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Rumänischer Exil-Autor Norman Manea wird 80

Von Kathrin Lauer, dpa 18.07.2016, 11:28

Bukarest (dpa) - Schreiben ist für Norman Manea Krankheit und Therapie zugleich, seine großen Themen sind das Exil sowie die faschistischen und kommunistischen Diktaturen des 20. Jahrhunderts, die er beide durchlitten hat.

Am Dienstag (19. Juli) wird der in New York lebende, vielfach preisgekrönte rumänische Autor 80 Jahre alt - und bleibt schriftstellerisch im Unruhezustand.

Manea arbeitet gerade an einem Roman, in dem er eines seiner Lieblingsmotive, den dummen August weiter entwickeln will, wie er rumänischen Medien verriet. Jener Clown, der von allen Seiten mit Fußtritten traktiert wird, ist für Manea eine Parabel für den Status des Schriftstellers in der Gesellschaft.

Zum verfolgten Außenseiter bestimmte Manea seine Biografie: Als Kind jüdischer Eltern 1936 im nordostrumänischen Bukowina-Ort Burdujeni geboren, wurde der Fünfjährige 1941 mit seiner ganzen Familie von den rumänischen Alliierten der deutschen Nazis in ein Konzentrationslager nach Transnistrien deportiert.

Sein Weg in die Literatur war mühsam. Nach 14 Jahren Tätigkeit im ungeliebten Beruf eines Hydrotechnik-Ingenieurs wurde er 1974 freier Schriftsteller in Bukarest. Unter dem Druck des nationalkommunistischen Regimes des Diktators Nicolae Ceausescu (1918-1989) wanderte er 1986 aus, zunächst für ein Jahr nach West-Berlin und danach nach New York. Dort lehrt er seither als Professor für Europäische Kulturstudien am Bard College.

Der Durchbruch begann 1992 mit einem Stipendium der MacArthur-Stiftung. 2006 folgte der Prix Medicis und die Aufnahme in die Berliner Akademie der Künste, 2011 der Nelly-Sachs-Preis. Seine Romane, Erzählungen und Essays wurden in 25 Sprachen übersetzt.

Manea schreibt ausschließlich in seiner Muttersprache Rumänisch. In seiner Heimat Rumänien wird er erst seit wenigen Jahren wiederentdeckt, nachdem ihn dort 1991 Ultra-Nationalisten mit einer Schmähkampagne verunglimpft hatten. Anlass war ein Aufsatz, in dem Manea den Antisemitismus des Religionsforschers Mircea Eliade (1907-1986) angeprangert hatte, der in Rumänien als Ikone gilt.

Was ihn umtreibt, sind auch die Parallelen zwischen den verschiedenen Totalitarismen, die er nuancenreich analysiert, ohne sie gleichzusetzen. Nach den atheistischen Totalitarismen, die Nationalsozialismus und Kommunismus waren, folge nun durch den politischen Islamismus der religiöse Totalitarismus. Dies werde viel anstrengender, schlimmer und unvermeidlicher als Genosse Stalin oder Herr Hitler sein, lautet Maneas düstere Prognose.

Werke von Norman Manea auf Deutsch (Auswahl):
- Die Rückkehr des Hooligan, Hanser-Verlag München 2004, 416 S., ISBN 978-3-446-20462-1
- Oktober, acht Uhr, Hanser-Verlag München 2007, 256 S., ISBN 978-3-446-20921-3
- Die Höhle, Hanser-Verlag München, 2012, 368 S., ISBN 978-3-446-23985-2
- Wir sind alle im Exil, Hanser-Verlag München 2015, 224 S., ISBN 978-3-446-24953-0

Norman Manea bei Hanser Literaturverlage