1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Metaller in Harz und Altmark im Warnstreik

Tarifkonflikt Metaller in Harz und Altmark im Warnstreik

Der Warnstreik der IG Metall betriftft auch Sachsen-Anhalt. In Wernigerode und Seehausen haben Hunderte Beschäftigte ihre Arbeit niedergelegt.

Von Ingo Gutsche 09.01.2018, 19:27

Wernigerode l Ein eisiger Wind weht am Stadtrand von Wernigerode. „Doch das Frieren lohnt sich, es geht um viel“, sagt Tatjana Stoll. Mehr als 120 Beschäftigte des Automobilzulieferers KSM Casting Group GmbH sind dem Aufruf der IG Metall gefolgt, „um endlich“, wie die 56-jährige Bevollmächtigte der IG Metall Halberstadt betont, „den fairen Anteil für Arbeitnehmer an der boomenden Wirtschaft einzufordern“.

Die IG Metall verlangt eine Lohnerhöhung ab dem 1. Januar um 6 Prozent bei einer Laufzeit von 12 Monaten sowie eine tarifvertragliche Wahlregelungen für eine verkürzte Vollzeit auf bis zu 28 Wochenstunden bis zu zwei Jahren, verbunden mit der Möglichkeit einer finanzielle Unterstützung bei der Pflege von Angehörigen und bei der Kindererziehung. „Die Erhöhung und selbst die Rückkehr in die Vollzeitarbeit wird kategorisch abgelehnt“, so Tatjana Stoll .

Die Arbeitgeber haben bislang Lohnzuwächse von 2 Prozent ab 1. April für 12 Monate und einer Einmalzahlung von 200 Euro für die Monate Januar bis März angeboten. „Das ist eine Provokation“, betont die IG-Geschäftsführerin und fügt hinzu: „Und es ist einfach nur unverschämt, dieses Angebot auch noch mit Gegenforderungen zu verbinden.“ Diese würden praktisch die Aufhebung der 38-Stunden-Woche nach oben und die Abschaffung der Mehrarbeitszuschläge bedeuten.

Unterstützung erhielten die KSM-Beschäftigten von Gewerkschaftern aus Betrieben in Wernigerode, Thale, Ilsenburg und Harzgerode. Einig seien sie sich, nicht länger Arbeitszeitregelungen, die nur noch vom Markt und Kundenwünschen bestimmt werden, hinzunehmen. Mit Nachdruck „werden wir für die Lohnerhöhung um 6 Prozent und für mehr Zeit für uns kämpfen“, unterstreicht KSM-Betriebsrat Thomas Schneevoigt. Dafür seien die Harzer bereit, auch für mehrere Tage die Arbeit niederzulegen. KSM hat 436 Beschäftigte (inklusiv Leiharbeiter), 300 sind gewerkschaftlich organisiert.

130 der rund 230 Beschäftigten des Seehäuser Unternehmens Graepel im Landkreis Stendal legten am Dienstag zwischen 13 und 15 Uhr ihre Arbeit nieder. Sie forderten die Geschäftsführung auf, in Tarifverhandlungen einzutreten. Nach Angaben von Axel Weber, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Magdeburg-Schönebeck, verdienen die Kollegen zwischen 500 und 800 Euro weniger als ihre Kollegen am Hauptsitz von Graepel in Löningen (Niedersachsen). In mehreren Sondierungen konnte die Gewerkschaft bisher keine Einigung mit Geschäftsführer Carl-Ulrich Bauer erzielen. Vielmehr seien ehrenamtliche Funktionsträger der Gewerkschaft für ihre Aktivitäten abgemahnt worden, so Weber. Bisher sei die Geschäftsführung lediglich bereit gewesen, in Tarifverhandlungen über einen Haustarifvertrag nach Finanzlage zu ihren Bedingungen einzutreten. Graepel Seehausen stellt Roste, Treppenstufen und Leitersprossen her und verarbeitet diese zu Baugruppen für verschiedenste Branchen.

Im Kampf um 6 Prozent mehr Lohn und kürzere Arbeitszeiten hat die IG Metall die Warnstreiks am Dienstag bundesweit kräftig ausgeweitet. Allein in Nordrhein-Westfalen legten 32.000 Beschäftigte in 143 Betrieben die Arbeit nieder, bundesweit waren es 60.000, wie die Gewerkschaft mitteilte. Der bayerische IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler kündigte bei einer Kundgebung mit 4000 Beschäftigten in Schweinfurt den vielleicht härtesten Tarifkampf seit 20 Jahren an. Die dritte Verhandlungsrunde für die 3,9 Millionen Metaller in Deutschland beginnt am Donnerstag in Böblingen bei Stuttgart.