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meterhohe flammen Quedlinburg: Großbrand in Lagerhalle sorgt für Feuerwehreinsatz

Dramatische Szenen haben sich in der Nacht zum Samstag bei einem Großbrand in Quedlinburg abgespielt. Ein Feuerwehrkamerad wurde bei einer Verpuffung eingeklemmt und erlitt schwere Brandverletzungen.

Von Rita Kunze und Dennis Lotzmann Aktualisiert: 01.11.2021, 08:19
Das Foto macht das Ausmaß des Großbrandes der  Lagerhalle im Augustinern in Quedlinburg deutlich: Die Giebelwand wurde bei der Verpuffung herausgedrückt und stürzte das aufgebaute Baugerüst auf das nebenstehende Drehleiterfahrzeug.
Das Foto macht das Ausmaß des Großbrandes der Lagerhalle im Augustinern in Quedlinburg deutlich: Die Giebelwand wurde bei der Verpuffung herausgedrückt und stürzte das aufgebaute Baugerüst auf das nebenstehende Drehleiterfahrzeug. Foto: Holger Mücke/FFW Quedlinburg

Quedlinburg/mz/vs - Meterhoch schlagen die Flammen in der Nacht zum Samstag aus einer Lagerhalle im Augustinern in Quedlinburg. Gegen 1.10 Uhr hat ein Anwohner Polizei und Feuerwehr informiert. Die Hitze ist irgendwann so groß, dass in Häusern auf der anderen Straßenseite – sie wurden von der Polizei evakuiert – Fensterscheiben platzen. Besonders dramatisch: Ein Feuerwehrmann wird bei den stundenlangen Löscharbeiten schwer verletzt.

Wie Tobias Heine, Sprecher des Technischen Hilfswerks (THW) schildert, sind bei einer starken Verpuffung Teile des Mauerwerkes der Lagerhalle nach außen gedrückt und ein am Gebäude stehendes Baugerüst umgerissen worden. Jenes Gerüst wiederum begräbt den Feuerwehrmann, der als Maschinist die Drehleiter bedient, und die Drehleiter unter sich.

Schwer verletzter Drehleiter-Maschinist wird nach Halle geflogen

Der 32-Jährige, der zur Gernröder Ortsfeuerwehr gehört, wird mit schweren Verletzungen ins hallesche Krankenhaus „Bergmannstrost“ – eine Spezialklinik für Brandopfer – geflogen. Er hat nach Volksstimme-Informationen insbesondere an den Armen und am Hals Brandverletzungen erlitten. Es besteht aber keine Lebensgefahr.

Der Schock bei seinen Kameraden sitzt tief. Ihr Kamerad habe sich inzwischen aus dem Krankenhaus bei ihnen gemeldet, sagt einer, und da klingt etwas Erleichterung mit. Dennoch: So etwas haben sie noch nicht erlebt.

Gernröder retten ihren Kameraden unter Lebensgefahr

Zwei von ihnen - ebenfalls Gernröder Wehrleute - hätten den 32-Jährigen unter Einsatz ihres Lebens aus dem Inferno gerettet, sagt Feuerwehrsprecher Holger Mücke. Selbst befreien konnte der Mann sich nicht: Zum Zeitpunkt der Verpuffung sei er auf dem Maschinistensitz des Löschfahrzeugs eingesetzt gewesen.

Warum der Brand ausbrach, ist noch ungeklärt. Laut Polizei waren in der Halle Baustoffe, Sanitärgerätschaften, Gipskartonplatten und Gasthermen gelagert. Wenn es die Temperaturen am heutigen Montag zulassen, will die Polizei mit ihren Experten die Brandermittlungen aufnehmen.

Enorme Hitze sorgt für massive Beschädigungen

Bei Tageslicht zeigt sich am Samstag das ganze Ausmaß der Zerstörung. Die Hitze und das umgestürzte Baugerüst haben das Löschfahrzeug immens beschädigt. An in der Nähe der Halle geparkten Autos sind Plastikteile geschmolzen, bei einem ist die Frontscheibe zerschlagen. „Ein Ziegeldach wäre zusammengefallen“, erklärt Mücke, aber weil das Dach der Halle mit Blechplatten gedeckt gewesen sei, habe sich diese große Hitze entwickelt.

Über 100 Einsatzkräfte zeitweise im Einsatz

Die Gernröder Wehrleute seien nach dem Unglück komplett aus den Löscharbeiten herausgenommen worden, so der Sprecher. Ein Kriseninterventionsteam habe die psychologische Betreuung übernommen. Insgesamt mehr als 100 Einsatzkräfte - Feuerwehr, THW, Rettungsdienst und Polizei – waren vor Ort. Zunächst seien die Feuerwehren aus Quedlinburg und Gernrode ausgerückt, doch schnell sei klar gewesen, dass deren Kräfte nicht ausreichen würden, sagt Oberbürgermeister Frank Ruch (CDU), der sich in der Brandnacht selbst ein Bild vor Ort gemacht hat, später. So seien auch die Wehren in Ditfurt, Thale, Westerhausen und Rieder alarmiert worden. Das THW habe mit einem Radlader Schutt und Trümmer beseitigt, „damit wir arbeiten konnten“, sagt Holger Mücke.

Der Bürgermeister lobt die Zusammenarbeit der Feuerwehren die kommunalübergreifend sehr gut funktioniert habe. Ebenso beim Rettungsdienst von ASB und Malteser-Hilfsdienst: „Da hat ein Rad ins andere gegriffen.“

Anwohner in Sorge: Vor Ort kein einziger Hydrant

Das THW half später auch beim Aufräumen. Das verformte Baugerüst wurde zerschnitten, um es beseitigen zu können, sagt der Sprecher, die instabile Giebelwand wurde eingedrückt und Schutt von der Straße und den Gehwegen geräumt. An dem Einsatz beteiligt waren die THW-Ortsverbände Staßfurt, Halberstadt und Quedlinburg.

Anwohner beobachten die Lösch- und Aufräumarbeiten mit großer Betroffenheit. Eine Frau spricht von einem „Déjà-vu für die ganze Straße“: Es sei der dritte Brand im Augustinern innerhalb von zehn Jahren, in der Straße gebe es keinen Hydranten. „Das ist traurig in einer Weltkulturerbestadt. Hier stehen alles Fachwerkhäuser - mit Holz“, sagt sie. „Ich habe ein bisschen Angst“, setzt ein Anwohner hinzu, „die Autos parken die Straße zu, da kommt kein Feuerwehrfahrzeug durch.“

Das Problem sehen sie in der Diskrepanz zwischen den vielen Ferienwohnungen im Augustinern und den Parkmöglichkeiten in der Straße, die nicht ausreichend vorhanden seien. Da werde die Straße beidseitig zugeparkt, ein Parkverbot von der Stadt nicht genügend durchgesetzt. Solle die Straße von Parksündern durchgängig freigehalten werden, brauche die Stadt im Ordnungsamt „noch drei Leute mehr“, sagt der OB auf Nachfrage. Eine grundlegende Klärung werde es erst mit der Sanierung der Straße geben; Baubeginn soll 2024 sein.

Erst dann wird sich die Frage nach einem Hydranten in der Straße beantworten lassen. Das Löschwasser am Samstag hat sich die Feuerwehr aus Hydranten im Steinweg, in der Weberstraße und Ecke Weberstraße/An den Fischteichen geholt.