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Erdbeben Angst kehrt nach Italien zurück

Fast zwei Monate nachdem ein schweres Erdbeben mehreren Orten Verwüstung und Tod gebracht hat, gab es in Italien ein ähnlich starkes Beben.

27.10.2016, 05:29

Rom (dpa) l Mit Sonnenaufgang wird am Morgen nach den schweren Erdbeben in Mittelitalien ein erster Überblick über die Lage möglich. Obwohl die Erdstöße am Mittwochabend ähnlich stark waren wie bei dem verheerenden Beben vor fast exakt zwei Monaten, schätzte der Zivilschutz die Folgen zunächst als weniger schwer als befürchtet ein. Nach offiziellen Angaben starb ein Mann, weil er wohl infolge der Beben einen Herzinfarkt erlitten hatte. Berichte über weitere Todesopfer gab es am Donnerstagmorgen zunächst nicht. Bis in die Morgenstunden gab es Nachbeben.

Das Epizentrum der Beben lag am Mittwochabend nur etwas weiter nördlich der Gegend, die bei dem Erdstoß vom 24. August – der ebenfalls eine Stärke dieser Größenordnung hatte – verwüstet wurde und fast 300 Tote zu beklagen hatte. Doch wenige Stunden danach lautet die Einschätzung vom Zivilschutz: Die Situation sei "weniger dramatisch als gedacht".

Mehrere Bürgermeister der kleinen Gemeinden in den Marken und in Umbrien hatten sich zuversichtlich gezeigt, dass es trotz schwerer Schäden keine Vermissten und Verschütteten geben könnte. Allerdings wurden viele Schäden an Gebäuden vermutet. "Meine Fachleute haben mir gesagt, dass das historische Zentrum (...) komplett unzugänglich sein könnte", zitierte die Nachrichtenagentur Ansa den Bürgermeister der Gemeinde Visso, Giuliano Pazzaglini, am Donnerstagmorgen.

In Visso war der heftigste Erdstoß gemessen worden. Die Stärke variierte nach Angaben unterschiedlicher Erdbebenwarten zwischen 5,9 und 6,1 auf der Richter-Skala. Viele Menschen hatten da wegen eines Vorbebens schon ihre Häuser verlassen und hielten sich im Freien auf.

Betroffen sind neben Visso auch die Orte Ussita, Castelsantangelo sul Nera, Muccia, Pieve Torina, San Ginesio, Camerino und Caldarola getroffen. "Es ist eine sehr harte Probe auf psychologischer Ebene", sagte der Bürgermeister der Gemeinde Castelsantangelo, Mauro Falcucci, Repubblica TV. Augenzeugen in der Unglücksregion hatten zunächst von einer "apokalyptischen Situation" gesprochen. Mancherorts war der Strom ausgefallen, es wurden Einstürze erwartet. In den Marken sollten drei Krankenhäuser geräumt werden. Viele Schulen sollten am Donnerstag geschlossen bleiben.

Bis nach Rom waren die Beben zu spüren, es wurden auch Schäden gemeldet. In der Erdbebenregion verbrachten viele Menschen nach Medienberichten die regnerische Nacht im Auto oder in Notunterkünften. Italien wird häufig von Erdstößen heimgesucht, die immer wieder verheerende Folgen haben.

Eines ist sicher: Die Angst ist zurück. Wenn sie überhaupt seit dem Schrecken vom August gewichen ist. Denn Orte wie Amatrice, Accumoli und Arquata del Tronto – letzterer liegt nur 25 Kilometer Luftlinie von dem jetzigen Zentrum entfernt – leben wie die gesamte erdbebengefährdete Gegend in den letzten Wochen und Monaten mit ständigen Nachbeben. Immer wieder sind auch stärkere darunter – bisher war aber keines so stark wie das jetzige. Geologen halten einen Zusammenhang mit dem Erdstoß im August für sehr wahrscheinlich.

"Natürlich weckt das wieder die Angst", sagt der Bürgermeister von Amatrice, Sergio Pirozzi. Seine Stadt liegt immer noch in Schutt und Asche. Erst vor kurzem wurden die Zeltstädte abgebaut. Viele Menschen leben in Wohnwagen oder Zelten in Gärten oder in Notunterkünften andernorts. Jetzt sollen hier wieder einige Unterkünfte für mögliche neue Opfer geöffnet werden.