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Porzellanwerk Kahla stellt Insolvenzantrag

Der Thüringer Familienbetrieb Kahla ist in schwerem Fahrwasser. Die deutsche Porzellanbrache hat seit Jahren Schwierigkeiten.

12.03.2020, 23:01

Kahla (dpa) l Der traditionsreiche Porzellanhersteller Kahla steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Deswegen hat das Familienunternehmen beim Amtsgericht Gera Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zur Sanierung in Eigenverwaltung gestellt, wie Gerichtssprecher Siegfried Christ am Donnerstag auf Anfrage sagte. Als vorläufiger Sachwalter sei der Erfurter Sanierungsexperte Kai Dellit eingesetzt worden. Die deutsche Porzellanbranche insgesamt hat seit Jahren mit hohen Kosten und billigen Importen zu kämpfen.

Als Grund für die Schieflage gab das Unternehmen in einer Mitteilung an, dass 2017 und 2018 für einen Großauftrag ein Millionenbetrag in die Fertigung investiert worden sei. Der Kunde habe den Auftrag jedoch gekündigt, so dass hohe Verluste entstanden seien. Im letzten öffentlich zugänglichen Jahresabschluss 2017 ist ein Fehlbetrag von knapp 3 Millionen Euro ausgewiesen – bei einem Bruttoumsatz von gut 23,2 Millionen Euro.

Durch einen Sanierungsplan sei die termingerechte Produktion bestehender und neuer Aufträge gesichert, betonte der Geschäftsführende Gesellschafter Holger Raithel. Ziel sei es, die aktuell 250 Mitarbeiter zu halten. Dabei kommt dem Unternehmen offensichtlich eine gute Auftragslage zuguge. Raithel: „Wir können jetzt ein Plus im Auftragsbestand von 60 Prozent und eine Steigerung des Auftragseingangs von 25 Prozent über Vorjahr verbuchen.“

Im thüringischen Kahla wird seit mehr als 170 Jahren industriell Porzellan hergestellt. Zu DDR-Zeiten war die heute rund 6800 Einwohner zählende Stadt Sitz des VEB Feinkeramik, zu dem 17 Betriebe mit rund 18 000 Beschäftigten gehörten. Die Privatisierung nach der Wiedervereinigung endete zunächst in der Pleite, 1994 erfolgte dann die Neugründung der Kahla/Thüringen Porzellan GmbH aus der Insolvenz durch den früheren Rosenthal-Manager Günther Raithel.

Seither wurden nach Firmenangaben mehr als 35 Millionen Euro investiert. Zudem machte das Familienunternehmen mit neuen Designs auf sich aufmerksam: etwa „Kuschel“-Porzellan mit Samt- oberfläche oder Geschirr, das dank Silikonfuß rutschfester ist und nicht klappert.

Die deutschen Porzellanhersteller stehen seit Jahren unter Druck. Zum einen seien die Produktionskosten hierzulande etwa durch hohe Energiepreise und Personalkosten höher als für Hersteller im Ausland, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Keramischen Industrie, Christoph René Holler. Zum anderen setzten billige Importe aus Asien den Produzenten auf ihrem Heimatmarkt zu.

In den Jahren 2017 und 2018 musste die Branche laut Holler rückläufige Umsätze verkraften, für 2019 werde mit einem leichten Plus gerechnet. Für das vergangene Jahr lägen noch keine abschließenden Zahlen vor.

Die Krise hat schon bisher vor großen Namen der Branche nicht Halt gemacht. So war 2009 der Hersteller Rosenthal in Bayern in die Insolvenz geschlittert und später von einem italienischen Haushaltswaren-Hersteller gerettet worden. Auch Europas älteste Porzellan-Manufaktur Meissen hat zu kämpfen und zuletzt rund ein Drittel der Stellen (200) gestrichen. Das Unternehmen, eine hundertprozentige Tochter des Landes Sachsen, kämpft seit Jahren mit Verlusten.