Tourismus-Trend Hoteliers fürchten Einbuße durch Airbnb
Wer nach Sachsen-Anhalt reist, bettet sein müdes Haupt häufig im Hotel. Doch der Markt ist in Bewegung. Das freut nicht jeden.
Magdeburg/Halle (dpa) l Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband in Sachsen-Anhalt (Dehoga) sieht mit Sorge, dass sich Touristen vor allem in Großstädten via Internet in privaten Wohnungen und Häusern ein Quartier zum Übernachten suchen. Bei jungen Leuten sei dies durchaus beliebt, auch um gemeinsam zu essen. Hotels und Gaststätten befürchten Einnahme-Einbußen.
Laut der Tourismusbilanz 2017 liebten es die Gäste aus dem In- und Ausland überwiegend klassisch – und buchten Hotels, Pensionen, Gasthöfe sowie Campingplätze, Ferienhäuser und Ferienwohnungen. Für Wohnungsunternehmen sind Unterkünfte für Touristen eher kein Thema, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.
„Bei uns ist die Vermietung von Unterkünften über Internet-Anbieter wie Airbnb noch nicht ganz so dramatisch wie in den großen Touristen-Städten Berlin, München oder Hamburg. Aber auch wir merken das – gerade im Harz, Halle und Magdeburg“, sagte Dehoga-Präsident Michael Schmidt. Er forderte stärkere Steuer- und Hygienekontrollen privater Vermietungen. „Das ist für uns ein grauer Markt.“
Junge Leute achten bei der Wahl ihrer Unterkunft nicht nur auf den Preis. „Mir ist wichtig, nicht nur günstig und unkompliziert ein Dach über dem Kopf zu haben, sondern im Gespräch mit den Vermietern direkt etwas darüber zu erfahren, wie es sich in einer Stadt leben lässt, was es Spannendes zu sehen gibt“, sagte eine 32-jährige Mathematikstudentin aus Halle. Sie bucht als „Couchsurfer“ via Internet ihre Ferien im In- und Ausland.
In Sachsen-Anhalt wurden nach Angaben des Statistischen Landesamtes 2017 rund 3,38 Millionen Gäste gezählt. Rund 8,14 Millionen Übernachtungen wurden gebucht, 343.400 oder 4,4 Prozent mehr als 2016 – begründet durch das Reformationsjubiläum „Luther 2017“. Die gesamte klassische Hotellerie – mit Hotels, Gasthöfen und Pensionen – vereinte 78 Prozent der Gästeankünfte und 63 Prozent der Übernachtungen auf sich. Die Campingplätze meldeten der Bilanz zufolge 14,3 Prozent mehr Gäste und 8,2 Prozent mehr Übernachtungen als 2016. In Ferienunterkünften wie Erholungs- und Ferienheimen und -zentren, Ferienhäusern und -wohnungen sowie Jugendherbergen gab es 2017 insgesamt 5,8 Prozent mehr Gäste und 4,4 Prozent mehr Übernachtungen als im Vorjahr.
Im Durchschnitt blieben die Gäste 2017 in Sachsen-Anhalt 2,4 Tage. Die durchschnittliche Auslastung der Schlafgelegenheiten war mit 32,4 Prozent höher als im Vorjahr (2016: 31,7 Prozent). Allerdings: Unterkünfte mit weniger als zehn Betten wurden laut Landesamt für die Tourmusbilanz nicht erfasst.Die Lutherstadt Wittenberg, wo der Reformator Martin Luther (1483-1546) vor 500 Jahren, am 31. Oktober 1517, seine 95 Thesen an die Schlosskirche geschlagen haben soll – sieht nach Angaben einer Sprecherin aktuell keine Gefahr für die bestehenden Hotels und Pensionen durch Anbieter wie Airbnb.
Denn: Die Anzahl der zu vermittelnden Ferienwohnungen und Privatzimmer habe sich – auch im Zuge des Reformationsjubiläums 2017 – nicht außerordentlich gesteigert, sagte eine Sprecherin. Als wohnungspolitisches Problem sei Vermietung via Internetportal an Gäste in Sachsen-Anhalt bisher nicht aufgetreten, sagte der Chef der Wohnungswirtschaftlichen Verbände, Jost Riecke, in Magdeburg. „Wir sind nicht Berlin und München.“
Wohnungen und Häuser Gästen temporär zu vermieten gilt in diesen Städten, die auch beliebte Kongress- und Messe-Standorte sind, als umstritten, weil dadurch Wohnungen für Mieter fehlen. In Sachsen-Anhalt plagen die Vermieter derzeit laut Riecke eher andere Sorgen – so der Leerstand von Wohnungen und damit verbundene Mietausfälle. Hintergrund sei der demografische Wandel.