Russland Königreich für eine Milliarde Euro
Hat sich Russlands Präsident Putin einen Luxus-Palast am Schwarzen Meer errichten lassen?
Berlin (dpa/uk) Moskau hat sich in einer ersten scharfen Reaktion nach der Rückkehr und prompten Festnahme des Kremlgegners Alexej Nawalny eine Einmischung in seine innere Angelegenheiten verbeten. Forderungen der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), der EU und weiterer Staaten nach einer umgehenden Freilassung des Oppositionellen verhallten in der Hauptstadt. „Wir erlauben es nicht, sich da einzumischen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag nach Angaben der Agentur Interfax.
Der Sprecher von Präsident Wladimir Putin erklärte zudem, dass es Gründe gegeben habe für die Festnahme Nawalnys am Sonntag nach seiner Landung. Als „Unsinn“ bezeichnete Peskow Nawalnys Vorwürfe, dass Putin „Angst“ vor dem Oppositionellen habe und ihn deshalb habe einsperren lassen.
Während Nawalny einsitzt, machte sich Putin im tiefsten russischen Winter frei für ein Eisbad. Der 68-Jährige bekreuzigte sich vor einem Kreuz aus Eis, während er in eine kreuzförmig ausgeschlagene Öffnung ins Wasser stieg. Die russisch-orthodoxe Kirche feierte am Dienstag den Dreikönigstag – später als im Westen.
Nach dem Aufruf Nawalnys zu Protesten sagte Peskow, dass sich der Kreml davor nicht fürchte. Geprüft werden müsse aber, ob es sich hier nicht um einen Aufruf zu „etwas Ungesetzlichem“ handele. Wegen der Corona-Pandemie werden in Russland seit Monaten schon keine Demonstrationen mehr erlaubt.
Jahrelang habe Nawalny gegen Korruption für die Rechte russischer Bürger gekämpft, jetzt sei es an der Zeit, für ihn zu kämpfen, teilte sein Team mit. Nawalnys Mitarbeiter veröffentlichten ein neues Video mit Recherchen zu Amtsmissbrauch und Hinterziehung öffentlicher Gelder in Russland. Diesmal richteten sich die Vorwürfe direkt gegen Putin, der sich einen superteuren Geheimpalast in Gelendschik an der Schwarzmeerküste habe bauen lassen. Gelendschik liegt rund 200 Kilometer nordwestlich vom bekannten Badeort Sotschi.
Unter dem Titel „Ein Palast für Putin. Die Geschichte der größten Bestechung“ posteten Nawalnys Mitarbeiter ein fast zwei Stunden langes Youtube-Video. Darin wirft er dem russischen Staatsoberhaupt vor, sich für 100 Milliarden Rubel (1,1 Milliarden Euro) ein „Königreich“ gebaut zu haben. Putins Sprecher sagte inzwischen, dass der Präsident keinen Palast in Gelendschik habe.
Das Gelände des „teuersten Palasts der Welt“, der im sogenannten „Italianate-Stil“ errichtet wurde, umfasse insgesamt 7800 Hektar. Er sei damit 39 Mal so groß wie der Stadtstaat Monaco. In dem Video ist zu sehen, dass zur Anlage auch ein Hubschrauberlandeplatz, eine Kirche, eine unterirdische Eisarena, ein Weinberg und eine Orangerie gehören. Im Palast gibt es demnach auch ein Theater, Saunen und eine Waffenkammer mit Kalaschnikow-Sturmgewehren.
Nach Darstellung Nawalnys, der den Film vor seiner Festnahme teils in Deutschland produziert hatte, handelt es sich um den größten Korruptionsskandal der russischen Geschichte. Für den Bau seien Dutzende Hektar Wald gerodet sowie die einzigartige Küstenlandschaft zerstört worden, sagte der Umweltschützer Dmitri Schewtschenko im Internet-Kanal Doschd.
„Sieht aus wie das Eigenheim irgendeines Drogenbarons in den Tropen“, schrieb der Oppositionelle Ilja Jaschin auf Twitter zu Fotos, die die Residenz zeigen sollen. Den Recherchen zufolge waren zeitweise „kleine Beamte“ aus der Präsidialverwaltung als Eigentümer eingetragen. Offiziell hat sich bisher niemand als Besitzer zu erkennen gegeben.
Die Inhalte des Videos sind allerdings nicht völlig neu. Bereits 2011 gab es erste Berichte über den Bau der Anlage, die als „Residenz am Kap Idokopas“ bezeichnet wurde. Kurze Zeit später kamen Behauptungen auf, dass Putin die Residenz über Strohmänner kontrollieren würde.
Am Ende des Videos ruft Nawalny seine Anhänger zu Protesten am kommenden Samstag auf: „Unsere Zukunft liegt in unserer Hand. Schweigt nicht!“