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Arbeitsmarkt Erst wenige Flüchtlinge fit für einen Job

Auf der ersten Kontaktbörse in Magdeburg suchen Berufsausbilder nach Nachwuchs.

Von Jens Schmidt 20.09.2017, 01:01

Magdeburg l Wer Schweißer wird, hat derzeit beste Aussichten auf Job und guten Verdienst. „Die Firmen suchen händeringend Leute. Doch es gibt kaum noch Interessenten“, sagt Roland Rühlmann von der Schweißtechnischen Lehranstalt Barleben. Ähnlich sieht es bei Bäckern, Verkäufern, Altenpflegern oder Anlagenbauern aus. Ginge es nach den Flüchtlingen, so würden die meisten am liebsten gleich loslegen.

„Die meisten wollen gleich arbeiten, um Geld zu verdienen und auch, um Geld nach Hause zu schicken“, berichtet Romy Meseberg, Vize-Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer Magdeburg.  Doch so einfach geht das nicht. Zuerst müssen sie Deutsch büffeln. Danach kommt die „Duale Berufsausbildung“. Berufsschule und Praxis im Betrieb. Eine deutsche Besonderheit – weltweit hoch gelobt – doch im Arabischen wie im Afrikanischen weithin unbekannt. Und weil das so ist, sehen die Zahlen noch mager aus. Etwa 4000 Flüchtlinge sind in der Region Magdeburg ohne Job und erhalten Hartz IV. Doch die Handwerksbetriebe im Norden des Landes haben 2017 gerade mal 106 Ausbildungsverträge mit Migranten unterzeichnet. Bei den IHK-Betrieben sind es 70.

Damit Zuwanderer sich einen besseren Überblick über die Lehr-Angebote verschaffen können, haben IHK, Handwerkskammer und Jobcenter am Dienstag die erste Kontaktbörse veranstaltet. 50 Firmen präsentierten sich am Dienstag im IHK-Tagungszentrum Magdeburg. Unter ihnen Schweißtechniker, Bäcker, Kraftfahr- und Pflege-Ausbilder. Knapp 300 Flüchtlinge, die sprachlich schon recht fit sind, wurden eingeladen, um sich zu informieren.

Vor allem Syrer nutzten die Möglichkeit. Souzana Alibrahim macht schon eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin, will sich aber dennoch umschauen, welche Möglichkeiten es noch gibt. Die 25-Jährige ist seit zwei Jahren in Magdeburg. Der 28-jährige Ali Alribaai interessiert sich für einen Job in der Pflege. „Danach möchte ich gern mein Pharmazie-Studium fortsetzen.“ Angefangen hatte er damit in Syrien. Die Landbäckerei Stendal hat voriges Jahr fünf und dieses Jahr acht Flüchtlinge in der Lehre. „Unsere Erfahrungen sind überwiegend positiv“, sagt Personalleiterin Claudia Schulz. Die größte Hürde sind Sprache und Fachbegriffe. „Sauerteigbrot“ gibt es in arabischen Ländern nicht. Und um im Laden verkaufen zu können, muss man zudem ein Ohr für die Mundart der Kunden haben.

Städte und Gemeinden hoffen, dass in den nächsten Jahren genügend Flüchtlinge ihre Berufsausbildung meistern und in Sachsen-Anhalt bleiben. Wenn sich heute Firmen ansiedeln wollen, dann fragen die nicht mehr zuerst nach Gewerbesteuersatz und Grundstückspreis, sagt Magdeburgs Wirtschafts-Beigeordneter Rainer Nitsche. „Die fragen zuerst: Wie ist das Fachkräfteangebot?“ Meinung