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KonjunkturprognoseAngst vor dem Untergang

Die Bundesregierung erwartet wegen der Corona-Krise eine schwere Rezession

Von Andreas Hoenig und Theresa Münch 29.04.2020, 23:01

Berlin (dpa) l Die Bundesregierung rechnet infolge der Corona-Krise mit einem dramatischen Einbruch der Wirtschaftsleistung in Deutschland und der schwersten Rezession der Nachkriegsgeschichte. Erst 2022 dürfte die Wirtschaftskraft wieder das Niveau vor der Krise erreicht haben. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) stellte am Mittwoch in Berlin neue Finanzhilfen für Gastgewerbe, Veranstalter und Kulturbranche in Aussicht. Mit einem Konjunkturprogramm soll die Nachfrage angekurbelt werden. Was die Prognose bedeutet:

 

Die massiven Folgen der Corona-Krise mit drastischen Einschränkungen im öffentlichen Leben im Kampf gegen das Virus stürzen die deutsche Wirtschaftsleistung in ein tiefes Tal. Im zweiten Quartal geht das Bruttoinlandsprodukt (BIP) den Schätzungen zufolge um elf Prozent zurück, im Gesamtjahr um 6,3 Prozent. Für das Jahr 2021 wird ein Zuwachs in Höhe von 5,2 Prozent erwartet. Das Wirtschaftsministerium unterstellt dabei, dass die Corona-Beschränkungen ab Mai schrittweise weiter gelockert werden und es im zweiten Halbjahr wirtschaftlich wieder aufwärts geht – das aber ist keineswegs sicher und hängt vom Verlauf der Pandemie ab.

Zum Vergleich: In der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 ging das Bruttoinlandsprodukt um 5,7 Prozent zurück.

Hunderttausende Beschäftigte sind in Kurzarbeit, das bedeutet für viele Arbeitnehmer deutliche Einkommensverlusten. Altmaier sagte, erstmals seit Jahren werde es wieder einen Rückgang der Beschäftigung geben, dies schmerze. Laut Projektion dürfte im laufenden Jahr die Erwerbstätigkeit um 370 000 Personen zurückgehen. Besonders betroffen seien das Gastgewerbe, der Handel sowie die Unternehmensdienstleistungen. Die Arbeitslosigkeit dürfte im Jahresdurchschnitt auf 5,8 Prozent wachsen. Im März lag die Quote bei 5,1 Prozent – dies war das Niveau vor dem Ausbruch der Krise. Rückgänge erwartet die Regierung auch bei den Arbeitnehmerentgelten, die insgesamt um 0,9 Prozent sinken.

 

Eine konkrete Steuerschätzung für die nächsten Jahre gibt es im Mai, die am Mittwoch vorgestellten Daten sind eine wichtige Grundlage dafür. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat in seinem Nachtragshaushalt zunächst damit gerechnet, dass die Steuereinnahmen in diesem Jahr um 33,5 Milliarden Euro geringer ausfallen werden als zuvor gedacht. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass es nun noch schlimmer kommt.

 

Die Bundesregierung hat umfassende Hilfsprogramme auf den Weg gebracht, um die Corona-Folgen abzufedern. Das Wirtschaftsministerium sprach von einem beispiellosen Schutzschirm von mehr als einer Billion Euro. Altmaier kündigte baldige konkrete Vorschläge für neue Finanzhilfen an – wie auch für einen Vier-Punkte-Plan für einen Neustart der Wirtschaft. Dieser sieht für die Zeit auch ein Konjunkturprogramm vor.

 

Bund und Länder hatten Erwartungen gedämpft, dass es bei Beratungen am heutigen Donnerstag weitere große Schritte über Lockerungen gibt.Wirtschaftsverbände fordern in einem Brandbrief an die Bundesregierung, dass das wirtschaftliche Leben ab dem 4. Mai reaktiviert werden müsse. „Die Angst in den Unternehmen vor dem Untergang“ schlage in tiefe Verzweiflung um. Altmaier sprach sich dafür aus, nächste Woche einen Fahrplan für das Wiederhochfahren der Wirtschaft vorzulegen.Meinung