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Nachfrage bei sachsen-anhaltischen Abgeordneten zur geplanten Rede des Kirchenoberhauptes im Parlament: Zu viel Ehre für den Papst im Bundestag?

28.07.2011, 04:31

Der Deutschlandbesuch von Papst Bendikt XVI. im September schlägt bereits jetzt Wellen. Insbesondere nachdem der SPD-Parlamentarier Wolfgang Schwanitz zum Boykott der Papst-Rede im Deutschen Bundestag aufgerufen hat und dafür heftige Schelte etwa von katholischen Abgeordnetenkollegen wie Wolfgang Thierse (SPD) und Volker Kauder (CDU) erntete. Für die Rede von Benedikt XVI. am 22. September wird eigens eine Sitzungswoche des Bundestages verlegt.

Von Steffen Honig

Wolfgang Schwanitz, früherer Ost-Beauftragter der Bundesregierung ist Mitbegründer der Gruppe "Laizisten in der SPD". Er ist generell gegen einen Auftritt des Papstes im Bundestag, weil für ihn religiöse Missionierung nicht ins Parlament gehört. Dort wird Benedikt XVI. aber nicht als Oberhaupt der katholischen Kirche sondern als Staatsoberhaupt von Vatikanstadt sprechen.

Das hebt Ulrich Petzold, Wittenberger CDU-Bundestagsabgeordneter, hervor: "Es ist durchaus üblich, dass Sitzungswochen im Bundestag bei besonderen Anlässen hin- und hergeschoben werden. Der Papst-Besuch ist ein solcher Anlass, wobei er nicht das erste Staatsoberhaupt ist, das so gewürdigt wird.

Statt wie geplant zu Anfang September haben wir nun eben zum Ende des Monats eine doppelte Sitzungswoche. Auswirkungen wie deutliche Kostenerhöhungen kann ich nicht erkennen."

Christoph Bergner, Abgeordneter aus Halle und Parlamentarischer Staatssekretär beim Innenminister, pflichtet Petzold bei: "Wir haben schon aus nichtigeren Anlässen die Sitzungswoche verschoben. Ich wüsste nicht, warum man etwas gegen langfristige Verschiebungen haben sollte."

Meinung anhören, dann Meinung bilden

Fraktionskollege Dieter Stier aus dem Burgenland erklärt: "Ich gehe zu jeder Rede, die mich interessiert. Und dass ist beim Papst der Fall, obwohl ich selbst nicht religiös gebunden bin. Ich hoffe dabei auf neue Erkenntnisse, denn ich höre mir jede Meinung an – und bilde mir dann meine eigene."

Jan Korte, Abgeordneter der Linkspartei für Anhalt, betrachtet die ganze Angelegenheit diplomatisch: "Ich plädiere für Gelassenheit. Formal ist der Auftritt des Papstes im Bundestag als Staatsoberhaupt von Vatikanstadt korrekt. Ich bin allerdings persönlich Atheist und sehr für unseren säkularen Staat.

Wird Korte sich die Rede von Benedikt XVI. anhören? "Das kann ich jetzt noch nicht sagen."

Der Magdeburger Parlamentarier Burkhard Lischka (SPD) findet den Papst-Auftritt im Parlament nicht problematisch. "Die Verlegung der Sitzungswoche ist seit langem bekannt, der Aufwand hält sich in Grenzen." Aber: "In meiner Fraktion wird der Auftritt kontrovers diskutiert, einige Abgeordnete werden sich den Papst nicht anhören. Es ist jedem freigestellt, sich die Rede anzuhören. Ich werde es tun, auch aus persönlichem Interesse, nicht nur weil ich Sohn eines evangelischen Pfarrers bin. Zudem ist es nicht das erste Mal, dass sich der Bundestag auf ein Staatsoberhaupt einstellt. Das war auch bei Schimon Peres aus Israel so, wo es sich sehr gelohnt hat. Peres hielt eine ergreifende Rede."

Der FDP-Abgeordnete Jens Ackermann aus der Börde hat eine klare Meinung, die deutlich macht, dass das Staatsoberhaupt des Vatikans kaum losgelöst von seinem kirchlichen Amt betrachtet werden kann: "Ich habe nichts dagegen, dass der Heilige Vater zu uns kommt und seinetwegen eine Sitzungswoche verlegt wird. Als evangelischer Christ und Volksvertreter aus den Stammland Martin Luthers würde ich dem Papst gerne sagen, dass die Reformation nicht nötig gewesen wäre, wenn die katholische Kirche vor 500 Jahren so ,modern‘ wie heute gewesen wäre."

Applaus abhängig von Inhalten

Folgt man diesem – nicht repräsentativen – Meinungsbild sachsen-anhaltischer Bundestagsabgeordneter, werden bei der Rede Benedikts nur wenige Stühle leer bleiben. Der deutsche Papst darf sich im deutschen Parlament einer gespannten Zuhörerschaft sicher sein. Die Stärke des Applauses wird davon abhängen, was das Kirchenoberhaupt zu sagen hat.

Nochmals Ackermann: "Die Institution Kirche, katholisch wie evangelisch, hat bei den Menschen stark an Glaubwürdigkeit verloren, das Vorbild Jesus Christus jedoch nicht. Insofern habe ich die Hoffnung, dass der Besuch seines Stellvertreters auf Erden einiges geraderücken kann."