Frontex gibt den EU-Grenzschutz auf. Der verunsicherte Grenzschützer
Frontex-Chef Leijtens glaubt nicht, dass sich der Schengen-Raum abschotten lässt.

Frontex-Chef Hans Leijtens hält Bemühungen, die EU-Außengrenzen weitgehend für Migranten zu schließen, für aussichtslos. Manchmal werde so getan, „als könne man schlicht einen Deckel oben auf die Flasche setzen, und dann wird die Migration gestoppt. Aber das ist ein Irrglaube“, sagte der Niederländer der „Welt am Sonntag“. „Dieses Gerede von ,Leute stoppen’ und ,Grenzen schließen’ kann nicht ständig unser Narrativ sein.“
Leijtens betonte: „Nichts kann Menschen davon abhalten, eine Grenze zu überqueren, keine Mauer, kein Zaun, kein Meer, kein Fluss.“ Anstelle von immer neuen Maßnahmen zur Grenzsicherung plädierte er für Asylverfahren direkt an den europäischen Außengrenzen, zügige Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber und Vereinbarungen mit Ländern etwa in Afrika. „Meine Aufgabe ist es, eine Balance zu schaffen zwischen effektivem Grenzmanagement und Einhaltung der Grundrechte“, so Leijtens.
Die Ansichten von Leijtens sorgten nicht nur in sozialen Netzwerken für Irritationen und Verwunderung. Denn Frontex soll durch den Schutz der Außengrenzen das Schengen-System mit absichern. Das ist auch der Hintergrund, warum die Schengen-Mitglieder den Haushalt von Frontex finanzieren. Zudem wurde den EU-Bürgern mit dem Inkrafttreten des Schengen-Abkommens und der Abschaffung von Grenzkontrollen versichert, dass im Gegenzug die Außengrenzen gesichert werden.
Unstrittig ist, dass ein erheblicher Teil illegaler Migranten die Dienste von kriminellen Schlepperbanden nutzt, um in den Schengen-Raum zu gelangen. Die Aussage von Leijtens wurde daher auch als offizielle Kapitulationserklärung gewertet.
In der EU fordern zahlreiche Staaten, darunter Litauen, Österreich, Polen oder Ungarn, immer wieder, dass die Außengrenzen besser geschützt werden müssten. Sie fordern beispielsweise, dass Zäune an den Außengrenzen aus dem EU-Haushalt bezahlt werden müssten. EU-Ratspräsident Charles Michel hatte Ende 2021 gesagt, dass dies nach EU-Recht möglich sei. Zuvor hatten zwölf EU-Staaten darauf gedrungen, dies zu ermöglichen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) erklärte damals, es könne kein EU-Geld für Mauern, Zäune und Stacheldraht geben, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“. (dpa/UK)