1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Hat Merz wieder Merkel vor der Nase?

CDU Hat Merz wieder Merkel vor der Nase?

Wie die Corona-Krise die Spitzenpolitiker der Großen Koalition neu sortiert

Von Steffen Honig 08.04.2020, 01:01

Macht Sie’s doch nochmal? Kaum ist Bundeskanzlerin Angela Merkel aus einer Art politischen Tiefschlaf erwacht und zur geachteten Krisenmanagerin emporgestiegen, wird eifrig über eine fünfte Amtszeit der 65-Jährigen spekuliert. Das katapultierte sie in deneinschlägigen Umfragen auf einen souveränen Spitzenwert. Fest steht: Würde sie antreten, bräuchte sie nicht einmal den Spruch „Sie kennen mich“ – Merkel dürfte den Sieg in der Tasche haben.

Vorausgesetzt, die Bekämpfung der Corona-Krise läuft der Bundesregierung nicht aus dem Ruder. Das würde aber auch den anderen Bewerbern um die Merkel-Nachfolge auf die Füße fallen.

In der CDU tritt das bekannte Trio aus Nordrhein-Westfalen an: Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen sind angetreten, um die Kanzlerin im Amt zu beerben. In der Vorhand sollte hierbei Laschet sein: Er kann als NRW-Ministerpräsident seine Handlungskraft unter Beweis stellen. Röttgen und Merz können nur aus dem Hintergrund wirken.

Wobei der aus der eigenen Corona-Zwangspause wieder zurückgekehrte Merz sofort mit öffentlichen Ratschlägen für die Regierung bei der Hand war: Wenig überraschend zog er kräftig gegen Euro-Bonds zu Felde. Eher unerwartet war hingegen sein Lob für den Anti-Corona-Einsatz der Kanzlerin. Ausgerechnet bei ihm als eingeschworenem Merkel-Gegner wirkt das wenig überzeugend. Doch an der wiedergewonnenen Popularität der Kanzlerin kommt Merz eben auch nicht vorbei.

Laschet versucht in Nordrhein-Westfalen einen möglichst liberalen Umgang mit dem tückischen Coronavirus zu praktizieren. Doch da ist der Krisenkreis Heinsberg, dessen Landrat Stephan Pusch sich überall in Deutschland hörbar über mangelnde Unterstützung aus der Landeshauptstadt Düsseldorf beschwerte. Pusch bat gar über das Generalkonsulat das Corona-erfahrene China um Hilfe, die ihm die Chinesen auch prompt gewährten.

Laschet ist angeschlagen und wird in den Umfragen inzwischen von Jens Spahn, der die Vize-Rolle in der Bewerbung des Ministerpräsidenten spielen soll, geschlagen. Ein Führungsduo in dieser Form scheint also obsolet zu sein: Gesundheitsminister Spahn hätte wohl mehr Chancen, wenn er allein antreten würde.

Während der Stern des Rheinländers Armin Laschet also merklich sinkt, erstrahlt der des Bayern Markus Söder immer heller. Der Ministerpräsident des ebenfalls schwer von der Pandemie heimgesuchten Freistaates versucht mit rigorosem Vorgehen das Virus in Bayern zu besiegen.

Der CSU-Politiker sitzt dabei so sicher im Sattel, dass er den Erlass scharfer Regeln nicht fürchten muss: Das Volk macht mit. Söder ist dabei anfangs weit vorgeprescht, was ihm die Kritik einiger Amtskollegen in den Ländern eingebracht hat. Doch das letztlich alle nachgezogen mussten, hat ihm fürs Erste recht gegeben.

Führt Söder Bayern halbwegs unbeschadet aus dieser Krise heraus, könnte er nach Franz Josef Strauß 1980 und Edmund Stoiber 2002 der dritte Kanzlerkandidat der CSU werden. Mit den CDU-Bewerbern kann er es aufnehmen – nur Angela Merkel müsste er fürchten.

Die Krise ist die Stunde der Regierung. In dieser sind auch SPD-Minister – nur profitiert die Partei insgesamt davon nicht. Die Akteure schon. Allen voran Finanzminister Olaf Scholz, dann Arbeitsminister Hubertus Heil, auch Außenminister Heiko Maas und der Rest der SPD-Kabinettstruppe.

Die Schere zwischen Parteiführung und Regierungsmitgliedern wird mithin immer größer. Die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans geraten derart ins Hintertreffen, dass eine Kanzlerkandidatur aus diesem Duo heraus schlechterdings unmöglich erscheint.

Es könnte alles auf Olaf Scholz zulaufen, den großen Verlierer bei der großen Vorsitzenden-Rallye im Vorjahr. Was dem Hamburger an Volksnähe fehlt, sollte er durch seine Finanz-Kompetenz gutmachen. In manch anderer Partei wäre damit alles klar – die SPD ist aber immer für das Gegenteil gut.