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Dreikönigstreffen FDP würde lieber regieren

Das Dreikönigstreffen ist ein Stück freidemokratische Folklore. In Stuttgart läutet die Partei das politische Jahr ein.

06.01.2019, 23:01

Stuttgart (dpa) l Gruß und Segen der Weisen aus dem Morgenland nimmt selbst der unreligiöse Christian Lindner gern entgegen. „Wir fühlen uns spirituell bestärkt“, sagt der FDP-Chef und steckt Geld in die Sammelbüchse, die die Sternsinger im Gewand der Heiligen Drei Könige mitgebracht haben zum Treffen seiner Partei in Stuttgart. Lindner demonstriert hier Machtwillen, wirbt um Grünen-Sympathisanten – und versichert den eigenen Leuten, dass man so gut dastehe wie selten. In den Worten der Heiligen Drei Könige: „Frohsinn, Friede und Einigkeit“.

Da habe doch wer von einer „Krise der Liberalen“ geschrieben, berichtet Lindner von der Bühne des Opernhauses. „Ich hab mir vorgestellt, im Himmel: Walter Scheel, Hans-Dietrich Genscher, Otto Graf Lambsdorff, Guido Westerwelle. Die haben das gelesen und die wünschen sich, dass diese Krise der FDP möglichst lange anhalte.“ Umfragewerte von 10 Prozent hätten die gerne gehabt!

Kokett bezeichnet sich Lindner, der an diesem Montag 40. Geburtstag feiert, als Dinosaurier unter den deutschen Parteichefs. Was er lange gefordert hat – Merkel muss weg –, ist geschehen. Aber was nun?

Mit Merkels Nachfolgerin als CDU-Chefin geht Lindner nicht minder hart ins Gericht. Immer wieder habe Annegret Kramp-Karrenbauer Steuererhöhungen ins Spiel gebracht, ihre gesellschaftspolitischen Ansichten bereiten ihm fast schon Bauchschmerzen. Lindner warnt inzwischen sogar vor einer „Rückabwicklung“ von Merkels moderner Gesellschaftspolitik.

Gewohnt heftig keilt Lindner gegen die Grünen. Ihnen und ihren Sympathisanten unterstellt er, sie werkelten an einer Art Öko-Diktatur. „Wir werden Zeugen, dass Wirtschaft und Gesellschaft gegenwärtig fundamental umgebaut werden: weniger Fleisch, weniger Mobilität, weniger Produktion. Alles entschieden von wohlmeinenden Politikerinnen und Politikern sozusagen am Grünen Tisch.“

Eifersüchtig auf die bis zu 20 Prozent der Grünen bei Umfragen, hält Lindner ihnen inzwischen ein eigenes Klima- und Verkehrskonzept entgegen. Und er erinnert daran, dass liberale Spitzenpolitiker wie der damalige Innenminister Genscher schon in den 70er und 80er Jahren liberale Umweltpolitik betrieben haben.

„Ich empfehle uns, diese Traditionslinie der Freien Demokraten in Zukunft auch wieder stärker hervorzuheben“, appelliert Lindner. Helfen soll ein marktwirtschaftlicher Mechanismus, ein Preis für das Treibhausgas CO2, der in dem Maße steigt, wie es reduziert werden soll – so werde sich die effektivste Lösung von selbst ergeben.

Abgrenzung ist wichtig, doch auf immer gar nicht regieren, das ist auch keine Lösung. „Wer uns ein faires Angebot zur Erneuerung des Landes macht, der kann zu jeder Zeit damit rechnen, dass wir bereit sind, Verantwortung für dieses Land zu übernehmen“, verspricht Lindner. Das sei seit 2017 Grundposition, fügt er noch hinzu. Der Anlauf zur Jamaika-Koalition mit Union und Grünen ist damals nach seiner Lesart an mangelnder Kompromissbereitschaft der Partner gescheitert. Aber die haben ja mittlerweile das Führungspersonal ausgetauscht, und so wirbt Lindner wieder.

Ob die FDP punkten kann, dafür ist die Europawahl im Mai ein erster Test. Sein wichtigster Verbündeter, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, wirkt angeschlagen nach den Gelbwesten-Protesten. „Schauderhafte Bilder“ seien das, so Lindner. Aber Macron spreche doch unangenehme Wahrheiten zu notwendigen Wirtschaftsreformen aus. Er habe endlich eine Antwort aus Berlin auf seine Vorschläge verdient.