1. Startseite
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Im Feld und am Computer: Bundeswehr übt Auslandseinsätze

Im Feld und am Computer: Bundeswehr übt Auslandseinsätze

28.01.2014, 18:51

Gardelegen - Rund 20 Soldaten sitzen in langen Reihen in der Einsatzzentrale. Über die Bildschirme bewegen sich blaue und rote Punkte. Fernab rollen gleichzeitig zwei Dutzend Kampfpanzer durch den Schnee der Colbitz-Letzlinger Heide. Doch ein scharfer Schuss fällt nicht. Im Gefechtsübungszentrum Letzlingen übt die Bundeswehr ihre Einsätze in Krisenregionen - und setzt dabei auf modernste Technik.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen ist am Dienstag mit auf dem Gelände - und schaut sich die Übung an. "Ich erlebe hier eine hochkomplexe Situation, die geübt wird. Eine Gefechtssituation", sagt von der Leyen später vor Journalisten. Sie sei beeindruckt, wie hoch spezialisiert die Technik ist und alles ineinandergreife.

Computer auf der einen Seite, schweres Material auf der anderen Seite. "Das hat den Vorteil, dass wir möglichst realitätsnah üben können - und das ohne Gefahr für die Soldaten", sagt Nils Bögelsack, der in der Zentrale den Übungsablauf überwacht. An dem simulierten Gefecht nehmen mehr als 600 Soldaten des Panzerbataillons 413 aus Torgelow in Mecklenburg-Vorpommern teil. Sie sind die blauen Punkte auf den Bildschirmen; rote Punkte simulieren den imaginären Feind.

Alle Soldaten und Waffen sind mit Sensoren und Funkübertragung ausgerüstet. Auf den Computermonitoren kann jeweils geprüft werden, welcher Panzer mit einem simulierten Geschoss wohin geschossen und was er getroffen hat oder wie viel imaginäre Munition noch an Bord ist. Alles wird so weit möglich realistisch dargestellt. Es kracht und blitzt. Dafür ist ein "Kanonendarstellgerät" zuständig, wie Bundeswehrsprecher Hagen Messer erläutert. In der Übung sorgt es für Geräusche, Blitze und Rauchentwicklung.

Überwachung ist hier überall das A und O. Funksprüche können mitgeschnitten, Bewegungen auch noch in den nächsten Tagen genau verfolgt werden. Denn nach jeder Übung kommt eine umfassende Auswertung. Ein Panzerfahrer kann dann auch später noch genau erkennen, was er in einer brenzligen Situation womöglich falsch gemacht hat. Oder der Chef kann sich das genau ansehen und Extra-Übungen anordnen.

Das überzeugt auch die Verteidigungsministerin. "Das entscheidende ist ja, dass man nicht nur die Situation übt, sondern dass man hinterher auch genau analysieren kann, was ist richtig gelaufen und was ist falsch gelaufen", sagt von der Leyen. Am Rande der Übung spricht sie mit Soldaten, lässt sich Geräte erklären.

Dabei redet sie auch mit einer alleinerziehenden Mutter eines vierjährigen Kindes und lässt sich Probleme bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie erläutern. Eine typische Lösung seien Tagesmütter, sagt von der Leyen. Und die Bundeswehr habe als Arbeitgeber den Vorteil, dass sie viel Platz habe.

Das Gefechtsübungszentrum Letzlingen ist nach Angaben der Bundeswehr das modernste Ausbildungszentrum seiner Art. Alle Soldaten, die in Afghanistan waren, haben hier vor ihrer Abreise noch einmal geübt. Auch Bögelsack, der bei der Bundeswehr Pädagogik studiert hat, war selbst schon in Afghanistan im Einsatz. "Man sollte Einsatzerfahrung mitbringen", sagt der 30-Jährige zu seinem heutigen Job, für den er täglich aus Helmstedt zum Übungsgelände nördlich von Magdeburg pendelt. Das von der Verteidigungsministerin gesetzte Thema Beruf und Familie findet der junge Vater wichtig - auch in der Bundeswehr.

Das Gefechtsübungszentrum Letzlingen liegt auf dem Truppenübungsplatz Altmark, der mit 30 mal 15 Kilometer einer der größten in Europa ist. Einst nutzten es die Nazis als Schießgelände, zu DDR-Zeiten hatte die Sowjetunion hier Atomraketen vom Typ SS20 stationiert, erzählt Marko Wahsner, der als Leitungsstabsoffizier Übungen plant.

Riesige Felder, Wälder oder auch Gebäude einschließlich einer Moschee gibt es dort. Derzeit wird an der Übungsstadt "Schnöggersburg" gebaut. Eine urbane Gegend mit Hochhäusern, einem Fluss oder auch einer U-Bahnstation soll für möglichst realitätsnahe Einsätze entstehen.

Doch auch wenn vieles computergesteuert ist - mit einem Simulator habe das keine Ähnlichkeit, sagt Wahsner. "Der Soldat übt so, wie er kämpft." Während es in einem Flugsimulator klinisch sauber zugehe, stehe bei diesen Übungen der Soldat wirklich im Schnee, friere und habe womöglich obendrein Hunger.