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Joko und Klaas: Die große Show geht noch

Böse Zungen behaupten, sie verstehen sich gar nicht so toll: Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf sind aber professionell genug, keine Zweifel an ihrer guten Partnerschaft aufkommen zu lassen.

Von Interview: Carsten Rave, dpa 29.04.2016, 07:36

Berlin (dpa) - Auf diesem Duo ruhen die Hoffnung des Fernsehkonzerns ProSiebenSat.1: Joko Winterscheidt (37) und Klaas Heufer-Umlauf (32) sollen mit einer neuen Show von diesem Samstag an endgültig das Erbe des Fernseh-Rentners Stefan Raab (49) antreten.

Es klingt natürlich witzig, wenn Heufer-Umlauf klagt, sie könnten sich als DAX-notiertes Unternehmen irgendwelche B-Witze nicht mehr erlauben. Es muss substanzielles Premium-Entertainment sein, das auf dem Frankfurter Parkett Anklang findet. Aber ein bisschen Druck lastet schon auf den beiden.

Frage: Joko und Klaas kredenzen uns Die beste Show der Welt. Ist das nicht ein Schlag ins Gesicht derer, die genau das schon seit gut 60 Jahren in Deutschland gewollt haben - Kulenkampff, Frankenfeld, Carrell, Gottschalk, Elstner, Raab?

Heufer-Umlauf: Im Gegenteil, ohne diese Altmeister würde es unsere Show gar nicht geben. Andererseits ist das wie mit Rekorden, die auch immer wieder überboten werden müssen. Sonst würde immer noch der Rekord von 1965 Bestand haben. Also probieren wir es mit immer neuen Disziplinen, die es damals noch gar nicht gab, und passen die Show der neuen Zeit an.

Frage: Ich unterstelle aber mal mit der Uralt-Argumentationslitanei: Wir haben doch bereits alles ausgetestet, alle Limits gebrochen.

Heufer-Umlauf: Wir haben nur drei Akkorde, aber trotzdem kommt ein neues Lied dabei heraus, das die Leute dann bestenfalls wieder begeistert. Das Entscheidende ist: Wir kennen das Ziel nicht so genau und machen das zum Inhalt der Sendung: Was wirklich die beste Show ist, entscheidet am Ende das Publikum. Gibt es sie überhaupt? Joko und ich werden versuchen, uns gegenseitig zu überbieten. Wir haben eine gewisse Sendezeit zur Verfügung, die wir jeweils abwechselnd frei gestalten möchten. Mal 10, 15 oder 20 Minuten am Stück. Und in dieser Zeit bringen wir als Show in der Show die Idee auf die Bühne, die wir für die beste halten. Ob das wirklich so ist, merken wir unter Umständen erst, während wir es machen, denn manches sieht auf dem Papier besser aus, als es in Wirklichkeit ist. Anhand der laufenden Publikumswertung kann man dann sehen, welche Show vorne liegt. Jeder hat vier Konzepte, die er ins Spiel bringt.

Frage: Haben Sie vielleicht ein Beispiel?

Winterscheidt: Ich stelle eine völlig neue Gameshow auf die Beine, die Yes or No Show. Die beste Show der Welt ist ja auch der erste Versuch für uns zu sehen, ob jeder von uns überhaupt noch alleine arbeiten kann...

Heufer-Umlauf: Und ich werde etwas entgegensetzen: Menschen, Tiere, Explosionen. Ich werde aus allen Rohren schießen, die mir zur Verfügung stehen. Ich jedenfalls werde mit einer großen Illusion starten, die Deutschland so noch nie gesehen hat.

Frage: Im Stile eines David Copperfield?

Heufer-Umlauf: Mehr als das. Copperfield ist schon eine Weile her - ich werde ihn noch weit übertreffen. Ich habe viel gegoogelt, das gab's zu Copperfields Zeiten ja noch nicht! Ich weiß jetzt, wie alles geht. Letztlich kommt es darauf an, zu verstehen, was das Publikum will. Und dass das auch eine Illusion sein kann, haben wir schon manches Mal in unserer Karriere erlebt.

Frage: Was passiert schließlich mit der besten Show aller acht?

Heufer-Umlauf: Wer die beste Show präsentiert, bekommt an dem Abend den echten Deutschen Fernsehpreis. Das Design werden wir stehlen. Und dadurch, dass der Fernsehpreis im TV nicht mehr übertragen wird, wird es auch niemandem auffallen. Vielleicht nehmen wir auch einen alten und malen ihn mit einem Edding anders an, um das ProSieben-Budget nicht zu belasten.

Frage: Aber die beste Show des Abends muss doch in Serie gehen, immer samstags um 20.15 Uhr auf ProSieben?

Winterscheidt: Das liegt nicht so sehr in unseren Händen...

Frage: Aber jetzt tun Sie doch nicht so naiv! Das ist doch Sinn der Sache!

Heufer-Umlauf: Wir können das Pech haben, das von den acht Shows eine gewinnt, mit der wir uns selber ein Ei legen würden. Wenn ich als Großillusionist jeden Samstagabend ran müsste, hätte ich ein Problem. So viel kann ich gar nicht googeln.

Winterscheidt: Es kann aber auch sein, dass die beste Show an diesem Abend mit Ach und Krach gewinnt, weil die anderen alle abschmieren.

Heufer-Umlauf: Wir können uns als DAX-notiertes Unternehmen nicht mehr erlauben, irgendwelche B-Witze oder halbgare Pimmelgags zu servieren, es muss substanzielles Premium-Entertainment sein, das auf dem Frankfurter Parkett Anklang findet. Aber: Wir versuchen, in Richtung Unterföhring eine Drohkulisse aufzubauen und wenn Sie uns dabei helfen möchten, wären wir Ihnen sehr verbunden.

Frage: Wenn jetzt die beste Show nun serienfähig werden sollte, welchen Showballast werfen Sie dann noch ab? Mein bester Feind hatte doch eine sehr mäßige Quote...

Winterscheidt: ProSieben hat doch getwittert, die Quoten waren gut!

Heufer-Umlauf: Haha! Haben die getwittert, ja? There are no tanks in Bagdad! Unser comical Ali! Es ist wie überall: Man muss Tore schießen, um nach oben zu kommen. Aber die Saison ist noch lange nicht zu Ende.

Winterscheidt: Oh Gott, hör auf!

Heufer-Umlauf: Das Duell um die Welt war sehr erfolgreich und pausiert dennoch aktuell. Das ist am Erfolg nicht festzumachen. In diesem Jahr haben wir uns auf unsere neue Sendung Die beste Show der Welt konzentriert.

Winterscheidt: Wir wollen ja auch eine gewisse Qualität abliefern. Aber wenn wir zu viel machen, würde alles andere darunter leiden. Da müssen wir aufpassen.

Frage: Warum kränkelt die Samstagabendshow - geht das überhaupt noch? Ist das nicht die große Illusion?

Heufer-Umlauf: Das ist eine Frage, die wir uns auch stellen. Natürlich hat die TV-Landschaft sich verändert, auch die Nutzungsgewohnheiten. Aber wenn man glaubt, eine gute Idee zu haben, diese dann gut umsetzt, erreicht man immer noch viele Zuschauer. Es kann ja auch Helene Fischer im ZDF sein: Die große Show an sich geht noch. Peter Frankenfeld ist früher noch rausgegangen und hat 25 Minuten geredet. Das funktioniert heute nicht mehr. Also müssen wir uns heute neu überlegen, was wir machen und wie eine Show aussehen muss.

Frage: Aber die Menschen, die sie suchen, haben doch längst die Seiten gewechselt - die sind doch meist in den Netzwerken unterwegs, nicht im linearen TV.

Heufer-Umlauf: Komischerweise ist das gar nicht unbedingt so. Es ist bemerkenswert, wie viele Leute gleichzeitig einen Laptop auf dem Schoß oder ein Smartphone in der Hand haben und trotzdem ferngucken um 20.15 Uhr. Das Prinzip ist die Gleichzeitigkeit der Ereignisse, die man teilt mit Leuten, die man nicht unbedingt kennen muss. Der Tatort ist das meistbesprochene TV-Event im Netz. Das Lagerfeuer-Gefühl entsteht nicht mehr in der Familie, es hat sich ausgedehnt.

Frage: Gibt es nicht zu viele Gesichtsvermieter in Deutschland? Showmaster, die das runtermoderieren, was ihnen aufgetragen wird, ohne Leidenschaft und Hingabe?

Heufer-Umlauf: Ich glaube, dass zum Beispiel Kai Pflaume alles mit Leidenschaft macht, und das zeigt auch das Format Zeig mir Deine Welt. Fernsehen muss nicht immer bahnbrechend und neu sein, es hat etwas mit Beständigkeit, Verlässlichkeit und Sicherheit zu tun. Das Fernsehen hat nun mal die Aufgabe, bestenfalls alle vor den Bildschirm zu holen. Das ist sein Auftrag. Wir haben einen anderen Job als Kai Pflaume, aber reichen uns auf jeder Veranstaltung die Hand.

Frage: Stefan Raab hat vor rund 20 Jahren angekündigt, mit rund 50 aufzuhören. Er hat es wahrgemacht, Wo sehen Sie sich mit 50?

Winterscheidt: Also, ich wollte mit 40 aufhören, das wäre in drei Jahren... (lacht)

Heufer-Umlauf: Ich seh' mich noch mit 71 rauchend im TV sitzen und werde wahrscheinlich nie genug bekommen.

Winterscheidt: Ich lote es immer wieder aus, wie es wäre, mit 40 aufzuhören, wobei es Klaas völlig egal wäre, ob ich das tue. Aber erstmal haben wir ein paar Verträge zu erfüllen...

Frage: Aber Ihre Verknüpfung wie siamesische Zwillinge ist doch teuflisch? Es gibt Leute, die behaupten, Sie sind eben doch nicht die besten Freunde.

Winterscheidt: Das macht doch auch Spaß! Das Schönste ist, dass er sich darüber ärgert, wie ich ihn hasse. Wenn er sagt, er liebt mich, ist es für ihn irritierend, dass ich sage, ich hasse ihn, und er sagt: Er liebt mich.

Heufer-Umlauf: Wir sind eher wie Brüder. Ich habe mir auch nie einen Bruder gewünscht. Jetzt habe ich eben einen. Blut ist am Ende dicker als Wasser. Da muss ich auch nicht alle drei Tage anrufen und fragen: Na, wie geht's dir heute? Sondern, der ist halt da und geht auch nicht wieder weg.

ZUR PERSON: Klaas Heufer-Umlauf stammt aus in Oldenburg (Niedersachsen) und ist gelernter Friseur. Seine TV-Karriere führte ihn über MTV, Viva und ZDFneo zu ProSieben. Heufer-Umlauf ist liiert mit der Kollegin Doris Golpashin - ihr gemeinsames Kind ist drei Jahre alt.

ZUR PERSON: Joko Winterscheidt wurde in Mönchengladbach geboren, absolvierte eine Ausbildung als Werbekaufmann und nahm einen ähnlichen Weg wie Heufer-Umlauf (über MTV und ZDFneo) zu ProSieben. Winterscheidt ist seit 2010 Vater einer Tochter.