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Handball Die Lehren aus der EM ziehen

Seit gut drei Jahren ist Andreas Michelmann Präsident des DHB. Im Volksstimme-Interview spricht er über die Bedeutung der Heim-WM.

Von René Miller 04.01.2019, 00:01

Volksstimme: Die Mannschaft bekommt jetzt in Hamburg den letzten Feinschliff. Was erwarten Sie von der WM?
Andreas Michelmann:
Ich hoffe, dass wir über Berlin und Köln in drei Wochen wieder in Hamburg angekommen sind und uns auf das Halbfinale vorbereiten. Diesem Ziel müssen Mannschaft, Trainer und Verantwortliche alles unterordnen und eine absolute Einheit bilden. Diesbezüglich sollten wir aus der EM vor einem Jahr die richtigen Lehren gezogen haben.

Mit Uwe Gensheimer hat die deutsche Mannschaft eigentlich nur einen absoluten Superstar. Ist das vielleicht sogar ein Vorteil?
Wir sind dadurch auf jeden Fall schwerer auszurechnen als die eine oder andere Mannschaft. Und den EM-Titel haben wir vor drei Jahren auch eher als Team gewonnen, in dem jeder an seine Grenzen ging.

Wie schätzen Sie die Gegner auf dem Weg nach Hamburg ein?
Frankreich ist ganz klar der dickste Brocken. Um gegen den Titelverteidiger zu gewinnen, muss alles passen. Russland kann man dagegen nie so richtig einschätzen. Und in der Hauptrunde muss man mit Spanien und Kroatien rechnen. Uns wird also alles abverlangt.

Wobei der neue Modus dem deutschen Team entgegenkommen dürfte.
Dass es kein Achtelfinale und Viertelfinale, sondern wie bei der EM eine Hauptrunde gibt, finde ich besser. Der Gastgeber hat dadurch auch mehr Planungssicherheit. Wenn wir die Vorrunde überstehen, wovon wir alle fest ausgehen, haben wir auf jeden Fall noch drei Spiele. Und dieser Modus verzeiht auch eher mal einen schwachen Tag. Bei einer K.o.-Runde ist man dagegen schnell draußen – so wie es uns leider bei den letzten zwei Weltmeisterschaften gegen Katar ergangen ist.

Es gibt auch Fans, die nicht verstehen können, warum in Handball-Hochburgen wie Magdeburg, Kiel oder Mannheim keine Spiele stattfinden, aber dafür München und Köln Austragungsorte sind. Was antworten Sie auf die Kritik?
Wir dürfen nicht vergessen, dass wir nur eine halbe WM haben. Dass die Halbfinals in Hamburg stattfinden, hat unter anderem auch mit der Nähe zu Dänemark zu tun. Und Köln zeigt Jahr für Jahr mit dem Final Four der Champions League, dass Handball auch dort zu Hause ist. Was diese Halle für eine deutsche Nationalmannschaft bewirken kann, haben wir auch 2007 mit dem Gewinn des WM-Titels gesehen. Unterm Strich ging es darum, die WM in den vier größten deutschen Städten und damit in allen Himmelsrichtungen zu platzieren. Dadurch ist München im Süden dabei.

Kritik wurde auch daran geübt, dass die Bundesliga am Tag vor dem Treffen des Nationalteams sogar noch ein Top-Spiel angesetzt hat. Hätte man bei einer Heim-WM nicht besser schon vor Weihnachten die Liga unterbrechen sollen?
Man kann von der Liga nicht alles verlangen. Die letzte Saison wurde schon auf die Japan-Reise des Nationalteams im Juni ausgerichtet und zuletzt auch der Termin für das Länderspiel gegen Polen freigeräumt. Die Weihnachtsspieltage sind feste Tradition mit vielen Zuschauern. Das ist zwischen Liga und Verband immer ein gegenseitiges Nehmen und Geben.

Heiß diskutiert wird auch allgemein über die hohen Belastungen in der Bundesliga. Wäre es besser, wenn man Welt- und Europameisterschaften nur noch jeweils aller vier Jahre ausspielt?
Zum Thema Belastung in der Bundesliga setzen sich nach der WM alle Beteiligten an einen Tisch. Aber so wie ich die Spieler verstehe, geht es da eher um eine Straffung des Spielplans, um im Sommer eine längere Regenerationszeit zu haben. Was die Turniere betrifft, sehe ich eigentlich nur alle vier Jahre ein Problem, wenn wir mit Olympia sogar drei Großereignisse innerhalb von 13 Monaten haben. Da müssen wir künftig sicherlich eine entsprechende Lösung finden.

Wie wichtig ist es, dass ARD und ZDF einen Vertrag bis 2025 für die Übertragung der großen Turniere haben?
Wir wollen die Hallensportart Nummer eins sein und auch die Fußballpause im Januar nutzen. Dafür ist eine mediale Präsenz sehr wichtig. Nur so können wir eine Euphorie erzeugen. Beim WM-Gewinn 2007 haben am Ende über 16  Millionen Zuschauer vor dem Fernseher gesessen. Für unseren Sport ein absoluter Traum.