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Fußball Franz: "Spieler müssen charakterlich passen"

Maik Franz hat in den vergangenen 18 Monaten als Assistent der Geschäftsführung die Entwicklung beim 1. FC Magdeburg mitgeprägt.

Von Manuel Holscher 21.07.2017, 01:01

Magdeburg l Mit der Volksstimme sprach Franz über den Transfer von Andreas Ludwig, Pay-TV in der 3. Liga und die Ziele des FCM.

Herr Franz, haben Sie bereits ein Pay-TV-Abo für die anstehende Drittliga-Saison abgeschlossen?

Maik Franz: Bei mir hat es sich tatsächlich so ergeben, dass ich beim Umzug meinen Anbieter so gewählt habe, dass ich auch die Drittligaspiele sehen kann.

Erstmals zeigt die Telekom alle Spiele in der 3. Liga live. Allerdings können die Spiele nur gegen Bezahlung gesehen werden. Wie sehr gefährdet das Pay-TV-Modell die Popularität der Liga?

Das ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite wertet ein solches Engagement die Liga auf. Problematisch ist, dass es sich nicht jeder Fan leisten kann und somit auf einige Partien verzichten muss, weil im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht mehr so viel zu sehen sein wird. Eine erste Bewertung, wie das Pay-TV-Angebot angenommen wird, wie gut sich der Anbieter präsentiert hat und wie sich das auch auf die 3. Liga auswirkt, kann man aber erst nach ein paar Monaten abgeben. Interessant wird sein, ob die öffentlich-rechtlichen Sender echte Highlight-Partien bekommen oder eher Spiele, die nicht so interessant sind.

In der vergangenen Saison wurden 37 von 38 FCM-Partien entweder im Stream oder im öffentlich-rechtlichen Fernsehen übertragen. Das ist jetzt wohl nicht mehr möglich. Wie oft haben Sie sich bereits über den neuen Pay-TV-Deal geärgert?

Geärgert habe ich mich nicht. Ich bin ein positiv denkender Mensch und möchte dem Ganzen erst mal eine Chance geben. Für die Vereine gibt es durch den TV-Deal ja auch eine wirtschaftliche Komponente, die natürlich positiv zu bewerten ist. Sicherlich ist es aber ungewohnt, weil der FCM in der vergangenen Saison fast zu 100 Prozent präsent war. Vielleicht kommt durch die Veränderungen, dass nicht mehr alles im Free-TV läuft, aber auch der ein oder andere Zuschauer mehr zu den Drittligaspielen.

Der DFB machte in der Sommerpause Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass die U-20-Nationalmannschaft Chinas außer Konkurrenz in der Regionalliga Südwest starten soll. Was halten Sie von dieser Idee?

Da ich nicht voll über dieses Thema informiert bin, möchte ich das auch nicht allzu sehr bewerten. Aus der Ferne gibt es aufgrund der Kooperation des DFB mit China für diesen Schritt zwar eine Erklärung. Trotzdem finde ich das aber unabhängig vom Land, egal, ob es um Südkorea, Japan, China oder Neuseeland geht, etwas befremdlich, wenn eine Junioren-Nationalmannschaft im Liga-Alltag mit dabei ist.

Der FCM hat mit Andreas Ludwig einen Spieler verpflichtet, dessen Marktwert 750 000 Euro beträgt. Wie konnte er finanziert werden?

Wir hatten Andreas schon länger im Auge. Er hatte in Holland beim FC Utrecht eine richtig gute erste Saison gespielt. In der letzten Spielzeit kam er durch eine Rot-Sperre und eine Leistenverletzung nicht mehr so zum Zug wie in der ersten Saison. Für uns hat schließlich vieles mit reingespielt. Wir sind zu einem guten Zeitpunkt an Andreas herangetreten, und er war vom FCM, unserer Philosophie und dem Drumherum mit der Euphorie der Fans überzeugt. Auch wenn wir den Aufstieg knapp verpasst haben, ist der Kontakt zu ihm nicht abgerissen. Auf Vertragsdetails kann und möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen, nur so viel, wir haben eine Lösung gefunden, mit der Spieler und Verein zufrieden sind. Andreas ist ein Spieler, der den Unterschied ausmachen kann. Er hat in der Vorbereitung gezeigt, dass er eine hohe Ballsicherheit hat und den finalen Pass spielen kann.

War dieser Wechsel eine Ausnahme oder der Auftakt für weitere ähnliche Transfers?

Das Wichtigste ist, dass ein Spieler vom Charakter sowie von der Einstellung zu uns passt und dass er Lust auf den 1. FC Magdeburg hat. Es bringt uns nichts, wenn jemand zwar 150 Erst- und 200 Zweitliga-partien gemacht hat, bei uns aber nur noch mal abkassieren und sich einen schönen Fußballnachmittag machen will. Wenn aber Spieler mit einer solchen Vita richtig Lust haben, sich in den Dienst der Mannschaft zu stellen, dann sind sie herzlich willkommen. Das Ganze muss aber auch immer wirtschaftlich machbar sein. Wir entwickeln uns diesbezüglich zwar stetig weiter, gehören aber wirtschaftlich nicht zu den Top-Vereinen der 3. Liga.

Wie lange dauert es, bis Sie sich für einen Spieler entscheiden?

Wir haben im Bereich Scouting den nächsten Schritt gemacht und beobachten potenzielle Neuzugänge immer über einen längeren Zeitraum, um zu wissen, wie sie sich entwickeln. Wir wissen genau, auf welchen Positionen wir noch Bedarf haben, und können dann auch relativ schnell reagieren, weil wir einen guten Überblick über interessante Spieler, die uns verstärken könnten, und den Markt haben. Das war zuletzt bei Steffen Schäfer so. Wir haben jemanden gesucht, der schnell ist und über eine gute Spieleröffnung verfügt. Mit Steffen ging es dann relativ schnell, weil er genau in dieses Profil passte und er sich auch einen Wechsel vorstellen konnte.

Welche Rolle spielen die Berater?

Wir versuchen immer aktiv zu sein. Das bedeutet, dass wir uns wenig Spieler anbieten lassen wollen, sondern lieber selber gucken, wer für uns interessant sein könnte, und dann den Kontakt suchen. Das ist für uns eine gute Situation, weil wir den Kader wie in dieser Saison recht früh komplett hatten mit Spielern, die wir wirklich wollten und die wir nicht unter Druck verpflichten mussten. Wirklich sehen wird man den Charakter eines Spielers aber immer erst, wenn die ersten persönlichen Rückschläge kommen, wenn jemand mal nicht spielt oder es mit der Mannschaft nicht so läuft.

Sie haben selber in der Bundesliga gespielt. In den vergangenen Jahren ist der FC Bayern dem Rest der Liga finanziell enteilt. Spannung ist selten. Schauen Sie sich Bundesligapartien noch mit Spaß an?

Selten. Ich habe allergrößten Respekt vor dem FC Bayern und bin auch Fan von der Arbeit, die dort geleistet wird. Was die Verantwortlichen dort auf die Beine stellen, ist grandios. Trotzdem ist es teilweise auch langweilig. Am Ende ist eigentlich auch in dieser Saison klar, dass der FC Bayern Meister wird. So etwas ist vom Spannungsbogen her schon öde. Ich gucke mir zu Saisonbeginn gar kein Bundesligaspiel an, weil es mich nicht packt. Das ändert sich erst gegen Ende der Spielzeit. Man muss aufpassen, dass nicht alles zu geradlinig und festgefahren ist. Irgendwann bleiben sonst die Zuschauer weg, und die Fans sind im Fußball immer noch das Wichtigste.

Der FCM betont, dass der Verein keine Ablösesummen zahlt. Wie lange können Sie diese Philosophie halten?

Die Uhren ticken in der 1. und 2. Bundesliga noch mal anders. Dort würde es schon schwerer werden, nur ablösefreie Spieler zu verpflichten. Ich glaube, dass es für die 3. Liga ein sehr guter Ansatz ist, diese Philosophie zu verfolgen.

Viele ehemalige Bundesliga-Spieler arbeiten als Funktionäre in der 1. Liga. Warum sind Sie zum FCM und nicht in die Bundesliga gegangen?

Ich hatte eine tolle Zeit als Fußballer. In meiner neuen Tätigkeit habe ich aber bei null angefangen. Mein Anspruch ist immer, dass ich, wenn ich etwas anfange, es dann auch richtig gut mache. Beim FCM hat die Konstellation Anfang 2016 sehr gut gepasst. Rückblickend gesehen war es genau der richtige Schritt. Für alle Beteiligten war und ist es eine Win-win-Situation. Die Bundesliga war für mich 2016 natürlich kein Thema, weil ich ein Newcomer war und auch die Gefahr besteht, dass man schnell verbrennt. Für Ex-Fußballer, die gerade aufgehört haben, ist es nicht so einfach, den Schritt ins „normale Leben“ zu machen. Denn eine Karriere als Fußballprofi ist alles andere als normal. Viele Fußballer leben in einer Wohlfühloase, verdienen richtig gutes Geld und müssen sich nach dem Karriereende erst mal umstellen. Ich bin froh, dass mir dieser Übergang gut gelungen ist.

Was ist mit einem Traditionsverein wie dem FCM mittelfristig möglich?

Es ist wichtig, dass wir uns nicht blenden lassen. Wir sind kein Zweitligist, sondern ein Drittligist. Das ist die Realität. Es ist schade, dass der Aufstieg nicht geklappt hat, weil wir dadurch in vielen Bereichen sofort ein bis zwei Schritte hätten gehen können, ob im Nachwuchsbereich, der Infrastruktur oder in vielen anderen Bereichen. In der 3. Liga dauern diese Schritte jetzt etwas länger. Aber auch hier sind wir auf einem sehr guten Weg, alle arbeiten hart für den Erfolg des FCM. Egal, ob Spieler, Verantwortliche oder Fans. Wichtig ist, nur als Einheit sind wir stark und erfolgreich. Auf der anderen Seite dürfen wir uns nicht kleiner machen, als wir sind. Ich halte nichts davon, auf die Euphoriebremse zu treten, wichtig ist aber, dass wir Respekt vor den Aufgaben in dieser ausgeglichenen Liga haben. Das nächste Ziel ist die Partie in Großaspach. Darauf konzentrieren wir uns und denken in diesem schnelllebigen Geschäft nicht zu weit in die Zukunft.

Weitere Infos und Videos zum FCM finden Sie hier