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Vom Maskottchen zum Spieler Die verrückte Basketball-Story von Marius Lau

Immer wieder kommt es im Leben von Marius Lau zu kuriosen Wendungen. Beim seinem Herzensclub Artland Dragons hat er eigentlich jeden Job schon einmal gemacht und erlebt dann doch die vielleicht größte Überraschung.

Von Tobias Brinkmann, dpa 27.12.2020, 12:01
Hauke-Christian Dittrich
Hauke-Christian Dittrich dpa

Quakenbrück (dpa) - Marius Lau suchte den Augenkontakt zu seinen Eltern und Freunden auf der Tribüne. Sein erster Einsatz in der heimischen Arena als Profi der Artland Dragons stand kurz bevor.

Als "unbeschreiblich" beschrieb der heute 20-Jährige den Moment, als er vor knapp einem Jahr für die Zweitliga-Basketballer seines Heimatclubs auflief. Sein Kaugummi gab er kurz vor seiner Einwechslung noch bei einer Freundin am Kampfgerichtstisch ab. Dann ging er auf das Feld. Für den Verein, für den er seit seiner Kindheit als großer Fan, als Hallenboden-Verleger, als Trommler, als Wischer und sogar als Maskottchen am Spielfeldrand mitfieberte.

Im warmen Kostüm von Club-Drache Tobi wurde Lau fast so gefordert wie bei einem Basketball-Spiel. Fünf bis sechs Liter Flüssigkeit benötigte er während eines Matches. Zu dem Job kam er, weil sein Kollege keine Zeit hatte. "Es gibt quasi keine Aufgabe, die Lau bei den Dragons noch nicht innehatte", heißt es auf der Vereins-Homepage. Der Quakenbrücker musste nicht lange grübeln und schlüpfte in sein neues Dress. "Ich bin da so reingerutscht", sagte Lau der Deutschen Presse-Agentur. Dass ihm irgendwann mal die Fans aus der rund 13.500 Einwohner zählenden Kleinstadt in Niedersachsen als Basketballer zujubeln - daran dachte er damals noch nicht.

Zwar fing Lau mit sechs Jahren beim TSV Quakenbrück an - dem Kooperationspartner des damaligen Bundesligisten Artland Dragons - und spielte auch drei Jahre in der Jugend-Bundesliga. Mit 16 Jahren schien seine Basketball-Karriere aber eigentlich beendet. Er erlitt einen "komplizierten Bänderriss", dann wechselte er zum Fußball. Mit 19 Jahren reizte ihn aber wieder die Korbjagd, also schloss er sich wieder dem TSV Quakenbrück in der 5. Liga an - ein Hobby.

Wie auch seine weiteren Tätigkeiten bei den Artland Dragons: Er wischte fleißig das Parkett oder sorgte als Drache Tobi für Stimmung. Die Profi-Mannschaft spielte schon längst nicht mehr in der Bundesliga. 2015 folgte überraschend der Rückzug aus finanziellen Gründen. Erst vier Jahre später kehrte der deutsche Vizemeister von 2007 in die 2. Liga zurück. Wegen Personalproblemen erinnerte sich der Verein im November 2019 an seinen Joker für alle Fälle: Marius Lau. Nach einer Probewoche überzeugte er und wurde in den Profi-Kader integriert. "Ich bin ein Riesenfan, dann dabei zu sein, war surreal", beschrieb der Flügelspieler seine ersten Schritte in der ersten Mannschaft.

"Marius ist ein Quakenbrücker Junge, den mit den Dragons eine völlig verrückte Geschichte verbindet", sagte Geschäftsführer Marius Kröger. Lau gehört zwar nicht zur Startformation, seine Rolle als Ergänzungsspieler wird aber sehr geschätzt. "In der vergangenen Spielzeit hat er sich toll bei uns behauptet und einen großen Schritt nach vorne gemacht. Deshalb wollten wir ihn unbedingt weiterhin um uns wissen, damit diese tolle und verrückte Story auch in der Zukunft noch ein Stück weit weitergeschrieben werden kann", erklärte Kröger.

Neben dem Basketball absolviert Lau eine Ausbildung zum Erzieher in einem Kindergarten. Seine märchenhafte Story verstehen die drei- bis sechsjährigen Kinder vielleicht noch nicht. Aber bei Jugendspielern dürfte seine Geschichte Eindruck hinterlassen. Er sei mit "viel Energie, Willen und Disziplin" seinen Weg gegangen. "Man muss nicht unbedingt aus den USA kommen, um Basketballer zu werden", sagte Lau. "Man kann auch aus Quakenbrück kommen und sehr viel erreichen. Darauf bin ich sehr stolz."

© dpa-infocom, dpa:201227-99-822513/2

Profil Marius Lau