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Haseloff Braunkohle-Aus kostet 60 Milliarden Euro

Was wird benötigt, um den Wegfall der Arbeitgeber rund um die Braunkohle-Förderung zu verkraften? Die Kohlekommission tagte in Halle.

24.09.2018, 23:01

Halle (dpa) l Die nötigen Veränderungen für ein sozialverträgliches Ende der Braunkohleverstromung in den drei deutschen Revieren wird nach Einschätzung von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff mindestens 60 Milliarden Euro kosten.

Diese Summe müssten die Industrie und die öffentliche Hand für den Aufbau von Ersatzarbeitsplätzen und eine Verbesserung der Infrastruktur aufbringen, erklärte der CDU-Politiker am Montag am Rande eines Treffens der Kohle-Kommission. Der Bund stellte zunächst 1,5 Milliarden Euro an Hilfen für die drei Regionen in Aussicht.

Die vom Bund eingesetzte Kohlekommission kam in Halle zum ersten von drei geplanten Vor-Ort-Terminen zusammen und hörte betroffene Unternehmen, Initiativen und Verbände aus dem Mitteldeutschen Revier an. Am 11. Oktober soll es in die Lausitz gehen, am 24. Oktober ins Rheinische Revier – vielleicht sogar in den Hambacher Forst, um dessen Abholzung für den Braunkohle-Tagebau so heftig gestritten wird.

Die Fahrt markiert das Ende der Experten-Anhörungen, die bisher die Sitzungen bestimmten. Schon vor Beginn der Sitzung formierten sich Hunderte Beschäftigte, Gewerkschafter und Unterstützer vor dem Stadthaus, um für eine Zukunft der Braunkohle zu demonstrieren. Umweltverbände wiederholten ihre Forderung nach einem schnellen Ende der klimaschädlichen Braunkohleverstromung.

Die Kommission soll bis Jahresende einen Fahrplan für ein Kohle-Aus festlegen – und wie sich mit konkreten Projekten und Ansiedlungen der Wegfall von Zehntausenden Jobs kompensieren lässt. Es sei entscheidend, neue Industriejobs in der Region zu schaffen, sagte Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD). Zudem sollte die Forschung und Entwicklung gestärkt werden. Eine Idee sei, an der Uni Halle ein interdisziplinäres Zentrum zur Erforschung des Strukturwandels einzurichten.

Der große Chemiestandort im Land sei eng mit dem Kohleabbau in den Tagebauen in Sachsen-Anhalt und im Westen Sachsens verknüpft, sagte der Oberbürgermeister von Halle, Bernd Wiegand (parteilos). Die heimischen Vertreter verwiesen darauf, dass die Menschen im Mitteldeutschen Revier bereits Anfang der 1990er die Folgen eines übereilten Strukturwandels erlebt hätten. Knapp 60 000 Menschen arbeiteten damals in der Region im Bergbau, sagte Willingmann. Heute hingen noch 5500 Job an der Kohle.

Das dürfe sich nicht wiederholen, mahnte auch die Grünen-Umweltministerin aus Magdeburg, Claudia Dalbert. Ohne verlässliche Perspektive gehe es nicht. Aus ihrer Sicht ist die heiß diskutierte Frage nach einem Termin für den Kohleausstieg für das kleinste Braunkohlerevier in Deutschland schon beantwortet: Zwischen 2030 und 2035 sei die Kohle im Tagebau Profen abgebaut und damit die Zeit der Braunkohleverstromung vorbei. Darauf habe sich die schwarz-rot-grüne Landesregierung verständigt.

Für die Versorgungssicherheit sei die Braunkohle bald nicht mehr notwendig, erklärten die Naturschützer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Sachsen und Sachsen-Anhalt. Sie kritisierten, dass sich die Kohle-Kommission in Halle traf – und damit gut 70 Kilometer vom Revier entfernt.

Damit schaue die Kommission an den Verheerungen vorbei, die der Kohleabbau in der Region bereits angerichtet habe, kritisierten die Landesverbände. In der Region mussten den Angaben zufolge 126 Orte mit 51.000 Bewohnern für den Abbau weichen.