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Brexit Reisen nach London wird billiger

Ein halbes Jahr nach dem Brexit-Votum liegt ein Austrittsplan der Briten aus der EU vor. Welche Folgen gibt es?

17.01.2017, 23:01

London/Brüssel (dpa) l Mehr als ein halbes Jahr nach dem Votum der Briten für einen EU-Austritt hat Regierungschefin Theresa May am Dienstag erstmals genauer gesagt, wie sie sich den Brexit vorstellt. Wichtigste Botschaft: Das Vereinigte Königreich wird nicht mehr Vollmitglied des europäischen Binnenmarkts sein. Was kommt da auf die Europäer dies- und jenseits des Ärmelkanals zu? Letztlich wird das erst in Verhandlungen zwischen London und Brüssel bis 2019 geklärt. Aber sicher ist: Diese Scheidung berührt fast jeden in Europa.

Dürfen Deutsche auch künftig in Großbritannien arbeiten?

Der nach den EU-Regeln erlaubte freie Zuzug aus allen Ländern der Gemeinschaft war für viele Briten der Hauptgrund, für den Brexit zu stimmen. May will der Freizügigkeit ein Ende setzen. Die übrigen 27 EU-Länder halten dagegen, das Prinzip gehöre untrennbar zum Binnenmarkt. Daraus ergibt sich logisch, was May jetzt beschrieb: der Abschied vom EU-Binnenmarkt und dessen Vorteilen, also auch vom freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen. Dafür will London künftig selbst bestimmen, wer unter welchen Bedingungen zum Arbeiten auf die Insel kommen darf. Deutsche Fachleute dürften es noch relativ leicht haben, Niedriglöhner eher nicht.

Werden EU-Bürger aus Großbritannien ausgewiesen?

2015 lebten nach Angaben der Statistikbehörde Eurostat 2,99 Millionen EU-Bürger im Vereinigten Königreich, darunter 870 000 Polen. Eine Ausweisung ist nach einer Analyse des britischen Oberhauses wegen der Europäischen Menschenrechtskonvention ausgeschlossen, das gilt umgekehrt auch für die mehr als eine Million Briten in anderen EU-Ländern, darunter knapp 300 000 im sonnigen Spanien. Trotzdem sind die mehr als vier Millionen Menschen verunsichert. Ihre Rechte wolle man, so sagte May, so bald wie möglich garantieren, offenbar in einer Verhandlungslösung auf Gegenseitigkeit. Auch für die EU hat dies Priorität. Es geht um Rechte wie Aufenthalt, Arbeitserlaubnis, Besitzrechte an Immobilien und vieles mehr.

Kann man als Deutscher nach dem Brexit in London studieren?

Forscher und Studenten könnten unter dem Brexit stark leiden. Fast jeder siebte Beschäftigte im Wissenschaftsbetrieb in Großbritannien stammt aus dem EU-Ausland. Studenten dürfen mit dem „Erasmus+“-Programm ohne Studiengebühren an britische Hochschulen, was 2015 nach Angaben des Akademischen Austauschdiensts allein rund 5000 Deutsche nutzten. Auch Briten studieren mit dem Programm in Deutschland. Nach dem Brexit könnte das anders werden. Es ließe sich aber auch aushandeln, dass Großbritannien Teil von Erasmus bleibt.

Müssen deutsche Steuerzahler bald mehr für Brüssel zahlen?

Eines der dicksten Bretter bei den anstehenden Brexit-Verhandlungen ist die Trennung der EU-Finanzen. Großbritannien ist nach Deutschland der größte Nettozahler der Gemeinschaft: 2015 überwies das Königreich 11,5 Milliarden Euro mehr in die EU-Töpfe, als es herausbekam. Für die Bundesrepublik waren es 14,3 Milliarden Euro. Fällt der britische Beitrag weg, muss das benötigte Geld anders aufgebracht werden – vermutlich zum Teil vom bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Mitgliedsland Deutschland. May sagte, mit den „immensen Beiträgen“ sei nach dem Brexit Schluss, sie schloss aber „angemessene“ Zahlungen nicht kategorisch aus.

Müssen Arbeiter bei Daimler um ihren Job bangen?

Deutschland hat zuletzt Waren für fast 89 Milliarden Euro nach Großbritannien exportiert und für 38 Milliarden Euro von dort importiert. Beim Im- und Export stehen Autos und Fahrzeugteile ganz oben. Jede zweite Neuzulassung in Großbritannien war 2015 ein Auto deutscher Marken. Der Verband der Automobilindustrie sieht den Abschied Großbritanniens aus dem Binnenmarkt deshalb mit Sorge. Doch stellt May ein umfassendes Freihandelsabkommen mit der EU in Aussicht - und rechnet damit, dass diese für beide Seiten „wirtschaftlich rationale“ Option sich durchsetze. Am Verhandlungstisch wird das eine harte Nuss.

Können Deutsche bald billiger Urlaub machen?

Das schwächelnde Pfund macht Reisen in Großbritannien billiger als früher. Der Branchenverband British Hospitality Association gibt sich angesichts der vielen ausländischen Touristen im Land zuversichtlich. Falls die Briten künftig genauer aufs Geld schauen müssen, verbringen viele möglicherweise ihren Urlaub lieber in der Heimat, statt wie bisher vorzugsweise auf den Balearen und Kanaren, in Griechenland, der Türkei und der Karibik. Im Umkehrschluss heißt das möglicherweise günstigere Angebote für alle anderen Urlauber, weil die Veranstalter ihre Betten nicht mehr so einfach voll bekommen.