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Jagd Wildschweinen um Halberstadt geht es saugut

5815 Wildschweine haben Jäger im Harz 2017 zur Strecke gebracht. Milde Winter bereiten ihnen Schwierigkeiten, die Population zu bejagen.

Von Jörg Endries 27.11.2018, 00:27

Halberstadt l Saugut geht es den Wildschweinen. Milde Winter und große landwirtschaftlich genutzte Flächen, wo die Schwarzkittel einen reich gedeckten Tisch vorfinden und sich vor den Jägern gut geschützt bewegen können, begünstigen das stetige Anwachsen der Population. Mittlerweile streifen vereinzelt ­Tiere oder auch Rotten sogar durch Städte und Dörfer, verwüsten Gärten und Grund­stücke. Vergangene Woche wühlten Wildschweine einen Teil des Friedhofes in Langenstein um. Der erste derartige Fall in Halberstadt beziehungsweise in den sieben Ortsteilen, informierte die Stadtverwaltung.

Jäger Jörg Matthies kann den Vorfall erklären. „Die Wildschweine haben dort ‚Bonbons‘ gesucht. Für die Tiere sind das Käferlarven, die sich unter der Grasnarbe verbergen.“ Ein Abschuss auf Friedhöfen, die zu den sogenannten befriedeten Bezirken gehören, sei nicht nur problematisch, sondern nicht erlaubt.

Schon lange wachsen die Wildschweinbestände – trotz der Bejagung. In Sachsen-Anhalt sind nach Angaben des Jagdverbandes 2017 insgesamt 49.219 Schwarzkittel erlegt worden. Allein im Harz waren es 5815. Die Jägerschaft Halberstadt, die den ehemaligen Landkreis Halberstadt umfasst und 250 Mitglieder zählt, brachte 897 Wildschweine 2017 zur ­Strecke, informiert Jörg Matthies, Vorsitzender der ­Jägerschaft. Die Abschüsse sind in den zurückliegenden Jahren deutlich nach oben gegangen. ­Zum Vergleich: 2015 wurden im selben Gebiet 500 Wildschweine erlegt.

Aussagen oder vorsichtige Schätzungen über die Wildschwein-Population in Sachsen-Anhalt oder in der Region Halberstadt beziehungsweise im Harz seien fast unmöglich oder nur sehr schwierig.

Jörg Matthies bestätigt, dass das Problem mit der wachsenden Population nicht neu ist. „Entscheidend ist, dass die Wildschweine viel Ruhe über die Saison genießen.“ Das habe nichts damit zu tun, dass die Jäger ihren Aufgaben nicht nachkommen. Die riesigen Raps- und Maisfelder bieten den Schweinen sehr guten Schutz. Daher sind sie schwer zu bejagen. ­Initiativen der Landwirte, Jagdschneisen in die Kulturen zu schneiden, würden den Jägern zwar helfen. „Aber Wildschweine sind sehr schlaue ­Tiere. Knallt es ein- oder zweimal dort während der Jagd, wissen sie sofort, was los ist und meiden die Schneise“, berichtet Jörg Matthies aus seiner Jagdpraxis. Eine Kleinfelderlandwirtschaft und ­Naturinseln würden den Jägern entgegenkommen und die Jagd auf die Schweine erleichtern. „Das ist aber reines Wunschdenken“, sagt der ­Jäger.

Begünstigend auf die Reproduktionsrate der Tiere würden sich aber auch die milden Winter auswirken, erklärt Jörg Matthies. Normalerweise paaren sich die Tiere im November/Dezember und die Bachen bringen im März/April die Frischlinge zur Welt. Ist es nass und kalt, mit Schnee und Eis, sterben viele Jungtiere in den ersten Lebens­wochen. Das sei immer seltener der Fall. Außerdem dürfen während der Aufzucht der Frischlinge die Eltern­tiere nicht bejagt werden. „Ich glaube, dass aufgrund der milden Witterung ältere Bachen unter bestimmten Umständen auch zweimal Nachwuchs bekommen. Das kann ich aber nicht belegen“, so Jörg Matthies.

Ein weiteres Problem ist, dass die Wildschweine ihre Aktivitäten immer stärker in die Nachtstunden verlegen. Der Grund dafür ist der Freizeitfaktor Natur – tagsüber sind viele Wanderer und Fahrradfahrer im Wald und der Flur unterwegs, da verstecken sich die Schweine.

Jagen im Dunkeln ist sprichwörtlich ein dunkles ­Kapitel für die Wildschweinjagd. Die Jäger dürfen in ­Sachsen-Anhalt zwar Nachtsichtgeräte verwenden (Ferngläser), aber keine Nachtzielgeräte, die den Abschuss ermöglichen, bedauert Jörg Matthies. Ein sicherer Schuss sei daher nur in mondhellen Nächten möglich.