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Trockenheit Debatte um Nothilfe für Landwirte

Bund und Länder wollen sich ein Bild über das Ausmaß der Schäden durch Trockenheit und Hitze machen. Die Bauern dringen auf schnelle Hilfe.

31.07.2018, 23:01

Berlin (dpa) l Angesichts der Dürre in vielen Regionen Deutschlands ist eine Debatte über milliardenschwere Nothilfen für Bauern mit schweren Ernteeinbußen entbrannt. Umweltschützer und die Grünen sprachen sich für eine akute Unterstützung betroffener Betriebe aus, forderten aber auch mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft ein. Unter stark von Trockenheit betroffenen Ländern formieren sich Erwartungen, dass sich der Bund an Finanzhilfen beteiligt. Die Bauern dringen auf rasche Entscheidungen. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) will heute das Kabinett über die Lage informieren.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace warnte vor einem „Fass ohne Boden“, wenn die Branche ohne ein Umsteuern bei der nächsten Dürre wieder Hilfen bekommen müsste. „Statt eine Milliarde Euro zusätzliche Subventionen zu verpulvern, sollte das Geld eingesetzt werden, um die massiven Treibhausgas-Emissionen aus dem Agrarsektor zu reduzieren und die Landwirtschaft der Erdüberhitzung anzupassen.“ Die Organisation WWF forderte von der Bundesregierung ein Sofortprogramm gegen Ursachen der Erderwärmung: „Wenn wir weiter nichts tun, wird das Extremwetter dieses Sommers bald zum Normalzustand werden.“

Die Grünen unterstützten kurzfristige Hilfen für betroffene Höfe. Fraktionschef Anton Hofreiter sagte zugleich aber der „Rheinischen Post“: „Pauschales Handaufhalten von Lobbyverbänden ist wenig hilfreich.“ Hilfen sollten an konkrete Bedingungen geknüpft und ökologischere Betriebe unterstützt werden. Linke-Agrarpolitikerin Kirsten Tackmann sagte: „Nothilfen werden gebraucht, und das kann nicht nur die Aufgabe der Bundesländer sein.“

Die FDP plädiert für eine steuerliche Begünstigung der Krisen-Vorsorge. „Die Risikoausgleichsrücklagen von Landwirten müssen in Zukunft steuerfrei gebildet werden können“, und zwar in Höhe des Durchschnittsgewinns der vergangenen vier Wirtschaftsjahre, erläuterte FDP-Agrarpolitiker Gero Hocker.

Der Bauernverband fordert Hilfen von möglichst einer Milliarde Euro und mahnt zur Eile. „Wir brauchen schnell Unterstützung für die Betriebe. Hier müssen in den nächsten Wochen Entscheidungen fallen, da brauchen wir nicht auf eine endgültige Erntestatistik zu warten“, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied dem „Handelsblatt“. Wegen Hitze und Trockenheit vor allem im Osten und Norden drohen Ausfälle bei Getreide, aber auch bei Gras als Tierfutter. „Wir rechnen allein beim Getreide mit einem Minus von rund 1,4 Milliarden (Euro), dazu kommen Mais, Zuckerrüben, Kartoffeln und Grünfutter“, sagte Rukwied der „Passauer Neuen Presse“.

Brandenburg will unterdessen von Dürreschäden betroffene Landwirte finanziell unterstützen. Als erster Schritt werde die Bereitstellung von 5 Millionen Euro geprüft, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Die Summe stehe noch aus dem Nachtragshaushalt bereit. Damals waren 20 Millionen Euro für Witterungsschäden eingeplant worden. „Was für Witterungsschäden durch Überflutungen und Frost im Jahr 2017 galt, sollte auch für Dürreschäden im Jahr 2018 möglich sei“, sagte Woidke.

In Berlin wollten am Dienstag Experten des Bundesagrarministeriums und der Länder zusammenkommen, um eine „erste Bestandsaufnahme“ der Schäden vorzunehmen. Beschlüsse über weitere Hilfen wurden nicht erwartet. Der Bund will erst über mögliche eigene Hilfen entscheiden, wenn Ende August eine offizielle Abschlussbilanz der Ernte vorliegt. „Wenn das ein nationales Ausmaß hat, dann kann der Bund wie 2003 auch mit Finanzen helfen“, sagte Klöckner im ZDF.

Zuständig für Unterstützungsangebote sind zuerst die Länder, die Zuschüsse geben können. Erst wenn Schäden von „nationalem Ausmaß“ festgestellt werden, kann auch der Bund Finanzhilfen leisten. Zuletzt war dies 2003 wegen einer Dürre der Fall gewesen und 2013 wegen massiver Hochwasserschäden. Meinung