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Profifußball Harte Arbeit in der FCM-"Traumfabrik"

Achilleas Oikonomidis ist eines von vielen Talenten, das in der FC Magdeburg-Nachwuchsschmiede von einer großen Profi-Karriere träumt.

Von Janette Beck 03.01.2019, 00:01

Magdeburg l Essen, lernen, Zusatzsport, essen, lernen, trainieren. Quatschen mit den Kumpels beim Abendbrot. Etwas Freizeit oder noch ein bisschen für den nächsten Test büffeln. 21.30 Uhr Nachtruhe – und von der Profi-Karriere träumen: Seit September ist das der Rhythmus, mit dem Achilleas Oikonomidis mit muss. 194 Schultage im Jahr. Doch der FCM-Kicker, der morgen seinen 15. Geburtstag feiert, findet es „okay“ so. „Es ist das, was ich will.“

Dabei ist der Alltag in der Fußball-Traumfabrik „kein Zuckerschlecken, sondern harte Arbeit“, betont Sören Osterland, sportlicher Leiter des Nachwuchsleistungszentrums des FCM. „Wir setzen auf eine ganzheitliche Ausbildung, legen also großen Wert auf Sport, Schule und Persönlichkeitsentwicklung. Das Pensum ist für die Jungs in dem Alter schon brutal, sie sind ja von früh bis spät buchstäblich auf den Beinen. Da ist mancher Acht-Stunden-Bürojob nicht so anstrengend.“

Im Internatszimmer 233 klingelt der Wecker bereits um 6 Uhr. „Meistens bleiben mein Zimmerkollege Marvin und ich noch liegen – wir sind beide eher Typ Langschläfer“, erzählt Achilleas Oikonomidis, der aus Aschersleben stammt. Zähne putzen, frisch machen – das gehe in ihrem Alter ohne Rasieren und großes Styling ja noch schnell, grinst er. Um 6.30 Uhr geht’s rüber zum Frühstück in die Mensa. Das Nutella-Brötchen müsse sein, so der Neuntklässler. „Das Essen ist okay. Es ist halbwegs sportgerecht und man wird satt.“ Gegen das Gyros von Mama Maria komme eh nichts ran, verrät der Fußballer mit griechischen Wurzeln. Die Familie, die seit 24 Jahren in Deutschland lebt, betreibt in Aschersleben ein Restaurant. Das Fußball-Talent wurde ihm übrigens in die Wiege gelegt. Sowohl Vater Vasili als auch Onkel Gerasimos haben einst für PAS Giannina in der ersten griechischen Liga gespielt.

Um 7 Uhr beginnt am Magdeburger Sportgymnasium, einer „DFB-Eliteschule des Fußballs“, der Unterricht. Bis 14.45 Uhr wird gepaukt – unterbrochen vom 2.  Frühstück (8.30 Uhr) und Mittagessen (12.30 Uhr). Zweimal in der Woche vormittags steht Zusatzsport auf dem Stundenplan – ein „Festtag“ für die fußballverrückten Teenager. Dass es danach mit Mathe, Deutsch oder Bio weitergeht, finden sie indes „weniger prickelnd“. Einziger Trost: Am Nachmittag ist wieder Fußball angesagt. Das Mannschaftstraining, fünfmal die Woche, ist regulär nach dem Vesper zwischen 16 und 18 Uhr angesetzt.

Das Klischee, dass Fußballer außer Fußball nicht viel im Kopf haben, scheint allerdings überholt. Achilleas Oikonomidis, Lieblingsfach Astronomie („Physik ist dagegen eine Katastrophe“), sagt von sich: „Ich bin ganz gut in der Schule, aber kein Streber.“ Das Lernen falle ihm leicht. Zum Glück. „Die Mama sagt immer: ,Achilleas, zuerst kommt die Schule! Eine gute Bildung ist wichtig. Erst dann kommt Fußball.‘“ Dass er keine Flausen im Kopf haben dürfe und ihnen nichts geschenkt wird, sei ihm bewusst: „Wie alle in meiner Klasse träume ich davon, mit Fußball irgendwann mein Geld zu verdienen. Am liebsten natürlich beim FCM. Dafür muss ich hart arbeiten.“ Und trotzdem, gibt Vater Vasili zu bedenken, „schaffen es nur ganz wenige nach ganz oben. Das weiß Achilleas, und das wissen wir. Neben Talent, Ehrgeiz und harter Arbeit brauchst du auch immer Glück. Und wie schnell kommt wie bei meinem Bruder eine schwere Verletzung dazwischen, dann ist plötzlich alles aus und vorbei. Umso wichtiger ist die Schule.“

Klassenlehrerin Almuth Steinhoff hat den Hut für die 9c auf – eine reine Fußballer-Klasse mit 20 Jungs und fünf Mädchen. Sie zeichnet von Achilleas das Bild eines Musterschülers: „Er ist Leistungsträger, weiß, was er will, und zieht die anderen mit. Ich bin froh, dass ich ihn habe.“ Es sei nicht selbstverständlich, dass alles so gut passe wie in ihrer Klasse, zumal Anfang des Schuljahres neben Achilleas noch fünf weitere „Neue“ dazugekommen sind. Alle vier vom Erzrivalen HFC. Und mit dem verbindet den FCM bekanntlich eine Hassliebe. „Aber anders als erwartet war das überhaupt kein Problem. Die Hallenser Jungs sind super aufgenommen worden, alle sind eine Bereicherung für die Klasse“, schwärmt die engagierte Lehrerin. Was vielleicht auch an dem von ihr initiierten „Teambuilding“ vor Beginn des Schuljahres lag. In Abstimmung mit den Nachwuchs-Trainern des FCM hatte man sich beim Kanu-Paddeln und Parcour-Training kennengelernt und zusammengerauft.

Mit dem Wechsel von Halle nach Magdeburg ist „Achi“ völlig im Reinen. Auch wenn die FCM-Trainer auf ihn und seine Eltern zugekommen seien, von einem „Abwerben“ könne keine Rede sein: „Ich wäre auch so gegangen, denn in Halle hat vieles einfach nicht gepasst. Und weil die Jungs von der Landesauswahl von den Bedingungen in Magdeburg geschwärmt haben, dachten mein Vater und ich: Schauen wir uns das mal an.“

Die Vorschusslorbeeren scheinen gerechtfertigt, denn nach einem halben Jahr zieht er ein positives Fazit: „Ich fühle mich wohl in Magdeburg. Wir haben viel Spaß und auch der Erfolg ist da. Wir liegen in der Regionalliga auf Rang vier, punktgleich mit dem Dritten, Union Berlin. So gut war wohl schon lange keine U 15 mehr beim FCM.“

Im Vergleich zu Halle seien die Trainingsinhalte besser, die Platzverhältnisse sowieso. Zudem ist die räumliche Nähe zu den Profis gegeben. So habe man die Vorbilder stets vor Augen. „Beim FCM ist alles besser organisiert. Professioneller. Und familiärer. Hier fahren die Eltern sogar zu den Auswärtsspielen mit. Trainer, Lehrer und Erzieher im Internat – alle kümmern sich.“ Jeder Spieler bekomme vom Trainer seine Chance und jeder könne sich so weiterentwickeln. „Besser geht‘s nicht.“

Das Kompliment kann U- 15-Trainer Matthias Buszkowiak an seinen zentralen Abwehrspieler nur zurückgeben: „Achilleas ist ein guter Junge. Innerhalb kurzer Zeit hat er sich zum Führungsspieler gemausert.“ Er sei fleißig, bodenständig und verfüge als Organisator der Abwehr über Spielintelligenz und viel Übersicht auf dem Platz. „Vor allem aber ist ,Achi‘ ein Kämpfer. Er gibt alles für die Mannschaft und lebt die Magdeburger Tugenden.“ Das sei die Grundvoraussetzung, um beim FCM durchzustarten. Das große Ziel, den Sprung in die erste Mannschaft zu packen, steht über allem.

Die Arbeit im Nachwuchsbereich sieht der 26-jährige Coach als „enorme Herausforderung“ an. Zum einen, „weil die Konkurrenz groß ist“. Denn der FCM befindet sich im „magisch anziehenden Dreieck“ der finanzkräftigen Erstligisten RB Leipzig, Hertha BSC Berlin und Vfl Wolfsburg. Deren Nachwuchsleistungszentren sind top ausgestattet, was dem „Abwerben“ von Talenten Vorschub leistet. Und zum anderen: „Die Jungs sind in einem schwierigen Alter. Sie optimal zu fördern, ist eine Gratwanderung zwischen Zuckerbrot und Peitsche“, so Buszkowiak.

Was seine Schützlinge gelernt haben, können sie am Wochenende beim Pape-Cup in der Getec-Arena unter Beweis stellen. Beim Schaulaufen der U-15-Kicker, zu dem sich übrigens auch der Block U als Unterstützung der „Magdeburger Jungs“ einfindet, präsentieren sich unter anderem 15 Bundesliga-Teams. Nach Angaben von Turnierleiter Lutz Pape sind traditionell auch bis zu 20 Scouts und Spielerberater vor Ort und halten Ausschau nach Talenten. Doch die hat Achilleas Oikonomidis nicht auf dem Schirm: „Ich will es beim FCM schaffen und nirgendwo anders.“

Hier der Kommentar zum Thema.

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