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Forum Gestaltung zeigt Arbeiten von Paul Müller-Kaempff Besinnung auf die Natur

14.09.2010, 04:18

Die Künstlerkolonie Ahrenshoop folgte Ende des 19. Jahrhunderts dem Trend. Viele solcher "Arbeitsorte" entstanden damals in Deutschland. Mit der Arbeit unter freiem Himmel, der Besinnung auf die Natur und wohl auch ein wenig die Idylle ging man aufs Land. Paul Müller-Kaempff (1861-1941) gilt als der Gründungvater solch einer Kolonie an der Ostsee. Bis zum 1. Oktober zeigt das Forum Gestaltung in Magdeburg eine repräsentative Schau seiner Arbeiten.

Von Klaus-Peter Voigt

Magdeburg. Das Zustandekommen der Präsentation geht auf den Magdeburger Konrad Mahlfeld, einen Sammler und Kenner des Werks von Müller-Kaempff zurück. Der lernte die Ahrenshooper Künstlerkolonie bei zahlreichen Urlaubsreisen kennen.

"Es war kein Wunder, dass ich irgendwann auch die Arbeiten von dessen Begründer für mich entdeckte", sagt er. 1997 erwarb Mahlfeld das erste Landschaftsbild, der Grundstein für eine intensive Beschäftigung mit dem Leben und Werk Müller-Kaempffs war gelegt. Dazu gehört auch seit fünf Jahren eine akribische Forschung zu seinem Schaffen. Aus Museen, Bibliotheken und Archiven kommen die Informationen. Glückliche Zufälle führten zu Neuerwerbungen, die bis heute ein stattliches Ausmaß erreicht haben.

Die Magdeburger Ausstellung kann damit für sich den Anspruch erheben, manches noch nicht öffentlich Gezeigtes vorzustellen. Es ist eine Schau der Überraschungen. Dabei werden Arbeiten des Künstlers nicht zum ersten Mal in der Elbestadt ausgestellt. Bereits 1888 und 1907 gab es dort Expositionen.

Zu den reizvollen Stücken im Forum Gestaltung gehören einige Skizzenbücher, die erst vor kurzer Zeit entdeckt wurden. Mit ihrer Hilfe lassen sich nicht nur Ölgemälde zeitlich einordnen, sie geben zudem einen Einblick in die Arbeitsweise Müller-Kaempffs. In seinen ersten Schaffensjahren malt und zeichnet er sehr detailgetreu. Stets versucht er Details Raum zu geben, Menschen sind zu sehen, dann wieder eine Kiste oder Federvieh.

Später konzentriert sich der Künstler auf die pure Landschaft. Es entstehen zunehmend hellere, offenere Bilder. Manchmal scheint es so, als ob der Expressionismus die Hand führt. Trotz des langen Aufenthalts in Ahrenshoop spielt das Meer eher eine untergeordnete Rolle und taucht sehr selten auf einer der Arbeiten auf.

Und Müller-Kaempff betä- tigte sich vielseitig. Er betreibt seit 1894 eine Malschule. In der lernt er auch seine später Frau kennen, die mit einigen Bildern in der Ausstellung präsent ist. Dann widmet er sich dem Entwurf von Postkarten, von denen rund 60 Entwürfe bekannt sind.

Daneben entstehen Lichtdruckmappen, mit denen preiswert Kunst an den Mann gebracht werden soll, und Buchillustrationen. Versuche, Alltagsgegenstände wie Stühle zu entwerfen stoßen kaum auf Interesse. Einige Exemplare konnte Konrad Mahlfeld retten und restaurieren lassen. Sie runden die Ausstellung ab, in der auch das bislang älteste Gemälde Müller-Kaempffs aus dem Jahre 1880 zu sehen ist. Es entstand noch während der Schulzeit am Gymnasium.

Auf weitere Forschungsergebnisse des Magdeburger Sammlers darf man schon jetzt gespannt sein. Gegenwärtig erstellt er ein Werkverzeichnis, das 2014 fertig sein soll. Parallel dazu gilt sein Interesse 300 Briefen aus dem Nachlass, die mühsam entziffert werden.

Das Forum Gestaltung zeigt neben den Arbeiten von Paul Müller-Kaempff auch eine kleine Ausstellung von Martin Werthmann, der gegenwärtig Stipendiat in einer der Tessenow-Garagen der Landeshauptstadt ist. Dieses Nebeneinander von moderner Kunst und rund 100 Jahre alten Landschaftsbildern schafft einen Spannungsbogen.

Sehenswert sind auf jeden Fall die großformatigen Drucke des 1982 in Gießen geborenen Künstlers. Sie sind in ihrer expressiven Farbigkeit das Gegenstück – oder vielleicht auch Teil – einer Rauminstallation. Der fiktive Beobachter kann vom Schreibtisch aus durch Schläuche miteinander verbundene Gefäße beobachten, die ein pulsierendes Eigenleben entwickeln.

Das Forum Gestaltung in der Brandenburger Straße 10 hat von Montag bis Freitag jeweils von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Außerhalb dieser Zeiten können Besuchstermine unter der Telefonnummer (0391) 8 86 41 97 vereinbart werden.