Traumschlaf, auch REM-Schlaf genannt. Im Tiefschlaf erholt sich der Körper, bei Kindern werden in dieser Phase zum Beispiel Wachstumshormone produziert.

Der Leichtschlaf dient der Wiederherstellung eines ausgeglichenen Stoffwechsels. Der Traumschlaf ist wichtig für die Verarbeitung von Tagesereignissen und für die Speicherung von Erinnerungen im Gedächtnis. Der Schlaf wechselt zwischen den diversen Phasen. „Währenddessen werden auch die Abfallstoffe abgebaut, die sich tagsüber angesammelt haben“, sagt Schädlich.

Im Schlaf werden diese chemischen Abfallstoffe, die bei der Wachfunktion des Gehirns entstehen, sowie tote Zellen über die Lymphe, einer körpereigenen Flüssigkeit, abtransportiert.

Von Schlafstörungen betroffen sind in Sachsen-Anhalt laut Barmer vor allem Menschen ab 60 Jahren (13 Prozent), doch auch bei Jüngeren steigen die Zahlen: In der Gruppe der 20- bis 29-Jährigen sind drei Prozent betroffen, bei den 40- bis 49-Jährigen sind es 6,2 Prozent.

Auch die nächste Zeitumstellung Ende März kann ein Faktor sein, der sich womöglich temporär negativ auf den Schlaf auswirkt und einen ohnehin gestörten Schlafrhythmus zusätzlich durcheinanderbringt, sagen Experten. Doch welche Tipps gibt es für guten Schlaf?

Forscher vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie empfehlen regelmäßige Zubettgeh- und Aufstehzeiten, keine schwer verdaulichen Mahlzeiten und keinen Alkohol am Abend, Schlafmittel nur auf ärztlichen Rat sowie im Schlafzimmer angenehme Temperatur und Verzicht auf Fernseher, Arbeit und Smartphone.