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Wahrheit und Lügen Duell in der Psychoklinik: "Seelenfeindin"

Eine bekannte Fernsehmoderatorin lässt sich in einer Klinik behandeln. Aber leidet sie wirklich unter Verfolgungswahn? Der behandelnden Ärztin kommen zunehmend Zweifel an den Geschichten der Frau im Mittelpunkt von Sabine Trinkaus' Thriller "Seelenfeindin".

Von Axel Knönagel, dpa 13.06.2017, 12:55

Berlin (dpa) - Mit einer dramatischen Szene beginnt der Thriller "Seelenfeindin" von Sabine Trinkaus: Ein Mann dringt auf das Grundstück seiner ehemaligen Freundin ein und bringt vor ihren Augen ihren kleinen Hund um.

Berichtet wird diese Szene von der Hundebesitzerin Konstanze Friedrichs, einer bekannten Fernsehmoderatorin. Sie hat das Erlebte nicht verkraftet und sich unter Geheimhaltung in eine Privatklinik bringen lassen.

Dort berichtet sie ihre Erlebnisse der jungen Psychiaterin Nadja Schönberg, die den größten Teil des Romans aus ihrer Sicht erzählt. Diese engagiert sich voll und ganz für ihre Patientin, die wieder innere Ruhe finden will, sich zugleich aber Sorgen um ihre Karriere macht. Gewohnt, dass sich alles um sie und ihre Interessen dreht, will sie auch hier immer die Kontrolle haben.

Nadja Schönberg bemüht sich, aus den Erzählungen und dem Verhalten ihrer Patientin klug zu werden, aber das fällt ihr immer schwerer. Vieles von dem, was sie erfährt, passt nicht wirklich zusammen, und so werden ihre Zweifel an den Erzählungen ihrer Patientin immer größer. Hat ihr früherer Partner sie wirklich terrorisiert oder ist alles nur Einbildung? "Fakten. Ich musste mich auf die Fakten konzentrieren", ermahnt sie sich, so schwer das in diesem Fall auch immer sein mag.

Je mehr sich die Psychiaterin mit den Details der Erzählungen befasst, um so stärker wird ihr Verdacht, dass ihre Patientin sie belügt. Mal scheint die Journalistin klar und kein bisschen gestört, dann wiederum scheint sie völlig neben der Spur zu sein. Und irgendwann keimt in ihr der Verdacht auf, dass ihre Patientin versucht, sie zu manipulieren.

Dabei ist der Fall Friedrichs für die junge Psychiaterin aus vielen Gründen wichtig. Sie hat eine harte Zeit hinter sich, weil eine ihrer Patientinnen sich das Leben genommen hatte und sie einen in den Medien aufgegriffenen Prozess überstehen musste. Die Privatklinik vor den Toren Hamburgs soll für sie einen beruflichen Neuanfang bringen. Dies will sie auf keinen Fall riskieren, und so wird der Fall für die Psychiaterin schon fast zur Obsession.

Sabine Trinkaus spielt sehr geschickt mit den Erzählperspektiven. Alle Kapitel werden aus der Ich-Perspektive erzählt, aber es ist keineswegs immer gleich klar, wer da gerade erzählt und unter welchen Umständen. Dies trägt dazu bei, das Vertrauen zu dem Gelesenen ebenso zu untergraben wie es der Ärztin mit den Geschichten ihrer Patientin geht.

Je weiter sie hinter die Fassade ihrer Patientin dringt, umso stärker wird ihre Verunsicherung, bis sie schließlich ebenso an ihrer Umwelt zweifelt wie Konstanze Friedrichs. Immer beklemmender werden die Situationen, die Sabine Trinkaus für ihre Figuren schafft, bis ein dramatisches Finale dem Buch eine ebenso überraschende wie passende Auflösung bringt.

- Sabine Trinkaus: Seelenfeindin. Emons Verlag, Köln, 332 Seiten, 14,95 Euro, ISBN 978-3-7408-0083-3.

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