Wahlen Wahltriumph: Milei kann Reformkurs in Argentinien fortsetzen
Nach ersten Erfolgen war das Reformprogramm des ultraliberalen Staatschefs zuletzt ins Stocken geraten. Mit dem Sieg bei der Zwischenwahl bekommt Milei neuen Rückenwind für seine radikale Agenda.

Buenos Aires - Trotz sozialer Härten und Korruptionsskandalen im Umfeld von Präsident Javier Milei haben die Argentinier ihrem ultraliberalen Präsidenten den Rücken gestärkt. Bei den Zwischenwahlen zum Kongress erzielte Mileis Partei La Libertad Avanza (Die Freiheit schreitet voran) einen überraschenden Erfolg. Milei dürfte das als Auftrag verstehen, seinen radikalen Reformkurs fortzusetzen.
„Die Argentinier haben sich dafür entschieden, nicht in die Vergangenheit zurückzukehren. Sie haben für eine Zukunft des Wohlstands und des Wachstums gestimmt“, sagte Milei in einem Interview des Fernsehsenders A24. Über sein hartes Sparprogramm sagte er: „Das Schlimmste haben wir schon hinter uns.“
La Libertad Avanza sicherte sich bei der Abstimmung am Sonntag 40,68 Prozent der Stimmen, wie das Wahlamt mitteilte. Die linke Opposition erhielt demnach knapp 31,69 Prozent. Trotz Wahlpflicht lag die Wahlbeteiligung bei gerade einmal 67,9 Prozent.
Milei will Reformagenda fortführen
Nach dem Wahlsieg ließ sich Milei von Anhängern in Buenos Aires bejubeln. „Heute beginnt der Aufbau des großen Argentiniens“, sagte er. Er kündigte an, seine Reformagenda fortzuführen und rief die Gouverneure der Provinzen zur Zusammenarbeit auf.
Die Finanzmärkte goutierten die Wahlentscheidung der Argentinier. Im vorbörslichen Handel legten die Aktien argentinischer Unternehmen an der New Yorker Börse um bis zu 35 Prozent zu.
Die Abstimmung, bei der die Hälfte der Abgeordnetenkammer und ein Drittel des Senats neu besetzt wurden, galt zur Halbzeit von Mileis Präsidentschaft auch als Stimmungstest. Mit seiner harten Sparpolitik ist es ihm zwar gelungen, den Haushalt auszugleichen und die Inflationsrate zu senken. Doch der erhoffte wirtschaftliche Aufschwung blieb bislang aus.
Derzeit verfügt Milei in der Abgeordnetenkammer und im Senat nur über wenige eigene Abgeordnete. Zuletzt regierte er weitgehend mit Dekreten, aber immer wieder wurden seine Gesetzesinitiativen im Kongress gestoppt. So ist Mileis ambitionierte Reformagenda ins Stocken geraten.
Jetzt konnte seine Partei in der Abgeordnetenkammer 47 Sitze hinzugewinnen und hält ab der konstituierenden Sitzung am 10. Dezember 80 Mandate im Unterhaus. Hinzu kommen 24 Abgeordnete der verbündeten konservativen Partei Pro. Damit verfügt Milei gemeinsam mit seinen Partnern zumindest über ein Drittel der Mandate - ein Quorum, das er benötigt, um sein präsidentielles Veto gegen Parlamentsbeschlüsse zu verteidigen. Im Senat holte La Libertad Avanza zwölf zusätzliche Sitze und verfügt künftig über 18 Senatoren aus den eigenen Reihen.
US-Regierung stützt Peso mit Devisenkäufen
Das gute Wahlergebnis dürfte auch Mileis Verbündete in Washington beruhigen. Über einen Währungstausch in Höhe von 20 Milliarden US-Dollar verschaffte die Regierung von Präsident Donald Trump dem hoch verschuldeten Land zuletzt zusätzliche Liquidität. In einem ungewöhnlichen Schritt kaufte das Finanzministerium in Washington zudem im großen Stil Pesos auf, um den Kurs der argentinischen Landeswährung zu stützen.
Trump machte seine Hilfe für Argentinien vom Wahlsieg Mileis bei den Zwischenwahlen abhängig. „Wenn er verliert, werden wir nicht mehr großzügig sein“, sagte Trump jüngst bei einem Besuch Mileis im Weißen Haus. Jetzt hat der Argentinier erst einmal geliefert - und Trump zeigte sich erfreut. „Herzlichen Glückwunsch an Präsident Javier Milei zu seinem Erdrutschsieg in Argentinien“, schrieb er auf seiner Plattform Truth Social. „Er leistet hervorragende Arbeit! Unser Vertrauen in ihn wurde vom argentinischen Volk bestätigt.“
Die tieferliegenden Probleme von Südamerikas zweitgrößter Volkswirtschaft bleiben allerdings. Trotz anfänglicher Erfolge von Mileis Reformkurs springt die Wirtschaft nicht so recht an. Viele Menschen haben ihren Arbeitsplatz verloren, Investoren halten sich angesichts der weiterhin unsicheren Lage zurück. Die Industrieproduktion ist wegen der schlechten Wettbewerbsfähigkeit argentinischer Unternehmen und billiger Importe eingebrochen, die Inflationsrate liegt noch immer bei über 30 Prozent im Jahr.
Korruptionsskandale kratzen an Mileis Image
Zudem kratzen mehrere Korruptionsskandale in Mileis Umfeld an seinem Image als unabhängiger Politrebell, der ganz anders sein will als das Establishment des südamerikanischen Landes. Milei selbst bewarb auf der Plattform X die Krypto-Währung $LIBRA, kurz danach verkauften die Initiatoren ihre Anteile, der Wert brach ein und Anleger verloren schätzungsweise 200 Millionen US-Dollar.
Seiner Schwester und wichtigsten politischen Beraterin, Karina Milei, wird vorgeworfen, bei Pharmabestellungen der öffentlichen Hand für Behinderte Schmiergelder verlangt zu haben. Sie weist die Vorwürfe zurück. Kurz vor der Wahl stieg auch noch Mileis Spitzenkandidat in der Provinz Buenos Aires, José Luis Espert, aus dem Rennen aus. Zuvor war bekanntgeworden, dass Espert 200.000 US-Dollar Berater-Honorar von einem Unternehmer kassiert hatte, der in den USA wegen Drogenhandels gesucht wird.