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Sondierungen Erster SPD-Landesverband gegen GroKo

Im Januar sollen die Sondierungen mit der Union über eine mögliche Große Koalition beginnen - doch bei den Sozialdemokraten rumort es.

17.12.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Kurz nach dem Beschluss der Parteispitze zur Aufnahme von Sondierungsgesprächen mit der Union hat die Thüringer SPD als erster Landesverband gegen eine Große Koalition im Bund gestimmt. Gleichzeitig warnte der größte SPD-Landesverband Nordrhein-Westfalen die Parteiführung davor, sich zu früh auf ein neues Bündnis mit der Union einzustellen. Bei inhaltlichen Knackpunkten wie dem SPD-Konzept für eine Bürgerversicherung gibt es nach wie vor große Differenzen.

Die SPD-Führung hatte sich am Freitag nach langem internen Ringen dafür ausgesprochen, nun doch Sondierungen mit CDU und CSU über eine Regierungsbildung aufzunehmen. Ob dies gelinge und wenn ja, in welcher Form, sei offen, sagte Parteichef Martin Schulz. Nach einem Vorbereitungstreffen der Spitzen von Union und SPD an diesem Mittwoch sollen die Sondierungen im Januar starten.

Ein Parteitag der Thüringer SPD billigte am Sonnabend in Erfurt einen Antrag der SPD-Nachwuchsorganisation Jusos, mit dem die Neuauflage einer GroKo im Bund abgelehnt wird. In dem Antrag heißt es unter anderem, eine erneute Regierung mit der Union würde einen weiteren Glaubwürdigkeitsverlust für die SPD bedeuten. In vielen Fragen gebe es kaum Gemeinsamkeiten.

Die SPD regiert in Thüringen als Juniorpartner in einer rot-rot-grünen Koalition unter Führung der Linkspartei. Der Landesverband Thüringen ist innerhalb der Partei allerdings nur ein kleiner. Ein ungleich größeres Gewicht hat der Landesverband Nordrhein-Westfalen. Er stellt knapp 150 Delegierte und damit rund ein Viertel der Stimmberechtigten bei dem Sonderparteitag, der im Januar über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union entscheiden soll. Über einen möglichen Koalitionsvertrag müssten dann die rund 440.000 SPD-Mitglieder befinden.

Der Landesvorsitzende der NRW-SPD, Michael Groschek, sagte dem „Spiegel“: „Die Hauptverantwortung der SPD liegt darin, wieder so groß und stark zu werden, dass sie für die Menschen im Land eine echte Kanzler-Alternative zur Union darstellt. Wenn wir uns an die Rolle des Juniorpartners gewöhnen, enden wir als Wackeldackel.“ Die SPD hatte im September mit 20,5 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl eingefahren. Groschek forderte vor dem Sonderparteitag inhaltliche Vorab-Zusagen von der Union. „Wir ziehen keine roten Linien, aber ohne konkrete Verbesserungen im Bereich der Arbeitsmarkt-, Renten- und Gesundheitspolitik ist es unvorstellbar, dass ein Parteitag grünes Licht für weitere Gespräche gibt.“

Ein zentrales Vorhaben der SPD ist eine Bürgerversicherung. Die Beiträge zur Krankenversicherung sollen künftig in gleichem Maße von Arbeitgebern und Beschäftigten gezahlt werden. Auch Beamte und Gutverdiener sollen in eine Bürgerversicherung einzahlen – bisher sind sie in der Regel privat versichert. Die Union lehnt eine Bürgerversicherung strikt ab.

Die SPD stehe bei ihren Wählern in der Pflicht, die Bürgerversicherung umzusetzen, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Karl Lauterbach. Gesetzlich Versicherte dürften nicht länger Patienten zweiter Klasse sein. Für derzeit privat Versicherte solle es keinen Zwang geben, in die Bürgerversicherung zu wechseln. Jeder neu Versicherte wäre aber automatisch in der Bürgerversicherung.