1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Supermärkte testen soziales Kaufen

Einzelhandel Supermärkte testen soziales Kaufen

Beim Einkauf auch an Menschen in Not denken - diese Möglichkeit bieten deutsche Handelsketten immer öfter.

Von Erich Reimann, dpa 12.03.2018, 23:01

Berlin l Einkaufen und gleichzeitig Gutes tun: Immer häufiger bieten die großen deutschen Handelsketten ihren Kunden die Möglichkeit dazu. Jetzt gibt es bei Rewe und dm unter dem Markennamen Share (teilen) sogar Mineralwasser, Flüssigseife und Nussriegel, bei denen die Hilfen für Menschen in Not fester Bestandteil des Produkts ist.

„Das Prinzip ist einfach: Für jedes verkaufte Produkt der Marke Share wird einem Menschen in Not mit einem gleichwertigen Produkt oder Service geholfen“, beschreibt der Gründer des Startups Sebastian Stricker die Grundidee. Eine Flasche Wasser sichert einen Tag sauberes Trinkwasser durch den Bau oder die Reparatur von Brunnen. Ein Nussriegel ermöglicht die Verteilung einer Portion Essen in Deutschland oder in Ländern wie dem Senegal und eine Flasche Handseife finanziert eine Seife – oft in Verbindung mit Hygiene-Trainings an Schulen.

Bei Deutschlands zweitgrößtem Lebensmittelhändler Rewe und auch bei der Drogeriemarktkette dm stieß Stricker mit seiner Idee einer „sozialen Konsumgütermarke“ auf offene Ohren. „Mit jedem Kauf kann gleichzeitig einem Menschen in Not geholfen werden. Das finde ich großartig“, sagt Rewe-Chef Lionel Souque. Rewe biete die Produkte deshalb seit gestern in mehr als 3000 Märkten an.

Auch Deutschlands größte Drogeriemarktkette dm hat die Share-Produkte in ihr Sortiment aufgenommen. „Wir glauben, dass diese Produkte den Zeitgeist treffen. Vor allem junge Kunden konsumieren sehr bewusst und berücksichtigen bei ihrer Kaufentscheidung sehr genau, welche Werte ein Unternehmen vertritt“, sagt dm-Geschäftsführer Sebastian Bayer.

Vergleichbare Projekte gibt es bislang vor allem im angelsächsischen Raum. Das bekannteste Beispiel ist wohl Toms, ein 2006 gegründetes kalifornisches Schuhunternehmen, das für jedes Paar verkaufter Schuhe ein Paar an bedürftige Kinder in der Dritten Welt verteilt – inzwischen über 60 Millionen Paare.

Vielleicht gewöhnungsbedürftig für deutsche Konsumenten: Sowohl Toms als auch Share sind trotz des sozialen Engagements keine Non-Profit-Organsationen, sondern wollen durchaus Gewinn machen.

Der dm-Geschäftsführer Bayer ist zuversichtlich, dass die Zeit auch in Deutschland reif ist für solche Produkte. Obwohl die Share-Produkte nicht ganz billig sind. Die Flüssigseife kostet etwa drei Euro pro Flasche, der Nussriegel um die 1,50 Euro pro Stück. Der Share-Gründer kann sich sogar bereits eine Ausweitung der Produktpalette vorstellen. „Wir würden sehr gerne auch noch das Bildungsthema aufgreifen: Man kauft sich einen Kuli und jemand anderes bekommt ein Schreibgerät geschenkt.“

Doch stehen Rewe und dm nicht allein da mit dem Versuch, Konsum und soziales Handeln zu verbinden. Lidl etwa lädt in diesem Monat alle Kunden ein, im Laden ein Teil mehr zu kaufen und für die lokalen Tafeln zu spenden. An den Pfandautomaten des Discounters können die Kunden außerdem den Erlös für die zurückgebrachten Flaschen für die Tafel Deutschland spenden. In den vergangenen zehn Jahren erbrachte das über 14 Millionen Euro. Aldi Süd verkauft bereits zum dritten Mal Taschen zugunsten der Manuel Neuer Kids Foundation.

„Soziales Engagement ist heute für Handelsketten von größerer Bedeutung als je zuvor. Sie müssen zeigen, was sie als Unternehmen Gutes tun für die Gesellschaft. Gerade die jüngeren Kunden fragen danach“, sagt der Marketing-Experte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU zum Trend.