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Alki Alki und die älteste Männerfreundschaft der Welt

Was wäre ein gutes Essen ohne einen guten Tropfen. Problematisch wird es spätestens dann, wenn Teufel Alkohol das Kommando übernimmt. Doch wie wird man einen Kumpel los, der quasi zur Familie gehört?

Von Daniel Rademacher, dpa 09.11.2015, 09:25

Berlin (dpa) - Ein Schlückchen geht immer: Feierabend, leckeres Essen, Versöhnung mit dem Chef - eigentlich egal. Nach einem Grund muss man nicht lange suchen. Tobias Zach, gestandener Architekt und Vater von drei Kindern, hält es so und schert sich kein bisschen darum, ob Alkohol gerade eine gute Idee ist oder nicht.

Zur Feier des Tages, sagt er dann und kennt kein Halten mehr: hoch die Tassen! Sein Kumpel Flasche bechert immer kräftig mit.

Alki Alki heißt der neue Film des Berliner Jungregisseurs Axel Ranisch, der 2011 mit seinem Kino-Debüt Dicke Mädchen aufhorchen ließ und 2013 mit dem Pubertäts-Drama Ich fühl mich Disco nachlegte. Nicht nur zur Freude von Liebhabern seiner Filme, die stets melancholisch sind, schonungslos, aber immer wieder auch brüllend komisch, eben voller Leben - von Alkoholsucht bis Zu-viel-Wiegen.

Auch wenn es recht lange dauert, ehe es endlich einer ausspricht, weiß man es natürlich schon sehr schnell: Tobias, gespielt von Heiko Pinkowski, hat ein Alkoholproblem und zwar ein ziemlich großes. Es ist so massiv, dass sein bisheriges Leben aus den Fugen gerät. Sie sind sehr krank, bescheinigt ihm der Arzt in der Notaufnahme, wo der Mittvierziger nach der x-ten Eskapade in üblem Zustand erwacht.

Verkatert durch den Tag zu stolpern - das ist für Tobias eigentlich der Normalzustand. Vorausgegangen sind für ihn und Freund Flasche (Peter Trabner) wilde Partys mit halb so alten Menschen, Wodka und Sekt fließen in Strömen. Und meist endet das hochprozentige Vergnügen für beide sternhagelvoll auf dem harten Bürgersteig vor dem Club. Was Realität ist und was nicht, kann Tobias dann allenfalls vermuten. Und nicht nur er.

Mit Flasche ist es so eine Sache: Tobias und er sind gute Freunde, sehr gute sogar und das schon ein Leben lang. Gegen dieses verschworene Bündnis kann auch Tobias' zunehmend alarmierte Frau Anika - wie schon in Ich fühl mich Disco dargestellt von Christina Große - nicht wirklich viel ausrichten. Wie sollte sie auch. Mit Flasche kann sie gar nicht konkurrieren.

So kommt es, wie es in solchen Teufelskreis-Konstellationen wohl kommen muss: Tobias verliert mehr und mehr die Kontrolle über sein Leben. Aus Dummheiten werden Riesen-Dummheiten und neben Verletzten gibt es so manche Verletzung, die auch ein Arzt kaum heilen kann. Das Ende vom Lied: Entzug und Therapie an der See. Und Flasche? Wie es sich für einen Saufkumpan gehört, lässt er Tobias auch da nicht im Stich. Und das Drama nimmt munter weiter seinen Lauf.

Alki Alki mit seinem wenig subtilen Titel erzählt aber mehr als das Auf und Ab eines Alkoholikers und das Leben mit der Sucht, die im Film zur handelnden Figur wird. Es geht um falsche Freundschaften, Familie, unangenehme Wahrheiten. Es ist ein Film über die älteste Männerfreundschaft, aber auch über Süchte im Allgemeinen, mit denen wir alle zu tun haben, erzählt Hauptdarsteller Pinkowski.

Mit seinem neuen Film, für den er neben Iris Berben auch Oliver Korittke gewinnen konnte, bleibt sich der 32 Jahre alte Regisseur treu: Der Absolvent der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf zeigt das Leben, wie es nun einmal ist: derb, schonungslos, mitunter dreckig, aber immer mit einem Funken Optimismus und einer gehörigen Portion Fantasie.

Ich brauche Tragödie genauso wie Humor, weil ich immer das Gefühl habe, dass man nur mit den Leuten lachen kann, wenn man mit ihnen traurig war oder am Boden war und umgekehrt, so der Regisseur. Herausgekommen ist ein nachdenklicher Film, der nicht den Zeigefinger hebt, aber doch etwas zu sagen hat. Pinkowski bringt es so auf den Punkt: Man kann die Sucht nicht besiegen, man muss lernen, mit ihr zu leben.

Alki Alki, Deutschland 2015, 102 Min., FSK ab 12, von Axel Ranisch, mit Heiko Pinkowski, Peter Trabner, Christina Große, Iris Berben und Oliver Korittke

Alki Alki