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TV statt Streaming Altmodische Unterhaltungsnation

Keine DVDs oder CDs mehr im Wohnzimmer - so sieht der moderne Medienkonsument aus. Ist das Bild realistisch?

15.01.2016, 23:01

Berlin (dpa) l Mancher hält Seriensucht und Angst vor Spoileralarm inzwischen für Massenphänomene. In vielen Familien, Freundeskreisen oder Büros scheint es oft nur eine einzige Frage zu geben: Welche Serie(n) guckst Du zurzeit? Einige stehen kurz vorm Burnout, wenn sie daran denken, was sie alles noch sehen müssen/wollen/könnten. Der Traum vom idealen Leben sähe dann so aus: eine von DVDs oder auch Büchern leergeräumte Wohnung, dafür Abos von allen Streamingdiensten (Online-Videotheken) und viel Freizeit, um auf dem Flachbildschirm die tollen Serien anzuschauen.

Serienjunkies gibt es in allen Altersgruppen und auch unter Promis: „Ich bin totaler Serienfan“, sagte im dpa-Interview etwa der „Deutschland 83“-Schauspieler Jonas Nay (25). Regisseur Volker Schlöndorff (76) nennt sich „süchtig“ nach US-Serien wie „Homeland“, „Breaking Bad“ oder „The Wire“. Auch „Tatortreiniger“ Bjarne Mädel (47) tappte nach eigenen Worten in die „Serienfalle“ und tendiert zum Komagucken.

Allein in den USA gibt es Hunderte Produktionen. Es geht um Formate wie „House of Cards“, „The Walking Dead“, „American Horror Story“, „Orange Is the New Black“, „The Affair“, „True Detective“, „Fargo“, „Narcos“, „Bloodline“, „Mr. Robot“, „Mozart in the Jungle“, „Transparent“ und und und.

Bald könnte es Amerikas boomende Kreativitätsindus­trie mit einer platzenden Serienblase zu tun bekommen. In Deutschland aber scheint das gesellschaftliche Phänomen nur bei Teilen der Bevölkerung anzukommen.

Vor allem bei Jüngeren gehört es mittlerweile zu den liebsten Freizeitbeschäftigungen, in die neuesten amerikanischen Serien mit ihren komplexen Charakteren und lässigen Storys abzutauchen. Doch für eine Mehrheit der Gesamtbevölkerung gehören Netflix, der Videodienst von Amazon oder auch Maxdome und Watchever weniger zum Leben.

Vielen scheint auszureichen, dass ausgesuchte Serien­erfolge mit einiger Verzögerung bei den großen deutschen Free-TV-Sendern laufen.

In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa wählten 38 Prozent die Option „Film-Streaming“, wenn sie unter gängigen Unterhaltungsmedien angeben sollten, worauf sie persönlich dauerhaft verzichten könnten. Als weniger entbehrlich wurden dagegen gedruckte Bücher genannt (von nur 13 Prozent der Befragten) sowie das klassische Fernsehen (14 Prozent), Musik-CDs (21 Prozent) oder DVDs (24 Prozent).

Beim Streaming zeigt sich, wie gespalten die Gesellschaft beim Medienkonsum ist: Ältere (ab 55) nutzen es oft gar nicht und können dementsprechend gut darauf verzichten – nämlich zu 50 Prozent. Am beliebtesten ist das Streamen demnach bei Menschen zwischen 25 und 34: nur 24 Prozent halten es in dieser Altersgruppe für verzichtbar. Bei den Menschen zwischen 18 und 24 finden es 27 Prozent verzichtbar.

Auf die Frage, welches Unterhaltungsmedium die Leute regelmäßig benutzen – also mindestens einmal pro Woche – antworteten lediglich 21 Prozent mit „Film-Streaming“. „Musik-Streaming“ (etwa per Spotify, Tidal, Napster, Deezer oder Apple Music) sagten 17 Prozent. Dagegen nannten 89 Prozent das klassische Fernsehen, 52 Prozent gedruckte Bücher, 43 Prozent Musik-CDs und 30 Prozent DVDs. Meinung