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Bundeskunsthalle in Bonn Ist das Kunst oder kann das weg? Große Kippenberger-Schau

Das gibt es nicht so oft - einen Künstler, der von sich sagt: "Ich arbeite daran, dass die Leute sagen können: Kippenberger war gute Laune!" In einer Ausstellung in der Bundeskunsthalle kann sich der Besucher davon anstecken lassen.

Von Christoph Driessen, dpa 31.10.2019, 09:40

Bonn (dpa) - In einem Museum in Dortmund schrubbte eine Putzfrau 2011 einen Kalkflecken weg, der zu einem Kunstwerk von Martin Kippenberger (1953-1997) gehörte. Sie hielt ihn für Dreck.

Viele amüsierten sich damals köstlich darüber. Nur der Besitzer fand es vermutlich gar nicht komisch, denn das Werk hatte einen Versicherungswert von 800.000 Euro. Die Bundeskunsthalle widmet Kippenberger jetzt eine große Übersichtsausstellung unter dem Titel "Bitteschön Dankeschön".

Der gebürtige Dortmunder war Sohn eines reichen Zechendirektors aus dem Revier, schmiss aber die Schule und heuerte mit 16 Jahren auf einem Frachter an, um nach Brasilien zu reisen. Am Ende ist dann doch noch was aus ihm geworden: Heute gilt er als einer der bedeutendsten Künstler seiner Generation. Im Ranking "Kunstkompass" belegt er auf der "Liste der Unsterblichen" Rang 5 hinter Andy Warhol, Joseph Beuys, Sigmar Polke und Louise Bourgeois.

Der laute, Witze erzählende Kippenberger löst auch heute noch Widerspruch aus. Damien Hirst, einer der kommerziell erfolgreichsten Künstler, sagte vor einiger Zeit, er habe "Probleme mit Kippenberger", weil er dessen Arbeiten hässlich finde. Auch in der Bonner Ausstellung grummelt jemand: "Ich finde, das sieht aus, als hätte der vorher getrunken und gekifft."

Drogenerfahrung hatte Kippenberger auf jeden Fall. Er lehnte sich auf, färbte sich die Haare, tauchte zeitweise in die Punkerszene ab. Doch gleichzeitig sei er als Künstler seiner Zeit weit voraus gewesen, sagt Kuratorin Susanne Kleine. Als einer der ersten habe er in den 80er Jahren andere Künstler in seinem Werk intensiv zitiert - Stichwort Picasso-Unterhose: Vielfach porträtierte sich Kippenberger in weißer XXL-Herrenunterhose - und trieb so seinen Spott mit dem Ober-Macho Picasso, der sich dem Fotografen David Douglas Duncan noch als Greis im Feinripp mit Eingriff präsentiert hatte.

"Ich arbeite daran, dass die Leute sagen können: Kippenberger war gute Laune!", sagte der Künstler von sich. Ein Beispiel dafür ist die Arbeit "Martin, ab in die Ecke und schäm Dich". Sie besteht aus einer lebensgroßen Figur, die so überzeugend in der Ecke steht, dass man sie für echt halten kann. Das sei ihm jedenfalls bei der ersten Begegnung so gegangen, erzählt ein Wachmann des Museums. Das Werk war eine Reaktion auf einen Artikel in einer Kunstzeitschrift, der Kippenberger vorgeworfen hatte, ein dem Alkohol verfallener, frauenfeindlicher Zyniker zu sein.

"Diese Ironie, dieses Augenzwinkern gehört auch ein bisschen zu mir, und deshalb bin ich sehr glücklich mit dieser Abschiedsausstellung", freut sich Bundeskunsthallen-Intendant Rein Wolfs. Der Niederländer wechselt nach seinen sehr erfolgreichen Jahren in Bonn zum 1. Dezember ans Stedelijk Museum in Amsterdam. In der niederländischen Presse gab es schon eine leicht stichelnde Bemerkung in die Richtung, dass er während seiner langen Zeit in Deutschland ja eine ziemliche Durststrecke in Sachen Humor zurückgelegt haben müsse. Doch das sieht Wolfs anders: "Der deutsche Humor hat sich in den letzten 15 Jahren definitiv verbessert." Schade, dass Kippenberger das nicht mehr erlebt hat.

Martin Kippenberger in der Bundeskunsthalle