1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Macron will "Koalition des guten Willens"

Europapolitik Macron will "Koalition des guten Willens"

Der französische Präsident wirbt in Frankfurt für mehr Identität in Europa und Kultur als Bindemittel.

Von Eva Krafczyk 10.10.2017, 23:01

Frankfurt (dpa) l Absage an Rechtspopulismus und Fremdenhass, Bekenntnis zu europäischen Visionen und einer Bildungspolitik, die niemanden abhängt: Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hat bei einer Debatte über die Zukunft Europas an der Frankfurter Goethe-Universität eine „Koalition des guten Willens“ gefordert.

Wenige Wochen nach seiner viel beachteten Rede an der Sorbonne-Universität wiederholte er am Dienstag vor Studenten und Hochschulmitarbeitern den Aufruf, sich wieder stärker mit der Identität Europas zu befassen und dabei auch die Bereiche Kultur und soziale Gerechtigkeit nicht zu vernachlässigen. „Kultur ist ein Bindemittel“, betonte Macron, der am Abend zusammen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel die Frankfurter Buchmesse eröffnen wollte.

Zugang zu Kultur und Bildung machte Macron auch als Gegenmittel zur Radikalisierung junger Muslime nicht nur in Frankreich aus. Zwar sei bei der Bekämpfung von islamistischen Terrorismus auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Nachrichtendienste eine europäische Aufgabe, sagte Macron in der Debatte mit dem deutsch-französischen Politiker Daniel Cohn-Bendit und dem Islam-Experten Gilles Kepel. Erziehung und Ausbildung seien aber ebenfalls ein Gegenmittel: „Ein gut ausgebildetes Kind aus einer glücklichen Familie geht nicht zum IS.“

Viele junge Menschen aus Einwandererfamilien in armen Stadtvierteln seien in der Vergangenheit alleingelassen worden, kritisierte Macron. Es gelte, den Zugang zur französischen Sprache, aber auch den immer wichtiger werdenden Fremdsprachen auch Jugendlichen aus benachteiligten Vierteln zu ebnen. „Jeder junge Mensch, egal, wo er geboren ist, muss Zugang zur französischen Literatur, zu Goethe und Beethoven haben – das ist Exzellenz!“ Vielleicht, so hoffte Macron, könnten gefährdete Jugendliche in der französischen Literatur sogar „positive Helden“ entdecken, ehe sie womöglich in radikalislamistichen Kämpfern ein Vorbild zu sehen.

Für die Debatte mit den Studenten blieb am Dienstagnachmittag nur wenig Zeit – fast eine Stunde hatte sich Macron verspätet. Vieles konnte nur kurz gestreift werden – die anhaltende Bewegung von Flüchtlingen nach Europa, die schwierige Suche nach Identität, die Entwicklung in Katalonien, in der Macron auf eine Nichteinmischung der anderen Europäer in „innerspanische Angelegenheiten“ drang. Er sprach von einem „Gewaltstreich“ der Katalanen. Zwischen der Regierung in Madrid und Kataloniens zu vermitteln, sei nicht Aufgabe Europas, betonte Macron.

Wie schon an der Sorbonne plädierte Macron für wirklich europäische Hochschulen, für die Mobilität einer polyglotten jungen Generation. Austauschprogramme allein reichten da nicht aus. „Ich glaube an diese Vitalität, und ich möchte, dass diese Bewegung auch in Deutschland entsteht“, verabschiedete sich Macron von den Studierenden.