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Brief an mein Leben

Im ZDF-Film Brief an mein Leben spielt Marie Bäumer eindringlich eine Karrierefrau, deren Körper und Seele schlapp machen. Grundlage ist Miriam Meckels Burnout-Bestseller Brief an mein Leben. Persönlich schätzt Bäumer ihr entspanntes Dasein in Südfrankreich.

Von Ulrike Cordes, dpa 24.04.2016, 23:01

Berlin/Hamburg (dpa) - Ausgebranntsein, schwerer Erschöpfungszustand und Nicht-Mehr-Können sind kein schönes Thema. Aber eines, das viele interessiert.

Der Kommunikationswissenschaftlerin und Publizistin Miriam Meckel gelang 2010 mit ihrem Burnout-Erfahrungsbericht Brief an mein Leben ein Bestseller. Denn in einer Gesellschaft, in der gefühlt alles immer schneller und hochtouriger läuft, betreffen diese Phänomene mehr und mehr Menschen vieler Berufsgruppen. Das Thema lag in der Luft, sagte denn auch ZDF-Redakteur Günther van Endert bei der Präsentation des Films in Hamburg, der den gleichen Titel wie das Buch hat.

Frei nach Motiven aus der Vorlage der 49-Jährigen hat Regisseur Urs Egger ein ungewöhnliches und oft intensives Fernsehdrama geschaffen. Zu sehen ist die Bavaria-Produktion im Auftrag des ZDF als Fernsehfilm der Woche am Montag (25. April) um 20.15 Uhr. In der Hauptrolle spielt der Kino- und TV-Star Marie Bäumer (Das Adlon) eindringlich und in sich selbst nicht schonender Weise eine weltweit erfolgreiche Ozeanografin, die ihre Erschöpfungssymptome solange ignoriert, bis Körper und Psyche endgültig schlapp machen.

Und die sich dann - ganz pragmatische, willensstarke Karrierefrau - selbst in eine Klinik einweist, um sich mal eben kurieren zu lassen. Doch diese Toni Lehmstedt muss erkennen, dass es so nicht geht. Es braucht Zeit, Kraft und viele Tränen, sich selbst auf den Grund zu kommen. Und dafür nicht nur das eigene übersteigerte Arbeitsethos, sondern auch die schwierigen Beziehungen zur spröden Mutter (Jutta Wachowiak) und der Geliebten Maria (Christina Hecke) zu klären. Am Ende wird Toni ihr inneres Kind befreien - und es hoffentlich mit in ein neues, entschleunigtes Leben nehmen.

Der 1955 geborene Schweizer Regisseur Egger (Eine Liebe für den Frieden - Bertha von Suttner und Alfred Nobel) hat für die durchweg ausgezeichnet besetzte Tiefenreise nach dem Drehbuch von Laila Stieler eine im Fernsehen seltene Bildsprache gefunden: eine Montage teils unscharf aufgenommener Eindrücke, bei der sich Zeit- und Realitätsebenen verschieben.

Selbst wenn die Spannung gelegentlich nachlässt und die Aufarbeitung des Mutter-Konflikts eher stereotyp ausfällt, vermittelt Eggers Drama Wesentliches: Dass Burnout mehr ist als eine Lifestyle-Krankheit für Besserverdiener - ein Leiden der Seele mit vielen Ursachen. Bei den Filmfestspielen in Biarritz (Frankreich) wurde die 46-jährige Marie Bäumer für ihre Leistung mit dem Fipa d'Or geehrt.

Auch beim ZDF-Pressetermin in Hamburg zeigte sie viel Empathie. Als Vielreisende und Hochleistungssportler sind wir im künstlerischen Beruf immer gefährdet, sagte die Schauspielerin der Deutschen Presse-Agentur. Für sich selbst habe sie früh ein Gegenmittel gefunden: Ich konzentriere mich immer mit Haut und Haaren auf das, was ich gerade tue - und pflege Ruhephasen, erklärte die Mutter eines 18-Jährigen. So nehme sie pro Jahr nur zwei große Rollen an.

Sehr geholfen habe ihr, seit zehn Jahren in einem 2300-Einwohner-Dorf in Südfrankreich zu leben. Rituale wie regelmäßige Pausen und ausgiebige Handy-freie Mahlzeiten bei einem Glas Wein im geselligen Kreis ließen Stressgefühle meist gar nicht erst aufkommen, sagte Bäumer. Auch liebe sie ihre Hängematte im Garten mit seinen Olivenbäumen und übernachte gern unter freiem Himmel im Außenbett, erzählte die Schauspielerin - und strahlte in weißer Bauernbluse mit bunter Kette entspanntes provinzalisches Flair aus.

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