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Prozess Todesurteil gegen Vietnamese abgewendet

Der entführte Vietnamese Trinh Xuan Thanh wurde wegen Korruption vor einem Gericht in Hanoi angeklagt. Jetzt wurde das Urteil gesprochen.

22.01.2018, 23:01

Berlin/Hanoi (dpa) l Die letzten beiden Wochen hatte Trinh Xuan Thanh morgens immer den gleichen Weg. Im Straflager B14, einem Sondergefängnis in Hanoi, wurden ihm Handschellen angelegt. Mit Blaulicht ging es dann ins Zentrum der vietnamesischen Hauptstadt, zum städtischen Gericht. So war es auch am Montag, wenn auch zum letzten Mal vor diesem Gericht.

Nach zwei Wochen Prozess wurde der vietnamesische Geschäftsmann, der vor ein paar Monaten noch ein einigermaßen sorgloses Leben in Berlin geführt hatte, wegen Korruption und Wirtschaftsverbrechen zu lebenslanger Haft verurteilt. Der 52-Jährige nahm das Urteil so entgegen, wie er vor Gericht die meiste Zeit aufgetreten war – in Büßerpose, mit tief hängenden Schultern, aber äußerlich unbewegt.

Mit diesem Urteil hatten die meisten Beobachter seit ein paar Tagen gerechnet. Vermutlich auch Thanh selbst: Zwar bestritt der ehemalige Chef des staatlichen Baukonzerns PetroVietnam Construction (PVC) in seinem Schlusswort nochmals jegliche Korruption und bat um ein mildes Urteil, damit er zu Frau und Kindern nach Deutschland zurückkehren könne. Aber groß war die Hoffnung wohl nicht.

Zumal Vietnams Kommunisten von Anfang an keinen Hehl daraus gemacht hatten, dass der Prozess gegen den Ex-Funktionär auch der Abschreckung dienen solle. In dem wirtschaftlichen Boomland mit mehr als 95 Millionen Einwohnern, aber nur einer einzigen Partei, ist Korruption weit verbreitet. Unter dem heutigen KP-Generalsekretär Nguyen Phu Trong läuft seit einer Weile eine Gegen-Kampagne. Trong hatte Thanh schon im November öffentlich für schuldig erklärt. Viele vermuten deshalb, dass die Kampagne auch zur Abrechnung mit politischen Gegnern genutzt wird. Es kann aber auch beides sein: Bevor sich Thanh 2016 nach Deutschland absetzte, fiel er durch teure Autos auf. In Berlin pflegte er ebenfalls einen Lebensstil, der sich von dem anderer Asylbewerber deutlich unterschied – bis er im vergangenen Sommer bei einem Spaziergang im Bezirk Tiergarten plötzlich verschwand.

Die Bundesregierung ist sich sicher, dass Thanh vom vietnamesischen Geheimdienst verschleppt wurde. Zwei vietnamesische Diplomaten mussten Deutschland deshalb verlassen. Anfangs forderte Berlin Thanhs sofortige Rückkehr. Zuletzt waren die Bemühungen vor allem darauf ausgerichtet, dem Ex-Manager ein Todesurteil zu ersparen. Am Montag kam Thanh um die Maximalstrafe herum. Die Staatsanwaltschaft hatte schon in der ersten Prozesswoche auf eine solche Forderung verzichtet – wozu beigetragen haben mag, dass seine Familie einen Großteil der Summe, die er abgezweigt haben soll, an den Staat zahlte.

Mit diplomatischem Geschick ließe sich wohl auch erreichen, dass Thanh in einigen Jahren tatsächlich nach Berlin zurück könnte – trotz lebenslang.

Allerdings könnte Thanh in einem weiteren Verfahren doch noch zum Tode verurteilt werden. Morgen beginnt der nächste Prozess, dieses Mal vor dem Volksgericht von Hanoi. Dann muss er sich gegen noch härtere Vorwürfe zur Wehr setzen: Bei einem Bauprojekt in Hanoi soll er persönlich eine halbe Million Euro Schmiergeld kassiert haben. Das Urteil wird in der zweiten Februarwoche erwartet.